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Lesereise Kanarische Inseln

Lesereise Kanarische Inseln

Titel: Lesereise Kanarische Inseln
Autoren: Claudia Diemar
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ausgekämmt haben, dass sich zu seinen Füßen ein Teich bildete, der die Menschen Jahrhunderte lang mit frischem Nass versorgte. Das gewaltige Lorbeergewächs bei San Andrés wurde 1610 Opfer eines Wirbelsturms. Doch die herreños , wie sich die Inselbewohner nennen, pflanzten einen neuen Wunderbaum, der bis heute die Besucher anzieht.
    Isla Olvidada, die vergessene Insel, lautet einer der Beinamen El Hierros. Manchmal, wie an der Punta de la Bonanza, glaubt man, eher an einem norwegischen Fjord als auf einer Insel vor Westafrika zu sein. In tiefem Grünblau schimmert das Wasser in der Bucht, aus der sich ein bizarr geformtes Felsentor drückt.
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Der in südlicher Richtung verlaufende Küstenstreifen nennt sich euphemistisch Las Playas, obwohl der Strand nur aus schweren Basaltbrocken besteht. Die Felswand dahinter rückt immer näher. Wo die Straße endet, erhebt sich der staatliche Parador Nacional de Turismo wie ein Beweis, dass man auch am Ende der Welt auf eine gediegene Herberge hoffen darf. Es ist nicht schwer, dort ein Zimmer zu bekommen, denn El Hierro ist alles andere als überlaufen. Die rund zweihundertsiebzig Quadratkilometer große Insel ist für den Massentourismus schlicht ungeeignet.
    Lange Sandstrände? Fehlanzeige! Fast überall findet sich eine felsenschroffe Küste mit steinig-steilen Ufern. Nur an der Playa del Verodal dehnt sich ein Streifen weicher Sand. Aber der Ozean mit seinen tückischen Unterströmungen brandet oft genug mit solcher Macht an, dass man sich besser nur in den auslaufenden Wellen erfrischt. Dennoch kann man auf El Hierro herrlich im Atlantikwasser baden, in den zahlreichen Felsenpools, charcos nämlich, natürlichen Meerwasser-Schwimmbecken, die rund um die Insel verteilt sind. Am Wochenende trifft man hier die herreños mit Kind und Kegel beim Picknicken und Planschen. Oder man schwimmt im tief eingeschnittenen Fjord des Fischerdorfs Tamaduste, das gleich neben dem Flughafen liegt. Von Fluglärm wird man dabei kaum gestört. Chartermaschinen aus dem Ausland landen hier sowieso nicht, und selbst die Verbindung zur Nachbarinsel La Palma wurde eingestellt. Direkte Flüge gibt es nur noch nach Teneriffa-Nord oder Gran Canaria.
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Eine Autofähre verbindet das Eiland zudem mit dem Süden Teneriffas.
    Valverde, die einzige kanarische Inselhauptstadt, die nicht an der Küste liegt, ist ein charmantes Städtchen mit schöner Pfarrkirche und einem rührenden Volkskundemuseum. Und natürlich muss man die berühmten Käsetörtchen von Adrian Gutierrez probiert haben. »La Auténtica Quesadilla« nennt sich der Laden, in dem es die süßen Verführungen gibt.
    Zur weit geschwungenen Bucht von El Golfo ist es von Valverde aus ein Katzensprung, seit sich die herreños einen gut ausgebauten Tunnel geleistet haben, um die steilen Felsen zu durchqueren. Kurz hinter dem Tunnel geht es zum »Lagartorio«, der Aufzuchtstation der nur auf El Hierro vorhandenen kanarischen Rieseneidechsen, die vor Jahrzehnten noch als ausgestorben galten. Dann fing ein Hirte einige Exemplare ein, aus denen nun neue Echsen gezüchtet und ausgewildert werden. Einen guten halben Meter können die urzeitlich anmutenden Tiere vom Kopf bis zum Schwanz messen.
    »Die Glückseligen« wurden die Kanarischen Inseln einst genannt, und El Hierro, das wie selbstvergessen als Außenposten im Atlantik ruht, scheint es noch immer zu sein. Kein einziger großer Hotelkomplex erhebt sich auf der Insel. Stattdessen findet sich, neben etlichen charmanten Privatquartieren, das im Guinnessbuch eingetragene »kleinste Hotel der Welt«. Ganze vier Zimmer hat das Punta Grande. Es liegt im Weiler Las Puntas in Sichtweite der vorgelagerten Felseninsel Roque de Salmor, wo
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die Rieseneidechsen ausgewildert werden. So findet auf El Hierro jeder seinen Platz.
    Näher am Meer als im Punta Grande kann man nicht wohnen. Wie eine Trutzburg direkt ans Wasser gebaut, schießt die Brandung davor zuweilen hoch auf, sprüht Gischt gegen die Fenster, als wollten die Wellen das winzige hotelito wegputzen, das sich so nah an die Kante des Ozeans gewagt hat.
    Es ist, als forderten die Elemente El Hierro immer wieder heraus. Auf der Hochebene im Westen kämpft der Wind gegen die Sabinar-Bäume. Wie bucklige Riesen stehen die auch Sade-Bäume genannten Wacholderzedern in der steppenartigen Landschaft. Die Madonna in der Einsiedelei Santuario de Nuestra Señora de los Reyes wacht darüber, dass kein Sturm die Bäume ausreißt. Ein Mann kommt aus
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