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Letzte Haut - Roman

Letzte Haut - Roman

Titel: Letzte Haut - Roman
Autoren: Matthes und Seitz Verlag GmbH
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eine heftige Sehnsucht ausgeloest, Oesterreich moege sich an das Deutsche Reich binden und alle Menschen deutscher Rasse moegen sich vereinigen.
    Kaltenbrunner traeumte schon von Kindesbeinen an von einem Grossdeutschen Reich. Visionaer. Und Visionaere, die es an die Hebel der Macht schaffen, sind gemeingefaehrlich und oft undurchschaubar.
    An Kaltenbrunner kann deutlich gesehen werden, Judenhass ist eine Erfindung aus Oesterreich, die nach Deutschland geschwappt ist. Meine Meinung. Alle kleinen Nationen muessen sich scheinbar mit Hass auf andere Erleichterung verschaffen. Meine Meinung.
    Britische Spione haben das deutsche Gedankengut doch so nur vergiftet, um spaeter einen Kriegsgrund zu haben. Nur wer weiss, dass er immer und staendig von Feinden belauert ist, der weiss ueberhaupt etwas vom Leben.
    Vorsicht daher geboten vor zu vielen Oesterreichern und anderen Kleingeistern in der Machtzentrale! Reichshauptstadt vor schleichender Invasion schuetzen! Ueberhaupt sollten in Berlin nur Preussen sein! Meine Meinung.
    Kaltenbrunners Vater war achtzehnhundertdreiundneunzig bis achtundneunzig aktives Mitglied der studentischen Burschenschaft ‚Arminia‘, die schon damals Juden die Mitgliedschaft verweigerte und offen die Politik des Hitlervordenkers von Schoenerer unterstuetzte. In dieser Vereinigung kam es auf Haerte gegen sich selbst an. Arroganz gegen in ihren Augen unwuerdige Menschen galt als Tugend. Der Vater, fuer damalige Verhaeltnisse wohlhabend, beschraenkte den Umgang mit Juden auf die Arbeit als Rechtsanwalt und war erbost, als Ernst Kaltenbrunner am Schulgottesdienst als Messdiener teilnahm. Denn den Deutschnationalen, die den Anschluss verfochten, war auch der Katholizismus ein Dom im Auge. Alles, was der Religion „Deutschtum“ schaden konnte, war in ihren Augen falsch. Vater Kaltenbrunner brauchte nicht lange Sorge zu haben, denn schon im Realgymnasium war Ernst Mitglied der antiklerikalen Schuelerverbindung „Hohenstaufen“. Er machte sich dort schnell einen Namen, weil er viel mehr als nur Mitlaeufer war. Sein Vater war stolz auf ihn, was sich noch steigerte, als Sohn Ernst in Graz Jura studierte und in die gleiche Verbindung wie er selbst eintrat und in ihr erst oertlicher und spaeter ueberoertlicher Studentenschaftsvertreter wurde. Als solcher organisierte er schon damals Demonstrationen und Boykotts gegen juedische Studenten und Professoren, aber auch Aktionen gegen die katholische Verbindung „Carolina“.
    Ernst Kaltenbrunner verweist zu jeder Gelegenheit stolz darauf, schon fruehzeitig nichtdeutsche Interessen nicht nur angeprangert sondern nachhaltig bekaempft zu haben. Parteieintritt neunzehnhundertdreissig. Eintritt in die SS einunddreissig. Der Partei blieb er auch in der Verbotszeit treu, wurde danach Staatssekretaer fuer das Sicherheitswesen, weil er wie kein anderer geeignet schien, die politischen Stroemungen richtig zu deuten und diese Deutungen sogleich in den Dienst der Partei zu stellen.
    Immer verstand er es, eigene Karrierewuensche mit dem offiziellen Parteikurs zu koordinieren. Hoeherer SS- und Polizeifuehrer in Wien war er von achtunddreissig bis dreiundvierzig, und am dreissigsten Januar dreiundvierzig wurde er Nachfolger von Heydrich, was ihn zu einem der einflussreichsten Maenner des Deutschen Reiches machte.
    Kaltenbrunner ist fuer alle Sicherheitsfragen verantwortlich: Geheimpolizei, Kriminalpolizei, Spionage, Spionageabwehr. Sicherheitsfragen der KL. Seine Unterschrift entscheidet ueber mehr Leben als der gesamte Russlandfeldzug.
    Daher: Selbst ein Pohl kann sich nicht sicher vor Kaltenbrunner fuehlen und ist es auch nicht. Kaltenbrunner gilt als vorzueglicher Nachrichtendienstler, der freigiebig jene Maenner, von denen er sich etwas verspricht, mit Nachrichten aus erster Hand versorgt. Clever! Die Anderen kommen zu spaet, und wer spaet kommt, der muss die Zeche zahlen. Somit bestimmt Kaltenbrunner immer den Kurs mit.
    Als er in Berlin ankam, verschaffte er sich aus dem Stand einen direkten Weg zu Hitler ueber Bormann, Schellenberg, Hewel, spaeter sogar ueber Himmlers eigenen Verbindungsmann Fegelein.
    Wird haeufig und immer wieder direkt zu Hitler befohlen. Daher hat selbst Himmler vor Kaltenbrunner Schiss bis zum Stehkragen: Himmler in staendiger Sorge, Ernst Kaltenbrunner koenne ihm etwas vorenthalten.
    Auch Himmler muss heute Angst vor diesem geuebten Intriganten haben, aber Pohl mit diesem Schmelz wirklich abzuschiessen, ist das nicht trotzdem eine Nummer zu
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