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Letzter Gipfel: Ein Altaussee-Krimi (German Edition)

Letzter Gipfel: Ein Altaussee-Krimi (German Edition)

Titel: Letzter Gipfel: Ein Altaussee-Krimi (German Edition)
Autoren: Herbert Dutzler
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ihrer Schlapfen verlor, der auf der feuchten Wiese zurückblieb.
    Gasperlmaier schwankte – einerseits hätte er, so wenig Interesse er an der Jetti hatte, ihr gern den Schlapfen nachgetragen, andererseits war er sich der Tatsache bewusst, dass er als Exekutivorgan die Aufgabe hatte, die Sachlage zu prüfen und zu würdigen, und nicht Kellnerinnenschlapfen durch die Gegend zu tragen. So entschied er sich für einen Kompromiss: Den Schlapfen in der linken Hand haltend, näherte er sich vorsichtig der Trage, immer bedacht darauf, hinter dem Rücken eines der Anwesenden Deckung zu finden, um das Unvermeidliche hinauszuzögern. Die Kommentare der anderen machten es ihm nicht leichter. „Grauslich!“, schüttelte der Kilian seinen Kopf. „So was kriegen wir hier Gott sei Dank selten zu sehen.“ „Ich sag’s ja!“, wiederholte der Flugretter, der mittlerweile seinen Helm abgenommen hatte, unter dem ein verschwitzter Haarschopf zum Vorschein gekommen war. „Kein schöner Anblick!“
    Nun gab es für den Gasperlmaier kein Ausweichen mehr, er versuchte jedoch, seinen Blick mehr oberhalb der Trage vorbeiziehen zu lassen, gewahrte aber dennoch eine blutige Masse, in der er Einzelheiten weder erkennen konnte noch wollte, und wandte sich ab. Ein paar Schritte zum Abhang hin, einige tiefe Atemzüge und der Ausblick auf den nunmehr frei und in der Sonne daliegenden Altausseer See entspannten ihn ein wenig. Diesmal gelang es ihm, seinen Mageninhalt bei sich zu behalten. Gasperlmaier ließ den Schlapfen der Jetti wieder fallen. Sollte sie sich doch selber darum kümmern.
    Wenig später hörte man unterhalb der Hütte einen Motor in hoher Drehzahl heulen, und kurz darauf tauchte das Auto des Doktor Walter auf und parkte genau dort, von wo es vor weniger als zwei Stunden abgefahren war.
    Grinsend stieg der Doktor aus. Der freut sich doch bloß, dachte Gasperlmaier bei sich, dass er heute gleich zweimal am Tag auf Kosten der Krankenkassa wie ein Rallyefahrer durch die Kehren herauf und wieder hinunterbrettern kann. Ohne lange zu zögern, ging der Doktor auf die Trage zu, auf der die Abgestürzte lag. Zwei der Bergretter hatten sich entfernt, um ihr Zeug zusammenzupacken und ins Auto einzuladen, nur der Flugretter und der Kastenhuber Kurt standen noch dort und rauchten. „Ich rauch nicht oft!“, meinte der Flugretter, „aber nach so einem Anblick …“
    Ohne darauf einzugehen, beugte sich der Doktor Walter über die Leiche, während Gasperlmaier sich abwandte und gebührenden Abstand hielt. Längere Zeit machte sich der Doktor an der Leiche zu schaffen, ging sogar auf die Knie und nahm eine Lupe zur Hand. Gasperlmaier erstarrte, als sich der Doktor, seine weißen Handschuhe voller Blut, wieder aufrichtete: „Meine Herren!“, sagte er und machte dann, wie Gasperlmaier fand, eine bedeutungsschwangere Pause. „Eines kann ich Ihnen auf jeden Fall sagen: Die Frau ist vor ihrem Absturz ziemlich heftig gewürgt worden. Möglicherweise bis zur Bewusstlosigkeit.“ Der Friedrich atmete schwer und schüttelte ungläubig den Kopf.
    Jetzt, so dachte Gasperlmaier bei sich, haben wir tatsächlich wieder einen Mordfall hier in Altaussee. Wahrscheinlich, zumindest. Es konnte gar nicht anders sein, als dass da einer die Frau gewürgt und danach oder sogar währenddessen vom Gipfelplateau über die Wand hinuntergestoßen hatte. Was Gasperlmaier sich nicht erklären konnte, war, warum er daraufhin – und es konnte ja gar niemand anderer gewesen sein – in der Loserhütte angerufen und behauptet hatte, seine Frau sei abgestürzt.
    Der Friedrich trat an seine Seite. „Gasperlmaier“, sagte er, „jetzt müssen wir wen anrufen. Ob wir jetzt einen Unfall oder zwei haben oder ob da mehr dahintersteckt, da muss auf jeden Fall wer her, der ermittelt.“ Gasperlmaier stimmte nickend zu und dachte dabei an die Frau Doktor Kohlross vom Bezirkspolizeikommando in Liezen, die vor nicht allzu langer Zeit Bluttaten in Altaussee aufgeklärt hatte. Gasperlmaier hatte sie – als ortskundiger Führer und Berater – dabei begleitet und schätzen gelernt. Dachte er an die Frau Doktor, empfand er etwas, was, wie er meinte, seinen Gefühlen näher ging. Nicht, dass Gasperlmaier sich in die von der Statur her kleine, von der Persönlichkeit her aber fast dominierende Kommissarin verliebt hätte, ganz und gar nicht, lieben tat er seine Christine, immer noch und immer wieder, aber dennoch ließ ihn die Frau Doktor nicht unberührt. Allerdings, so dachte
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