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Esper in Aktion

Esper in Aktion

Titel: Esper in Aktion
Autoren: Dan Morgan
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    Richard Havenlake zögerte unwillkürlich, als er sich dem Eingang des Marquis of Granby näherte. Seine erste Reaktion auf die Stimme am Telefon war glatte Ablehnung gewesen. Glover schien die übliche Reportermasche anzuwenden; er erging sich in vagen Andeutungen. Aber das machte er so geschickt, daß Havenlake sich die Frage stellte, wieviel er tatsächlich wußte. Und um die aufkeimenden Zweifel zu beseitigen, gab es nur eine Möglichkeit: das Interview zu gewähren.
    Havenlake blieb einen Moment stehen, dann öffnete er entschlossen die Tür mit der Aufschrift BAR. Der Schwall von Psi-Aktivität, der völlig unverhofft auf ihn eindrang, ließ ihn entsetzt zurückweichen.
    Ein gutes Dutzend Besucher befanden sich in dem großen, freundlich beleuchteten Raum, aber bis auf eine Ausnahme waren ihre telepathischen Ausstrahlungen so schwach, daß er sie mit seiner normalen Abschirmung fernhalten konnte. Die Ausnahme bildete ein gutgekleideter Mann, der auf einem Barhocker an der Theke saß und ihm den Rücken zugewendet hatte. Der Mann hatte offensichtlich keine Ahnung von seinen Psi-Kräften. Wäre es anders gewesen, so hätte er sicher den Versuch gemacht, wenigstens seine Oberflächengedanken zu verbergen. Havenlake schüttelte sich, wenn er daran dachte, was in der Tiefe dieses Gehirns liegen mochte. Eine Kloake …
    Die Gedanken des Fremden beschäftigten sich mit Sex, brutalem, animalischem Sex. Nein, animalisch war nicht das richtige Wort. Nur ein Mensch konnte seine Triebe so pervers einsetzen, daß aus dem Liebesakt etwas Zerstörerisches wurde. Der Gegenstand seiner wüsten Phantasien war die schlanke blonde Bardame, mit der er sich unterhielt. Sie lächelte geschmeichelt über seine Aufmerksamkeiten, vollkommen ahnungslos, weiche erniedrigende Rolle sie in seinen Gedanken spielte.
    Havenlake gab sich einen Ruck und durchquerte den Raum. Er sah das Gesicht des Fremden im Barspiegel – blaß, aufgedunsen, mit einem bleistiftstrichdünnen Schnurrbart. Harte dunkle Augen musterten ihn neugierig, und gleichzeitig fing er die Gedanken des Mannes auf. Es war sein Gesprächspartner .
    Alec Glover hatte die Bilder im Fotoarchiv des »Globe« genau studiert und erkannte den vierschrötigen Wissenschaftler auf Anhieb. Havenlake galt als schweigsam und unzugänglich, aber Glover hatte schon härtere Nüsse geknackt. Ein maskenhaftes Lächeln glitt über seine Züge, als er sich erhob.
    »Doktor Havenlake?« fragte er und kam mit ausgestreckter Hand näher. »Mein Name ist Glover.«
    »Freut mich, Sie kennenzulernen.« Havenlake hatte einen kräftigen Händedruck.
    »Was trinken Sie?«
    »Einen Bitter.«
    Natürlich, einen Bitter. Glover bestellte, und als der Drink kam, gingen sie zu einem kleinen Ecktisch hinüber.
    Havenlake zündete sich eine Pfeife an und betrachtete Glover über das tanzende Flämmchen hinweg. »Vom ›Sunday Globe‹, sagten Sie?«
    »Ja, aber stören Sie sich nicht zu sehr daran. Wir bemühen uns gelegentlich auch um ernsthafte Artikel.«
    Havenlake klopfte den Tabak fester. »Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen. Fangen wir gleich an, ja?«
    Havenlake hatte buschige Augenbrauen und leicht ergrautes Haar, das ihm bis in den Nacken hing. Mit seiner grünen Tweedjacke, dem dunklen Hemd mit dem zerknitterten Kragen und der schlampig gebundenen Wollkrawatte wirkte er wie eine jüngere Ausgabe von J. B. Priestley.
    Als Journalist hielt Glover im allgemeinen wenig davon, Menschen in Schablonen zu pressen, aber bei einem Mann wie Havenlake, der fest entschlossen schien, einen bestimmten Lebensstil zu prägen, waren solche Feinheiten fehl am Platz. Sein unverblümter nordenglischer Akzent, die alte Pfeife, mit der er seine knappen Sätze unterstrich – das alles deutete darauf hin, daß Havenlake den aufgeklärten, nüchternen Intellektuellen spielte.
    »Wie ich Ihnen schon am Telefon erklärte, begann das Ganze mit der Unterlagensammlung zu einem Artikel über Esper-Fähigkeiten«, sagte Glover. »Ich wälzte die üblichen Bücher und kam zu dem Ergebnis, daß sie ziemlich unbefriedigend waren. Und dann stieß ich auf Ihr Werk ›Experimente mit Espern‹. Kein Mystizismus, keine verschwommenen Thesen, sondern nackte Tatsachen, klar und logisch dargelegt.«
    Havenlake nahm einen Schluck Bier. »Freut mich, wenn es Ihnen genützt hat«, meinte er mit gerunzelter Stirn.
    »›Experimente mit Espern‹ wurde vor drei Jahren veröffentlicht. Seither haben Sie nichts mehr zu diesem Thema
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