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Letzter Gipfel: Ein Altaussee-Krimi (German Edition)

Letzter Gipfel: Ein Altaussee-Krimi (German Edition)

Titel: Letzter Gipfel: Ein Altaussee-Krimi (German Edition)
Autoren: Herbert Dutzler
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waren“, fuhr der Friedrich fort, „sicherlich nicht von einem Grasumhang oder von einer ziegenledernen Unterhose, so wie der Ötzi sie getragen hat, sondern das war ein modernes Material, Fleece, oder Gore-Tex, oder irgend so was. Da brauchst du dir jetzt keine Hoffnungen machen, dass du vielleicht eine Steinzeitleiche mitentdeckt hast.“ Gasperlmaier fühlte sich durchschaut. Er blickte nach draußen. Es schien, als ob der Regen aufgehört hatte und der Nebel sich zu lichten begann. Jedenfalls war es eindeutig heller geworden während der Zeit, die sie gebraucht hatten, um die Pfanne mit den Schwarzbeernocken zu leeren und sauber auszuwischen.
    Die Jetti schaute herein und trat zum Tisch, als sie sah, dass abserviert werden konnte. „Bringst mir noch einen Häferlkaffee?“, fragte Gasperlmaier freundlich. Die Jetti aber zog ein finsteres Gesicht. „Ihr kommt’s uns heute aber teuer!“, war ihre Antwort, bevor sie mit dem leeren Geschirr wieder verschwand. Gasperlmaier fragte sich, ob die Antwort der Jetti als Zustimmung oder Ablehnung seiner Bestellung zu deuten war und ob er seinen Kaffee nun bekommen würde, als draußen das Brummen eines Dieselmotors zu hören war. Der Friedrich erhob sich geräuschvoll und entließ einen deutlich hörbaren Darmwind, was Gasperlmaier aber höflich ignorierte. Stattdessen machte er, dass er zur Tür kam, um die Folgen des Versehens des Friedrich nicht erleiden zu müssen. „Da ist wer gekommen!“, beeilte er sich als Begründung für sein rasches Streben zur Tür vorzubringen.
    Als Gasperlmaier aus der Tür trat, empfingen ihn die ersten milchigen Sonnenstrahlen, die durch die tief hängende Wolkendecke blinzelten. Der Doktor Walter, der Gemeindearzt, stieg gerade aus seinem Auto. „Grüß Sie!“, rief der Friedrich hinter Gasperlmaier hervor. „Sie sehen es eh!“, fügte er hinzu. „Eine Leich hätten wir da.“ Er streckte seine Pranke aus und wies auf die an der Hüttenwand abgestellte Trage, in der die Knochen immer noch in eine blitzblaue Plane eingewickelt lagen. Zusammen mit dem Doktor traten sie erneut zur Trage hin. Den Anblick nun schon gewohnt, wappnete sich Gasperlmaier dennoch innerlich, als der Doktor die Plane an einer Ecke fasste und weiter zurückschlug, als die Bergrettungsleute das vorhin getan hatten. Gasperlmaier wurde nun doch wieder ein wenig mulmig.
    Der Doktor seufzte. „Herrschaftszeiten noch einmal!“, entfuhr es ihm. „Ich bin ja kein Gerichtsmediziner“, fügte er hinzu, das aber wusste Gasperlmaier schon, denn das hatte er auch bei der letzten Leiche betont, die Gasperlmaier damals ganz allein ohne Zuhilfenahme der Bergrettung entdeckt hatte. Sie war allerdings auch nicht im unwegsamen Gelände hoch über der Baumgrenze am Fuß einer Felswand gelegen. Und vollständig, und sogar bekleidet war sie gewesen.
    Der Doktor hockte sich hin und starrte versonnen die Knochen an. „Erstens kann ich euch sagen, dass die hier abgestürzt ist. Mehrere Knochen sind gebrochen, schaut her, da ist ein abgebrochener Radius!“ Der Doktor klaubte einen Knochen aus dem Haufen heraus und fuhr prüfend über die Bruchstelle. „Also ich würde sagen, das ist ein Bruch, kein Tierfraß oder so.“ Gasperlmaier fragte sich, wo denn hier heroben Tiere hätten herkommen sollen, die einer Leiche den Arm brachen. „Und der Schädel!“ Der Doktor wies auf eine Stelle am Hinterkopf, die Gasperlmaier bisher noch nicht hatte sehen können. „Bruch des Schädeldachs. Also eindeutig ein Absturzopfer. Mehr kann man derzeit sicher nicht sagen.“
    Aber der Doktor Walter, das wusste Gasperlmaier, neigte ein wenig zum Angeben und zum Schulmeistern seiner Patienten. „Und es ist eine Frauenleiche. Am Becken eindeutig erkennbar. Schaut, da!“ Der Doktor zog ein dunkelbraunes, flacheres Knochenstück aus dem Haufen hervor. Gasperlmaier fand es nicht nötig, genau hinzusehen. Wenn der Herr Doktor meinte, das sei eine Frauenleiche, dann glaubte er ihm das auch ohne Hinschauen.
    „Und wie lange, glaubst du, ist die schon tot?“, fragte der Friedrich. Der Doktor Walter seufzte, kratzte sich zunächst am Kopf und legte dann Zeigefinger und Daumen um sein Kinn. Als Gasperlmaier schon glaubte, er habe die Frage des Friedrich vergessen, fing er doch noch zu reden an. „Schwierig zu sagen. Das hängt vom Fundort, von der Temperatur, der Bedeckung und zahlreichen weiteren Faktoren ab.“ Gasperlmaier verwünschte ihn. Es hätte ja genügt, wenn er zwei Zahlen genannt hätte
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