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Lesereise Kanarische Inseln

Lesereise Kanarische Inseln

Titel: Lesereise Kanarische Inseln
Autoren: Claudia Diemar
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noch immer am Glühen. Der Vulkan Chinyero brach zuletzt vor gut hundert Jahren aus. »1909 war das«, erzählt Bergführerin Dominique Bodin später beim Treffen im parador , der staatlichen Herberge, die hier stehen darf, weil sie schon vor der Deklaration des Nationalparks existierte und als heimeliges Berghotel ohnehin das Auge nicht beleidigt. Am Teide selbst, so warnt Dominique, herrscht »Alarmstufe Orange«, was heißt, dass der Beinahe-Viertausender bald wieder ausbrechen könnte.
    Im Augenblick aber bricht kalt der Abend herein. Schnell zurück zur Straße also, die dem Rückgrat der Insel folgt und mitten durch den Park führt, der keinen Eintritt kostet. An manchen Tagen fahren die Leihwagen hier ab dem späten Vormittag in einer einzigen Kolonne. Doch wegen des schlechten Wetters, das den ganzen Tag tobte, ist kaum jemand unterwegs. Wir haben die Hochebene fast für uns allein. Ein Glücksfall, denn dies ist der meistbesuchte Nationalpark Spaniens. Drei Millionen Besucher zählt er jährlich. Mit seinen fast neunzehntausend Hektar umfasst er das gigantische Plateau der Cañadas, aus dem sich jäh der höchste Berg Spaniens drückt. Dreitausendsiebenhundertachtzehn Meter ragt der Teide auf, dominiert die Szenerie, ist von weiten Teilen der Insel, oft sogar von den benachbarten
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Eilanden aus sichtbar: Ein majestätischer Riese, der gegen eine Gebühr von fünfundzwanzig Euro selbst halbnackten Badeurlaubern in Flip-Flops und Shorts erlaubt, sich per Seilbahn bis auf dreitausendfünfhundertfünfundfünfzig Meter Höhe aufzuschwingen und bibbernd vor Kälte den Panoramablick kurz zu fassen. Doch höher hinauf als zur Bergstation La Rambleta dürfen die Strandlatschen-Bergstürmer nicht. Wie ein Zerberus wacht ein Nationalpark-Ranger als Gipfel-Türsteher über den Zugang zur letzten Etappe.
    Vor dem Zubettgehen gehen wir noch einmal kurz hinaus. Die Sterne funkeln grell in der reinen Bergluft. Kein Lufthauch geht. Das ist die Ruhe vor dem Sturm, sagt der Rezeptionist, der vor der Tür steht, um eine Zigarette zu rauchen.
    Gegen Morgen holt uns das Geheul des Windes aus dem Schlaf. Die Böen werfen Stühle auf der Terrasse um, reißen unvorsichtig aussteigenden Fahrern die Autotüren fast aus der Angel. Der Schweizer Ingenieur, der die Bergbahn von Zeit zu Zeit überprüft, holt sich mit Mühe ein Buch aus seinem Wagen. »Hundertfünfzig Stundenkilometer sind oben an der Bergstation soeben gemessen worden«, berichtet er. Die Seilbahn wird den ganzen Tag nicht fahren. Der Teide zerrt sich Wolken zur Tarnung über den Gipfel und zerreißt sie Sekunden später in tobsüchtiger Wut. Kaum ein Urlauberauto ist im Nationalpark unterwegs. Das Hochland wirkt so unwirtlich wie der Mond. Wir geben auf und fahren zur Küste, wo der Regen tropisch warm vom Himmel strömt.
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Als wir die Insel verlassen, ist der Himmel blitzblau. Ein Traumtag, um den Teide zu besteigen. Aber selbst wenn wir den Flug Hals über Kopf umbuchten, bekämen wir so schnell keine Gipfelgenehmigung mehr. Vom Parkplatz des Flughafens aus schauen wir noch einmal nach Norden. Wie gemeißelt steht der Berg über der Insel und grüßt zum Abschied mit kecker frischer Schneehaube, als wollte er sagen: Es ist zu spät, du kommst hier nicht rauf!
    P. S. Zuletzt konnte man die Erlaubnis der Teide-Besteigung auch im Internet beantragen unter www.reservasparquesnacionales.es . Zudem durfte man vor neun Uhr morgens auch ohne eine Bewilligung auf den Gipfel, sofern man zuvor in der Berghütte Refugio de Altavista übernachtet hatte und eine abgestempelte Bestätigung der Herberge mit sich führte. Die Übernachtung in der Hütte (insgesamt sechzig Schlafplätze) musste vorab telefonisch reserviert werden. Weitere Informationen zum Bergerlebnis finden sich (auch auf Deutsch) unter www.telefericoteide.com .

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Der Außenposten der Glückseligen
El Hierro, die westlichste der Kanarischen Inseln
    Die Propellermaschine aus Teneriffa hat weniger als zwei Dutzend Sitzplätze, und der Flug zur Nachbarinsel El Hierro dauert kaum mehr als eine halbe Stunde. »Lufthafen der Krebse« nennt sich wörtlich übersetzt der winzige Airport der südwestlichsten der Kanarischen Inseln. Viel los ist auf dem Flughafen nicht. El Hierro ist ein rauer Flecken mit wenig fruchtbarer Erde und kaum Wasser. Die Kiefern und Zedern im Hochland »melken« sich die Feuchtigkeit mit ihren Nadeln aus den Passatwolken. Der heilige Baum »Arbol Santo« soll die Wolken so reichlich
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