Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Letzter Gipfel: Ein Altaussee-Krimi (German Edition)

Letzter Gipfel: Ein Altaussee-Krimi (German Edition)

Titel: Letzter Gipfel: Ein Altaussee-Krimi (German Edition)
Autoren: Herbert Dutzler
Vom Netzwerk:
das weiß ich nicht. „Dann“, so meinte der Friedrich, „schauen wir uns das halt einmal an.“
    Die Jetti zeigte ihnen, wo das Telefon stand, und Gasperlmaier sah gleich, dass es ein Apparat war, der die Rufnummer des Anrufers nicht anzeigte. Bei ihm daheim stand nämlich auch noch so ein Gerät herum, das sie schon seit fast zwanzig Jahren hatten. Wenn es läutete, wusste Gasperlmaier, dass nur seine Mutter dran sein konnte. Niemand sonst verwendete noch die Festnetznummer, außer vielleicht gelegentlich irgendwelche Werbefirmen, die die Nummer aus dem Telefonbuch hatten und Gasperlmaier, meist in norddeutschem Tonfall, irgendwas aufschwatzen wollten, von dem er sich sicher war, dass er es in diesem Leben nicht mehr gebrauchen würde können. „Das speichert keine Rufnummern“, beeilte er sich, seinen Informationsvorsprung an den Friedrich weiterzugeben. „Und was habt ihr dann gemacht?“, fragte der Friedrich die Jetti. „Ja, zuerst natürlich die Bergrettung angerufen. Die haben noch nichts gewusst von einem Absturz.“ Die Jetti, fand Gasperlmaier, reagierte so scharf, als hätte ihr der Friedrich einen Ladendiebstahl untergeschoben. „Und dann habt’s ihr gleich uns angerufen?“ Auch der Friedrich klang jetzt ein wenig vorwurfsvoll. „Zuerst haben wir noch ein bisschen gewartet und auch hinausgeschaut. Erst, als es uns komisch vorgekommen ist, dass keiner kommt, haben wir euch angerufen.“ Der Friedrich seufzte. Wenn sie halt mit dem Anrufen bis nach der Jause gewartet hätte, dachte Gasperlmaier bei sich, würde er jetzt nicht mit den Kasspatzen sündigen.
    Der Friedrich kraulte sich das Kinn. Gerade, als er zu reden anfangen wollte, kam der Kilian mit einem Tablett aus der Küche. „Eure Kasspatzen!“ Der Kahlß Friedrich folgte ihm in die Gaststube, ohne lang zu zögern, und setzte sich wieder an den Tisch. Mit Erstaunen stellte Gasperlmaier fest, dass der Kilian zwei gleich große Riesenportionen hergerichtet hatte. Bevor er dazu kam, zu reklamieren, rief der Friedrich dem Kilian noch nach, er solle ihm ein paar Schnitten Brot zu den Kasspatzen dazu bringen und ihm selbst und dem Gasperlmaier noch ein Bier. „Trink’s aus!“, ermunterte der Friedrich Gasperlmaier, der ein wenig verzweifelt den Riesenberg Kasspatzen und sein beinahe noch halbvolles Bierglas musterte. „Schau, Gasperlmaier“, versuchte ihn der Friedrich zu beruhigen, „bevor die von der Bergrettung nicht wieder da sind, können wir sowieso nichts tun. Wieder hinunterfahren zahlt sich auch nicht aus. Und draußen bläst ein kalter Wind, und es regnet.“ Gasperlmaier setzte sich und nahm den Kampf mit den wirklich vorzüglichen Kasspatzen auf. Hier heroben kam wenigstens noch einheimischer, auf der Alm selbst erzeugter Käse auf die Spatzen. Das war wenigstens was.
    Seine Frau, die Christine, würde nicht begeistert sein, wenn er heute Abend gestehen würde müssen, was er sich zur Jause geleistet hatte. Die achtete nämlich auf ausgewogene Ernährung, war Gott sei Dank zugleich aber eine vorzügliche Köchin. Gelegentlich allerdings konnte es schon vorkommen, dass sie Gasperlmaier eine Portion auftischte, die so bescheiden war, dass er auch den allerletzten Brösel oder Soßenrest noch vom Teller kratzen musste. „In zehn Minuten wirst du merken, dass du eh satt bist!“, sagte die Christine dann immer, statt ihm einen Nachschlag anzubieten. Gasperlmaier musste eingestehen, dass sie im Recht war, wenn er seinen doch noch einigermaßen kompakten Körper mit dem des Kahlß Friedrich verglich, dem jedwede Kontrolle über seine Leibesfülle zu entgleiten drohte. Sonst völlig phlegmatisch, hatte der Friedrich sich letzten Monat doch darüber aufregen müssen, dass er – „So kurz vor der Pension!“ – noch um eine neue Uniform hatte anfragen müssen, weil der Hosenbund nicht mehr zugegangen war, von der Jacke ganz zu schweigen. Zwei Jahre, hatte der Friedrich gemeint, bis zu seiner Pensionierung, müsse er jetzt in diese Uniform passen. Sein Essverhalten, so dachte Gasperlmaier bei sich, ließ allerdings eher darauf schließen, dass er mit dieser Uniform nicht für zwei Jahre das Auslangen finden würde.
    Schweigend, da auch der Kahlß Friedrich beschäftigt war, schaufelte Gasperlmaier seine Kasspatzen in sich hinein, spülte gelegentlich mit einem Schluck Bier nach und starrte zwischendurch in das Grau hinaus, das ihnen das Wetter heute auf dem Loser bescherte. Gasperlmaier hatte seine Aufgabe noch bei weitem nicht
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher