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Lennox 03 - Der dunkle Schlaf

Lennox 03 - Der dunkle Schlaf

Titel: Lennox 03 - Der dunkle Schlaf
Autoren: Craig Russell
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nicht Ihr Vater ist, dann muss er oder sie ein recht starkes Motiv haben, sich freiwillig von so viel Geld zu trennen. Sie glauben, dass Sie das Geld wegen eines Schuldgefühls bekommen. Wenn es Ihr Vater war, der am Grund des Flusses lag, dann muss ihn jemand dorthin geschafft haben, nicht wahr?« Als ich es aussprach, war es, als hätte es mir die ganze Zeit schon vor Augen gestanden.
    »Wir möchten nur wissen, wer es uns schickt.«
    »Und dann?«, fragte ich. »Rufen Sie dann die Polizei? Ich vermute, Sie haben dem Finanzamt mit diesen Zahlungen bislang keine Arbeit machen wollen. Die Polizei kann sehr kleinkariert und bürokratisch sein, was die Beute aus bewaffneten Raubüberfällen angeht. Was planen Sie also? Ich muss Ihnen sagen, dass ich an dem Fall nicht interessiert bin, wenn Sie es auf irgendeine Form der persönlichen Vergeltung anlegen.«
    »Wir möchten nur wissen, wer das Geld schickt«, wiederholte Isa; diesmal mit ein klein wenig Kälte in ihrer Stimme, und in den herzförmigen Gesichtern spiegelte sich eine gewisse Unnachgiebigkeit.
    »Sind die Briefe immer in London abgestempelt worden?«, fragte ich mit der Andeutung eines Seufzens, als sie das Geld wieder in ihre Handtaschen zurücksteckten.
    »Nicht immer …«
    »… manchmal aus Edinburgh …«
    »… und einmal aus Liverpool.«
    »Verstehe …« Ich runzelte sehr auf Wirkung bedacht die Stirn, ehe ich zum Wesentlichen kam: »Ich muss Sie warnen, dass das teuer werden kann, Ladys. Möglich, dass ich viel reisen muss – jede Ausgabe wird natürlich mit Quittung und Grund belegt. Und Zeit brauchen wird es auch … wer immer Ihnen das Geld sendet, legt definitiv Wert auf Anonymität. Und Zeit, fürchte ich, ist Geld.«
    »Reicht Ihnen das …« Beide nahmen die Geldbündel wieder aus den Handtaschen, und jede zog mehrere druckfrische Zwanziger heraus, die sie nacheinander auf meinen Schreibtisch legten. Als sie fertig waren, hatte jede von ihnen sechs Porträts der Königin vor mir drapiert. »… für den Anfang?«
    »Sie können uns Bescheid geben, falls Sie mehr brauchen.«
    Ich sah auf die zweihundertvierzig Pfund. Die unwiderstehliche Anziehungskraft war auf das bewegliche Hindernis getroffen.
    »Ich werde sehen, was ich herausfinden kann«, versprach ich und setzte mein bestes Stets-zu-Ihren-Diensten-Lächeln auf. »Ich muss aber sagen, meine Damen, dass Sie mich meiner Ansicht nach dafür bezahlen, dem geschenkten Gaul ins Maul zu schauen. Vielleicht wären Sie besser beraten, wenn Sie alles so belassen, wie es ist.« Doch ich hatte die Zwanziger schon eingesteckt. Da Isa und Violet das Finanzamt bisher nicht bemüht hatten, beschloss ich, dass es nur diplomatisch wäre, mich ihnen darin anzuschließen.
    »Wir möchten nur wissen, wer es ist …«, sagte Violet.
    »… aber wir möchten nicht, dass er oder sie erfährt, dass wir es wissen«, sagte Isa. »Sobald wir es herausgefunden haben, entscheiden wir, wie wir weiter vorgehen.«
    »Das könnte schwierig werden«, erwiderte ich. Ich malte mir aus, wohin mich solch eine Ermittlung führen könnte, und fragte mich schon, ob ich mir mit meiner vorgetäuschten Unbewegbarkeit nicht ein bisschen mehr Mühe hätte geben können. »Ich bin Rechercheagent. Ich stelle Recherchen an. Den Leuten kommt es zu Ohren, wenn jemand Fragen über sie stellt. Ich schlage vor, wir machen immer nur einen Schritt nach dem anderen. Könnte ich noch einmal einen der Briefumschläge sehen, in denen das Geld ankam?«
    Isa war so freundlich und reichte mir ihren. Er hatte keinen Aufdruck und war an der gummierten Fläche zugeklebt worden.
    »Von einer Bank stammt der nicht«, sagte ich. »Die einzige Möglichkeit, dieses Geld zurückzuverfolgen, bestände darin, die Seriennummern von der Polizei überprüfen zu lassen, aber das steht wohl nicht zur Debatte.« Ich betonte meine Schlussfolgerung mit einem verbindlichen Lächeln. »Lassen Sie mich sehen, was ich tun kann. Ich frage ein wenig herum.«
    »Danke, Mr. Lennox«, sagten die Zwillinge gleichzeitig.
    »Haben Sie eine Fotografie Ihres Vaters, die Sie mir geben könnten? Ich bräuchte sie nicht zu behalten … ich würde nur einen Abzug machen lassen und Ihnen dann wiedergeben.«
    Isa, oder Violet?, schüttelte den Kopf. »Wir haben keine Fotografien von Daddy …«
    »… er mochte es nicht, fotografiert zu werden …«
    »… und als er verschwand, waren die wenigen Fotos von ihm auch weg.«
    »Verstehe«, sagte ich wieder. Gespenster stahlen keine
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