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Letzter Kirtag: Ein Altaussee-Krimi

Letzter Kirtag: Ein Altaussee-Krimi

Titel: Letzter Kirtag: Ein Altaussee-Krimi
Autoren: Herbert Dutzler
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wir es sehen, hat sie in Notwehr gehandelt.“
    Die Christine schenkte allen noch einen Schnaps ein. Beim Versuch, das Schnapsglas vom Tisch zu nehmen, verspürte Gasperlmaier einen heftigen Schmerz in seinem lädierten Bein und fegte in einer ungelenken Bewegung sein Stamperl vom Tisch. Seufzend stand die Christine auf, sammelte die Scherben ein und gab Gasperlmaier ein neues, gefülltes Stamperl in die nicht verbundene, immer noch blutige Hand. Gasperlmaier schüttete seinen Schnaps sofort hinunter, einerseits, um den Schmerz zu betäuben, andererseits, um die Erschütterung zu dämpfen, die ihn erfasst hatte, als er hatte hören müssen, dass die Natalie den Doktor erstochen hatte. Was dem Mädchen bevorstand, selbst wenn ihr letztendlich Notwehr zugestanden werden würde, das wagte sich Gasperlmaier gar nicht auszumalen.
    „Ihr könnt euch vorstellen, wie geschockt die Natalie war, als sie gestern Vormittag erfahren hat, dass der Doktor Naglreiter tot ist. Sie hatte ja geglaubt, ihn nur verletzt zu haben. Leider hat die Natalie dann einen schweren Fehler gemacht“, fuhr die Christine fort. „Sie hat sich nämlich nicht ihren Eltern anvertraut, nicht einer Freundin und schon gar nicht der Polizei.“
    Die Christine machte eine Pause, weil es ihr schwerfiel, dachte Gasperlmaier bei sich, das zu sagen, was jetzt kommen musste. Gasperlmaier hatte es schon geahnt und kommen sehen.
    „Sie hat sich dem Stefan Naglreiter anvertraut. Bis zum Abend hat sie sich nicht aus dem Haus gewagt, dann den Stefan angerufen und sich mit ihm getroffen. Die Natalie behauptet, er habe sie verraten und enttäuscht. Erst habe er sie nach ihrem Geständnis beruhigt, von seinem Erbe geredet und dass sie ins Ferienhaus einziehen könne und er für sie sorgen werde. Und dass sie natürlich auch für ihn da sein müsse. Er helfe ihr schließlich, ihr Geheimnis zu bewahren. In die Öffentlichkeit wollte der Stefan nicht, weil schließlich seine Eltern erst verstorben waren, hat er behauptet. Stattdessen sind sie spazieren gegangen. Als sie dann schließlich im Dunkeln bei der Seewiese angekommen sind, ist der Natalie schön langsam gedämmert, dass er sie nicht mit nach Wien nehmen würde, sondern hier in Altaussee als Betthäschen halten wollte. Außerdem ist ihr, als er sie gedrängt hat, mit ihm zu schlafen, klar geworden, dass sie sich ihm durch ihr Geständnis völlig ausgeliefert hatte. Da hat er nämlich so eine Bemerkung gemacht, dass es ganz schlecht für sie sein könnte, nein zu sagen. Stimmt’s, Sabrina?“
    Die Sabrina nickte heftig, während auch ihr wieder die Tränen über die Wangen kullerten. Die Judith hatte die Hände vom Gesicht genommen und Gasperlmaier dachte, ihr Gesichtsausdruck wäre am besten mit „fassungslos“ zu beschreiben, als auch ihr klar werden musste, was auf der Seewiese geschehen war.
    „Er hat sie also erpresst, und sie hat nachgegeben und mit ihm geschlafen. Ich brauch dir nicht zu erklären, dass auch das eine Vergewaltigung darstellt!“, sprach sie Gasperlmaier direkt an. Der war nun ebenso wie die Judith fassungslos, reagierte kaum und wollte nur, dass die Christine endlich ans Ende kam, das sie alle schon kannten. „Die Natalie hat in ihrer Verzweiflung die Hand in den Boden gekrallt, dabei einen Stein erwischt und den auf den Kopf des Stefan geschlagen. Mehrmals.“
    Die Christine stand auf, setzte sich neben die Judith und legte deren Kopf an ihre Brust, wie man es tat, um ein kleines Kind zu trösten. Auch der Christine stiegen nun, wie Gasperlmaier bemerkte, die Tränen in die Augen. Die Sabrina hatte sowieso schon vor einiger Zeit zu schluchzen begonnen. So war es Gasperlmaier fast recht, als ihn ein neuerlicher heftiger Schmerz in seinem Bein von den drei weinenden Frauen ablenkte.
    Gasperlmaier war unschlüssig, was nun zu tun war. Auf der einen Seite schmerzte sein Knie so sehr, dass er nichts lieber getan hätte, als eine Schmerztablette zu schlucken und sich ins Bett zu legen. Auf der anderen Seite wollte er die Sache unbedingt noch heute zu einem Ende bringen und zu den Kitzers nach Hause fahren. Die Evi und die Natalie konnten in dieser Situation nicht allein bleiben, auch weil sie nicht wussten, wo der Ehemann und Vater geblieben war. Als die Christine kurz zu ihm aufschaute, sagte Gasperlmaier: „Du wickelst mir jetzt eine elastische Binde ums Knie und gibst mir eine Schmerztablette. Wir müssen zu den Kitzers. Es geht nicht anders. Die Sabrina und die Judith, ihr beide bleibt
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