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Letale Dosis

Letale Dosis

Titel: Letale Dosis
Autoren: Andreas Franz
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zu. Sie war eine kleine, zierliche Frau, die ein schlichtes, aberelegantes Sommerkleid trug; keine Schönheit, doch eine auffallende Erscheinung mit markanten Gesichtszügen, brünettem, bis auf die Schulter fallendem, leicht gewelltem Haar, grünen Augen und vollen, sinnlichen Lippen. Das einzige, was die Ebenmäßigkeit ihres Gesichts störte, waren die Falten um die Nase und die leicht heruntergezogenen Mundwinkel, die ihr ein etwas bitteres Aussehen verliehen und ihr Alter nur schwer schätzen ließen.
    »Bitte, nehmen Sie doch Platz«, sagte sie mit leiser Stimme und deutete auf zwei Sessel. »Möchten Sie mit mir allein sprechen oder sollen meine Söhne dabei sein?«
    »Vielleicht wäre es ganz gut, wenn wir uns zunächst allein unterhalten würden.«
    »Aaron, Joseph, geht bitte solange auf eure Zimmer …«
    »Wir haben später vielleicht auch noch ein paar Fragen an euch«, sagte die Kommissarin. Aaron und Joseph verließen wortlos den Raum und schlossen die Tür hinter sich. Julia Durant und Frank Hellmer setzten sich Frau Rosenzweig gegenüber. Bevor sie eine Frage stellen konnte, sagte Frau Rosenzweig: »Warum haben Sie von mir und meinen Söhnen Fingerabdrücke genommen?«
    »Nun, die Spurensicherung hat Fingerabdrücke von mindestens zwei Personen auf der Flasche gefunden. Reine Routine.«
    »Das heißt dann doch aber auch, daß Sie unter Umständen meine Söhne oder mich verdächtigen, mit dem Tod meines Mannes etwas zu tun zu haben. Oder irre ich mich da?«
    »Frau Rosenzweig, der Tod Ihres Mannes ist sehr mysteriös. Und unsere Aufgabe ist es, herauszufinden, wer alles die Flasche angefaßt hat, außer Ihrem Mann natürlich. Haben Sie die Flasche heute berührt?«
    »Nein, nicht daß ich wüßte. Ich habe mit seinem Insulin nichts zu tun. Warum also sollte ich es anfassen?«
    »Gut, mehr wollten wir im Augenblick dazu auch nicht wissen. Die Auswertung der Fingerabdrücke wird bis morgen erledigt sein. Doch jetzt zu etwas anderem. Frau Rosenzweig«, sagte dieKommissarin, »erzählen Sie mir doch bitte, wie sich der heutige Abend bei Ihnen abgespielt hat.«
    Marianne Rosenzweig, die einen sehr gefaßten Eindruck machte, legte den Kopf ein wenig zur Seite, sah die Beamten an. Sie zuckte die Schultern, überlegte einen Moment, bevor sie antwortete: »Nun, mein Mann kam wie jeden Montag gegen neunzehn Uhr von der Arbeit, dann haben wir zu Abend gegessen und anschließend im Familienkreis eine Bibelstunde abgehalten. Ich weiß nicht genau, aber es war etwa halb neun, als das Telefon klingelte. Mein Mann ging ran und hat den Anruf in sein Arbeitszimmer umgestellt. Dann ging er nach oben und hat sich nach dem Telefonat wohl das Insulin gespritzt.«
    »Wer hat angerufen?« fragte Hellmer neugierig.
    »Keine Ahnung, mein Mann hat nichts gesagt. Aber hier rufen sehr oft Leute an, die meinen Mann sprechen wollen, und wenn ich jedesmal fragen würde, wer dran ist … Na ja, mein Mann war sehr beschäftigt, nicht nur beruflich, sondern auch in der Kirche. Sein Leben bestand im Prinzip nur aus Arbeit.«
    »Was hat Ihr Mann beruflich gemacht?«
    »Er ist – er war Unternehmensberater. Aber fragen Sie mich um Himmels willen nicht, was er da genau getan hat, ich habe mich ehrlich gesagt aus seinen beruflichen Angelegenheiten rausgehalten, ich hätte es sowieso nicht verstanden.«
    »Hatte er sein eigenes Unternehmen?«
    »Er hatte einen Kompagnon, mit dem zusammen er das Geschäft leitete. Und dann natürlich noch dreißig oder vierzig Angestellte. Aber wie gesagt, was seine Geschäfte anging, da kannte ich mich nicht aus.«
    »Gut, Sie haben aber auch etwas von kirchlicher Arbeit erwähnt. Können Sie mir mehr darüber sagen?«
    Marianne Rosenzweig lächelte auf einmal. »Wir gehören der
Kirche des Elohim
an, wenn Ihnen das etwas sagt. Es ist eine Kirche, in der jeder gefordert ist, einen Teil seines Lebens ehrenamtlichGott zu weihen. Was nichts anderes heißt, als daß jeder eine bestimmte Berufung ausübt.«
    »Ich habe von dieser Kirche gehört«, sagte Julia Durant. »Welche Funktion hatte Ihr Mann dort inne?«
    »Er war einer der Berater des Regionshirten.«
    »Regionshirte? Können Sie mir das etwas näher erläutern?«
    »Der Regionshirte ist die oberste Autorität in der Region Kassel-Frankfurt-Mannheim. Das heißt, alle Gemeinden von Kassel über Frankfurt bis hinunter nach Mannheim gehören zu seinem Bereich. In Zahlen ausgedrückt, etwa zehntausend Mitglieder.«
    »In Ordnung, belassen wir’s dabei. Was
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