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Lesereise - Israel

Lesereise - Israel

Titel: Lesereise - Israel
Autoren: Gil Yaron
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purer Schokolade, die Ofenhitze intensiviert ihr Aroma, das Vanilleeis bietet dazu einen erfrischenden Kontrast«, sagt die Köchin Lavi. Spaltet man so einen Fondant mit dem Löffel, quillt eine fast schwarze Schokoladensauce lüstern langsam aus ihm heraus und lässt die Vanilleeiskugel daneben nur noch schneller schmelzen.
    Bei all dem Überfluss ist es vielleicht ein Wunder, dass es da noch jemanden zu geben scheint, der unbeherrschbare Nostalgie für den Hashahar Haole empfindet. Doch Beweis für seine Existenz ist der historische Großmundraub, der sich 2008 in Haifa ereignete: Unbekannte stahlen aus der Fabrik satte hundert Tonnen des klebrigen Aufstrichs.
    Nicht nur Diebe, auch Durchschnittsisraelis halten an ihren traditionellen Speisen fest, auch wenn längst schmackhafte Alternativen serviert werden. Trotz der rasanten Entwicklung der israelischen »Haute Cuisine« fühlen sich die meisten Israelis in »ihrer Steakbude« immer noch am wohlsten. Gänseleber hin, Filet her, ihr Lieblingsgericht bleibt der Hummus, eine beige Kichererbsenpaste, die mit Fladenbrot vom Teller gewischt wird. Jeder Israeli schwört auf »seinen« Hummus, für den er auch mal eine zweistündige Autofahrt in Kauf nimmt, selbst wenn sich an jeder Ecke eine Hummusbude befindet. Im legendären »Pinati« in Jerusalem drängen sich zur Mittagszeit die Menschen für einen Teller Hummus um vier alte, blassgrüne Resopaltische. Das »herzhafte« alte Serviceniveau wird hier aufrechterhalten, wenn genervte Kellner den Teller vor die Gäste werfen und diese anbellen, »nicht zu kauen, sondern zu schlucken.« Schließlich wartet draußen Kundschaft.

Toskana im Wilden Westen
Jenseits der Grenzanlagen im Westjordanland leben Hunderttausende israelische Siedler. Manche sehen sie als das größte Hindernis auf dem Weg zum Frieden
    Friedlich rascheln die Zweige der grünen Olivenhaine auf den sanft rollenden Hügeln, die seit Menschengedenken bebaut werden. Ortsnamen wie Schilo – einst das religiöse Zentrum der Israeliten – inspirieren Bibelromantik. Das Mittelmeer, das im Hintergrund unter der heißen Mittagssonne schimmert, ließe Ferienstimmung aufkommen, wären da nicht die Wachtürme, der Stacheldraht und die Armeepatrouillen, die den Besucher in die politische Gegenwart des Nahen Ostens katapultieren. Willkommen in einem der wichtigsten Brandherde des Nahostkonflikts: Palästinenser nennen das 1967 von Israel eroberte Gebiet, das doppelt so groß ist wie das Saarland, das Westjordanland. Sie wollen hier ihren eigenen Staat errichten und fordern deswegen den Abzug der rund dreihunderttausend Israelis, die sich hier in rund hundertfünfzig staatlich anerkannten Siedlungen und siebenundachtzig Außenposten niedergelassen haben. Die internationale Staatengemeinschaft fordert, den Ausbau dieser als illegal betrachteten Siedlungen sofort zu stoppen.
    Wenn es nach Jigal Brand, einem Siedler aus Havat Jair, geht, wird es nie dazu kommen: »Das Gebiet heißt nicht Westjordanland, sondern Judäa und Samaria. Es ist Teil des Landes Israel, das Gott dem jüdischen Volk in der Bibel versprochen hat«, sagt der achtundzwanzigjährige Schulleiter. Wie rund achtzig Prozent der Siedler in den isolierten Außenposten und Siedlungen ist Brand national-religiös, was man an dem bunten gehäkelten, kleinen Käppchen erkennen kann, dass der sportliche Mann auf seinem Kopf trägt. Der ehemalige Offizier glaubt daran, das der jüdische Staat eine göttliche Aufgabe erfüllt. In diesem Auftrag schießen in Havat Jair, einem illegalen Außenposten tief im Herzen des Westjordanlands, Einfamilienhäuser in die Höhe. Selbst Israels Regierung bezeichnet Havat Jair als illegal und droht damit, die Häuser der vierundzwanzig Familien und ihrer sechzig Kinder abzureißen. Doch die wollen diese Mischung aus Toskana, Wildem Westen und Freiluftbibelmuseum nie verlassen.
    »Die Idee von einem palästinensischen Volk ist ein Hirngespinst, das den Arabern eingeflößt wurde«, sagt Brand. Er glaubt nicht, dass sein isolierter Außenposten ein Hindernis auf dem Weg zum Frieden ist: »Wen stören wir? Hier hat doch vorher niemand gewohnt.« Sein Wohnhaus überblickt ein menschenleeres grünes Wadi . Das nächste arabische Dorf liegt zwei Kilometer Luftlinie von Havat Jair entfernt. Die weißen niedrigen Häuser, die sich am Abhang um ein Minarett scharen, kann man im Sommerdunst in der Ferne kaum ausmachen. »Die Siedlungen sind nicht das Problem«, meint Brand. »Aus der
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