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Lenas Flucht

Lenas Flucht

Titel: Lenas Flucht
Autoren: Polina Daschkowa
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und hab’ dich nie gekannt«, sagte der rasch und legte sofort wieder auf.
    Weiß wählte gleich noch einmal.
    »Moment, sag wenigstens, wer. Die Miliz?«
    »Hast dich aus dem Staub gemacht!« bellte der Hexer. »Daß die Miliz dich sucht, weißt du selber. Aber da sind noch ganz andere hinter dir her.« Dann hörte er nur noch das Besetztzeichen.
    Das war’s dann, dachte Weiß. Wieso bin ich Idiot nicht gleich darauf gekommen? Das hätte ich auch ohne den Hexer wissen können. Im Grunde wußte ich es ja und wollte es nur nicht wahrhaben. Es konnte nicht sein! Wir sind uns doch nie wirklich in die Quere gekommen. Das ist das Ende …
    Er wählte noch einmal. Hoffentlich nahm jemand ab, schließlich war Sonnabend.
    »Redaktion ›Smart‹. Sekretariat des Chefredakteurs«, erklang eine angenehme Frauenstimme.
    »Hallo. Sagen Sie bitte, wann kommt die Leiterin der Literaturabteilung, Lena Poljanskaja, aus New York zurück?«
    »Verzeihen Sie, mit wem spreche ich?«
    »Ich übersetze für Ihre Redaktion aus dem Französischen. Mein Name ist Strelzow. Frau Poljanskaja hat mich gebeten, etwas für sie zu übersetzen. Die Sache ist fertig. Sie meinte, es wäre eilig …«
    »Lena Poljanskaja kommt am Mittwoch zurück.«
    Weiß spazierte noch eine Weile in dem altehrwürdigen Städtchen herum. Unweit vom Bahnhof fand er ein kleines gemütliches Restaurant, wo er gut zu Mittag aß. Dann stieg er wieder in den Zug und fuhr nach Kamyschi zurück.
     
    Am Montagmorgen begegnete die Sekretärin Katja im Flur Goscha Galizyn.
    »Seit Lena weg ist, liegst du wohl völlig auf der faulen Haut?« Sie tätschelte ihm zärtlich die Wange. »Eure Übersetzer klingeln ständig bei mir an.«
    »Ist es so schlimm?« frage Goscha mitfühlend.
    »Sogar am Sonnabend hat ein Strelzow … oder Skworzow … oder so ähnlich angerufen. Ja, Strelzow hieß er. Er hat in Lenas Auftrag etwas aus dem Französischen übersetzt und wollte es dringend abgeben.«
    »Strelzow, sagst du? Aus dem Französischen? Was wollte er denn wissen?«
    »Er hat mich gefragt, wann deine Chefin zurückkommt.«
    »Und hast du es ihm gesagt?«
    »Klar. Warum nicht?«
    Goscha eilte in die Abteilung und schaltete den Computer an. Ein Übersetzer Strelzow war in der Datenbasis nicht zu finden. Auch nicht in dem dicken Buch, in das Lena neue Autoren eintrug, bevor sie sie in die Datenbank aufnahm.
    Am Abend rief Goscha Krotow an.
     
    Die Maschine nach Moskau startete um 14.00 Uhr New Yorker Zeit.
    »Wann sehe ich dich wieder?« fragte Steven, als er Lena zum Abschied küßte.
    »Komm doch mal zu mir nach Moskau. Ich kann jetzt bestimmt lange nicht weg. Mach’s gut, es wird Zeit.«
    Lena mochte tränenreiche Abschiede nicht. Außerdem war es wirklich Zeit.
    Das Handgepäck stand schon auf dem Band und bewegte sich auf das Röntgengerät zu. Plötzlich packte Lena ihre Handtasche und schrie auf: »Entschuldigen Sie vielmals! Ich muß noch mal eine Sekunde zurück. Ich habe meine Uhr auf der Toilette liegenlassen!«
    »Ihre Uhr ist, wo sie hingehört, Madam!« bemerkte der Kontrolleur verwundert.
    »Ja? Tatsächlich …« Lena schoß das Blut ins Gesicht. »Oh, Verzeihung, es war mein Ring. Ich wußte doch, es fehlt etwas. Der Ring ist alt und sehr wertvoll. Wenn er weg ist – das überlebe ich nicht!«
    »Regen Sie sich nicht so auf, Madam. In Ihrem Zustand kann das schädlich sein.«
    Sie stürzte in Richtung Ausgang und drängte sich durch die Menschen, die ihr entgegenkamen. Weit vor sich, schon auf dem Weg zum Parkplatz, sah sie Stevens weißes Haar leuchten.
    Sie erreichte ihn noch, bevor er ins Auto stieg, und schob ihm ein in Plastik gewickeltes Ding in die Tasche. Er starrte sie verwundert an.
    »Mach’s nicht auf. Das ist eine Pistole. Wirf sie irgendwo fort, möglichst weit weg von hier, daß sie keiner findet. Und entschuldige, ich muß zurück.«
    Steven schaute ihr kopfschüttelnd nach.
    »Bitte beeilen Sie sich, meine Dame, es wird schon eingestiegen«, rief ihr der dunkelhäutige Grenzbeamte zu. »Na, haben Sie Ihren Ring gefunden?«
    »Ich habe ihn!« Lena streckte ihm ihre linke Hand entgegen, an der ihr alter Smaragdring, Vaters Geschenk, blitzte. Im Laufen hatte sie ihn für alle Fälle noch rasch von der rechten an die linke Hand gesteckt.
    »Eine Sekunde.« Der Grenzer stoppte sie. »In Ihre Tasche muß ich trotzdem schauen.«
    »Natürlich, bitte.« Lena öffnete ihre Handtasche.
    »Alles in Ordnung, Madam. Gute Reise.«
    Als Lena in der Maschine war,
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