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Lesereise - Israel

Lesereise - Israel

Titel: Lesereise - Israel
Autoren: Gil Yaron
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Sicht der Palästinenser gibt es keinen Unterschied zwischen Tel Aviv und Havat Jair. Die Ursache für den Nahostkonflikt ist, dass die Araber grundsätzlich keine andere Religion tolerieren.« Bisherige Räumungen von Siedlungen, wie die Evakuierung von achttausend Siedlern aus dem Gazastreifen im Jahr 2005, hätten Israel schließlich keinen Frieden gebracht. »Auf den geräumten Gebieten entsteht kein Palästinenserstaat, sondern Basen des Terrors. Zuerst greifen sie uns an, dann zerfleischen sie sich selbst, wie man heute im Gazastreifen sehen kann.«
    Palästinenser sehen das anders. In ihren Augen ist die Forderung nach dem gesamten Westjordanland bereits ein Kompromiss, mit dem sie achtundsiebzig Prozent des historischen Palästina aufgeben. Im kläglichen Rest könne unmöglich ein Staat entstehen, solange die Siedler bleiben, weil die sich weigern, Bürger eines Palästinenserstaats zu werden. »Israel ist ein jüdischer Staat. Ein Araber darf nie Premier werden«, sagt Brand. Er gesteht Palästinensern höchstens Autonomie zu, schließlich »wollen wir keine Sklaven, ich will niemanden beherrschen.« Tiefes Misstrauen prägt Brands Weltanschauung, und so traut er Arabern grundsätzlich nicht: »Heute fordert die Welt die Räumung von Judäa und Samaria, morgen von Tel Aviv. Wenn es hart auf hart kommt, stehen wir Juden allein, das haben wir im Zweiten Weltkrieg ja gesehen.« Viele seiner Vorfahren wurden in den Vernichtungslagern der Nazis getötet.
    Nicht nur Ideologie treibt Israelis ins Westjordanland, auch Lebensqualität. Eine vierspurige Autobahn bringt die Bewohner von Havat Jair innerhalb von dreißig Minuten nach Tel Aviv, doch die Luxusvillen, die ohne Baugenehmigung errichtet wurden, kosteten hier nur einen Bruchteil eines gleichwertigen Hauses jenseits der grünen Linie, die das international anerkannte Israel demarkiert. Auch in staatlich genehmigten Siedlungen ist das Bauen billiger als in vielen Teilen Israels, förderte die Regierung den Umzug doch jahrelang mit Steuervergünstigungen, höheren Gehältern und Preisnachlässen für die Grundstücke.
    Im Gegensatz zu Brand, der auf eigene Faust handelt, wartet Schimrit Goldschmidt noch auf die Genehmigung, ihr Haus endlich auszubauen. Ihre Siedlung Nofei Nehemia wurde mit Hilfe der Regierung errichtet, aber im letzten Augenblick weigerte sich der Verteidigungsminister, die abschließenden Urkunden zu unterschreiben. Seit sechs Jahren wohnt die attraktive Lehrerin für Archäologie und Geschichte mit ihrem Mann und zwei Töchtern deswegen in einem Wohncontainer mit drei Zimmern. »Die Regierung versucht uns aufzureiben, aber wir werden bleiben und aus der Siedlung eine blühende Gemeinschaft machen«, sagt Goldschmidt. Der Name ihrer dreijährigen Tochter macht die Entschlossenheit der Goldschmidts deutlich: Sie nannten sie »Morag«, nach einer geräumten Siedlung im Gazastreifen.
    Die Siedler von Nofei Nehemia lieben diese Mischung aus Einsiedlerromantik und Ideologie. Die Hügel in der Umgebung sind verwildert: »Manchmal kommen frei lebende Gazellen bis an unsere Hütte«, sagt Schimrit und kramt sofort mehrere Fotos hervor. Zwei Gazellen sind dort zu sehen, im Hintergrund geht gerade die Sonne über den mit dichten Nebelschwaden bedeckten Wadis auf. Doch nicht alles ist eitel Sonnenschein: Drei Mal im Monat schieben die Männer nachts Wachdienst, um ihre Familien vor palästinensischen Angriffen zu schützen. Aus ideologischen Gründen verzichten sie darauf, ihre Siedlung mit einem Sicherheitszaun zu umgeben. »Wir sind nicht aus der Diaspora hergekommen, um wieder in Ghettos zu leben«, sagt Schimrit. Es gibt keine Busverbindung, die Sommer sind in den kleinen Wohncontainern entsetzlich heiß, die Winter bitterkalt. Wenn Israel Krieg führt, bleiben die Frauen und Kinder von Nofei Nehemia allein: »Alle unsere Männer sind jung und werden sofort aufgerufen, wenn Krieg ist«, sagt Goldschmidt. »Ohne Willenskraft und tiefe innere Überzeugung ginge hier nichts.«
    Trotzdem ist sie sicher, dass es sich lohnt, hier zu leben: »Unser Leben hier macht Sinn. Wir sind keine Materialisten wie die Menschen in Tel Aviv.« Ein Gefühl der Gemeinschaft verbindet die jüdischen Siedler: Man hilft einander, im ganzen Westjordanland kann man mühelos per Anhalter zurechtkommen. Angst kennen weder Goldschmidt noch der militante Brand. »Ich bin nicht mutig«, sagt sie. Sie verlasse sich auf die Wachhunde und Gott. Brand hingegen, dessen kurze Hosen
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