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Leon, Der Slalomdribbler

Leon, Der Slalomdribbler

Titel: Leon, Der Slalomdribbler
Autoren: Joachim Masannek
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Gesicht.
    „Oh, nichts für ungut, Liliputs. Das war nur ein Dienst unter Freunden. Ich hoffe, wir sehen uns trotzdem morgen um zehn. Und wenn nicht, dann weiß ich auf jeden Fall, wo ihr seid. Im Zoo. Bei den Affen.”
    Der Dicke Michi prustete los und hielt seine Speckschwarten fest, damit sie ihm nicht davonhüpfen konnten. Die anderen Mistkerle taten es ihm gleich, und so schwankten sie lachend davon.
    Wir blieben stehen und warteten, bis sie verschwunden waren. Dann schauten wir alle zu Willi.
    „Ist das wahr?”, fragte ich.
    Willi sah jämmerlich aus.
    „Ist das wahr?”, fragte ich noch einmal.
    „Ich hab’s doch versucht, euch zu sagen”, stammelte er.
    „Du hast gesagt, dass wir ehrlich sein sollen!”, erinnerte ihn Marlon.
    Willi senkte den Blick.
    „Ich weiß”, antwortete er.
    „Und was sollen wir jetzt glauben?”, fragte Juli.
    „Vielleicht, dass wir die Unbesiegbaren Sieger trotzdem besiegen?”, spottete Fabi.
    Willi schaute uns an. Er flehte uns an: „Ihr seid die besten Fußballspieler der Welt! Das könnt ihr mir glauben.”
    „Und du bist ein Lügner, Willi”, stellte ich fest. „Wir wollen dich nie wiedersehn!” Willi drehte sich von uns weg und rieb sich die Augen. Vielleicht weinte er auch.
    „Kommt!”, sagte ich zu den anderen. „Wir haben hier nichts mehr verlor’n.”
    Wir gingen alle an Willi vorbei und dann gingen wir alle wortlos nach Hause. Es war vorbei. Wir hatten nicht nur den Bolzplatz, wir hatten auch unseren Glauben verloren: den Glauben an uns.

Eine finstere Nacht und ein noch finsterer Morgen
    In dieser Nacht schlief keiner von uns und jeder quälte sich mit den selben Gedanken. Die Enttäuschung war einfach zu groß. Wir hatten alle so hart trainiert. Wir hatten unser Bestes gegeben. Und wir hatten Willi vertraut. Nur wegen ihm hatten wir den sumpfigen Acker, den Tennisball, die Hitze, die Mücken und das Gejaule von Socke ertragen. Und jetzt war alles umsonst. Ja, für einen Moment waren wir auf dem Gipfel des Berges gewesen. Wir hatten wirklich geglaubt, wir seien die beste Fußballmannschaft der Welt. Doch dann war der Dicke Michi gekommen und hatte uns einfach herunter geschubst. Wir waren Tausende von Metern in die Tiefe gestürzt, und dort lagen wir jetzt und konnten uns nicht mehr bewegen. Wir waren ein Witz, eine Lachnummer und unser ganzes Selbstbewusstsein offenbarte sich als billige Lüge.
    „Aber wir haben doch Socke besiegt”, sagte Marlon plötzlich im Bett unter mir. Es war bestimmt schon drei Uhr am Morgen, und er wehrte sich immer noch. Wisst ihr, Marlon, gibt niemals auf und normalerweise ist das auch gut. Doch in diesem Fall bedeutete das nur weitere Qualen.
    Willi hatte gelogen und deshalb war alles, was er uns beigebracht hatte, jetzt nichts mehr wert.
    „Aber wir haben doch Socke besiegt!”, wiederholte Marlon gegen halb vier.
    „Ja und!”, antwortete ich, „Hast du vergessen, was der Dicke Michi mit Hunden macht?“
    „Er reißt ihnen die Ohren ab”, sagte Marlon.
    „Ganz genau!”, erklärte ich ihm, was er sowieso schon längst wusste. „Und deshalb ist der Dicke Michi kein Hund. Er ist ein Monster. Haben wir etwa gegen ein Monster gesiegt?“
    Marlon schwieg.
    „Marlon! Willi ist nie ein Profi gewesen und deshalb sind wir auch nicht die beste Fußballmannschaft der Welt!”
    „Aber wir spielen doch trotzdem gegen die Unbesiegbaren Sieger ?”, fragte Marlon. Er konnte es einfach nicht lassen.
    Ich starrte die Decke an. Dann fragte ich nur: „Wieso?“
    Irgendwann schliefen wir ein und am Morgen war selbst Marlon so müde, dass er nicht aufstehen wollte. Wir wälzten uns unruhig im Bett, und so erging es allen von uns. Unsere Eltern wollten uns wecken, doch wir schickten sie wieder weg.
    „Das Spiel fällt aus!”, sagten wir.
    „Der Dicke Michi hat sich die Beine gebrochen.”
    „Die Luft ist aus unserem Ball! Wir können nicht spielen.”
    Da öffnete Maxi in der Alten Alle Nr. 1 seine Augen. Sein Vater stand in seinem Zimmer und hielt einen nigelnagelneuen Fußball in seiner Hand. Er war pechschwarz.
    „Nike”, sagte Maxis Vater und drehte das glänzende Leder, „limitierte Auflage. Davon gibt’s nur 5000 Stück. Ich denke, das wär der richtige Ball, um eine neue Sammlung zu starten.”
    Maxis Vater lächelte seinen Sohn an: „Vorausgesetzt, dass du heute nicht kneifst.” Dann wurde er ernst: „Mein Sohn kneift nämlich nicht, hab ich Recht?“
    Er hatte Recht. Maxi sprang auf, packte den Ball und
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