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Letzter Kirtag: Ein Altaussee-Krimi

Letzter Kirtag: Ein Altaussee-Krimi

Titel: Letzter Kirtag: Ein Altaussee-Krimi
Autoren: Herbert Dutzler
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Widerstand, als ihm die Judith zur Haustür half. Statt darauf zu warten, dass Gasperlmaier seinen Haustürschlüssel ungeschickt aus der Hosentasche fingerte, drückte die Judith auf den Klingelknopf. Als die Christine die Haustür öffnete, blieb ihr der Mund kurz offen stehen, bevor demselben ein „Ja, um Gottes willen!“ entfuhr. Nach einer Schrecksekunde packte sie den Gasperlmaier unter der rechten Schulter, während die Judith ihm unter die linke griff. So verfrachteten sie ihn gemeinsam ins Wohnzimmer, wo sie ihn auf einem der bequemeren Stühle ablegten.
    Gasperlmaier hielt es für notwendig, die Situation zu erklären. „Es ist eh nichts passiert!“, versuchte er seine Frau zu beruhigen, was angesichts seines Erscheinungsbildes selbst in seinen eigenen Ohren denkbar unglaubwürdig klang. Seine Uniform war verdreckt, an mehreren Stellen zerrissen, Gasperlmaiers linke Hand war dick verbunden, sein Gesicht von Schürfwunden gezeichnet.
    „Erzähl!“, forderte ihn die Christine kurz angebunden auf. „Ja, ich geh dann!“, wollte sich die Judith noch rasch davonschleichen, doch diesmal war Gasperlmaier schneller. „Möchten Sie nicht dableiben? Ich meine, in Ihrem Haus, da herrscht das Chaos, und ganz allein mit der Frau Schwarz?“ Die Christine begriff und entschied: „Sie bleiben jetzt vorläufig einmal da. Und ich bring einen Schnaps. Und einen Tee.“
    Schon über dem ersten Schnaps hatte der Gasperlmaier, trotz seiner manchmal überbordenden Umständlichkeit, die Christine mehr oder weniger genau über die Ereignisse im Hause Naglreiter ins Bild gesetzt.
    „Der Georg hat also durchgedreht, weil die Natalie heult und unansprechbar ist. Die Schuld gibt er dem Doktor beziehungsweise dem Stefan Naglreiter. Frage ist, hat er gewusst, dass der Stefan tot ist, oder hat er ihn selbst umgebracht, ohne dass sein Rachedurst dadurch erloschen wäre? Wollte er noch zusätzlich den Besitz der Naglreiters zerstören?“ Die Judith und Gasperlmaier sahen die Christine erstaunt an. Dass der Georg der Täter in zumindest einem der Mordfälle gewesen sein könnte, darauf war Gasperlmaier bisher nicht gekommen. Doch die Christine theoretisierte schon weiter. „Jedenfalls ist er aus dem Verkehr gezogen, ebenso wie dein Chef und die Frau Doktor Kohlross. Du bist praktisch einsatzunfähig und ganz allein mit dem Fall, zumindest bis morgen früh.“
    Verständnislos schaute Gasperlmaier seine Frau an. Worauf wollte sie hinaus?
    „Da trifft es sich gut“, sagte die Christine, „dass ich dich einen großen Schritt weiterbringen werde, ohne dass du einen Fuß vor die Tür setzen musst.“ Die Christine schenkte dem Gasperlmaier und der Judith noch einen Schnaps ein. „Trinkt’s den!“, sagte sie, „den werdet ihr nämlich brauchen. Wir haben Besuch. Sitzt in der Küche.“ Gasperlmaier fragte sich langsam, ob die Christine den Fall am Ende gelöst hatte und ihnen nun den Mörder oder die Mörderin präsentieren würde. Er prostete der Judith zu und stürzte seinen Schnaps hinunter, um die Angelegenheit zu beschleunigen. Wohlige Wärme breitete sich in seinem ganzen Körper aus, und auch die Schmerzen schienen sich ein wenig von ihm zu entfernen. Die Christine ging in die Küche hinüber und kam mit ihrem Gast zurück.
    Gasperlmaier riss vor Erstaunen die Augen auf. Ein Mädchen mit blauschwarzen Haaren kam auf ihn zu. „Grüß Gott, Herr Inspektor!“, sagte sie, streckte ihm die Hand hin, zuckte aber unschlüssig zurück, als Gasperlmaier ihr seine blutverschmierte rechte hinhielt. Die Christine befreite sie aus der peinlichen Situation. „Das ist die Sabrina Höller“, sagte sie. „Setz dich einfach da aufs Sofa.“ Die Sabrina setzte sich folgsam, obwohl ihr ganzes Äußeres Folgsamkeit nicht gerade als ihre herausragendste Eigenschaft nahezulegen schien, wie Gasperlmaier bei sich dachte. Sie hatte ein Piercing in der Nase, zudem hatte sie mehrere Löcher in beiden Ohrläppchen, von denen allerlei Metallteilchen herabbaumelten. Auch die Unterlippe und die rechte Augenbraue waren durchbohrt und mit Metall geschmückt. Da die Sabrina nur ein schulterfreies Oberteil mit Spaghettiträgern trug, blieben dem Gasperlmaier auch die Tätowierungen eines Schlangenkopfs über ihrer rechten Brust und der Drache auf der linken Schulter nicht verborgen. Die Schlange, konnte Gasperlmaier beobachten, war nicht gänzlich zu sehen, sie verschwand im Ausschnitt der Sabrina, und Gasperlmaiers Fantasie reichte aus, sich halbwegs
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