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Leitstrahl für Aldebaran

Leitstrahl für Aldebaran

Titel: Leitstrahl für Aldebaran
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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Anomalie sich voll auswirken, beim zweiten Mal der gleiche ist - vierunddreißig Sekunden. Man sollte doch annehmen, daß er bei höherer Geschwindigkeit sinkt. Oder, von mir aus, wächst.«
    »Und was schließt du daraus?« fragte Toliman.
    »Ach du lieber Himmel«, sagte Mira seufzend, »von nichts bin ich weiter entfernt als von Schlußfolgerungen.«
    »Ja, du kannst dir’s leisten!« sagte Toliman in friedfertigem Ton.
    »Ach?« meinte Mira, lenkte aber gleich über: »Lassen wir also das Protokoll synchron laufen, mit Minimalgeschwindigkeit.«
    Tatsächlich hatte der Kapitän jetzt eine Serie von Manövern begonnen, bei denen die Beschleunigung jeweils zunahm, bis die Antriebe ihre maximale Leistung erreichten. Dann hatte er sie abgeschaltet und den Zyklus von neuem begonnen. Dabei hatte er in jeder Beschleunigungsperiode nach links ausgelenkt, und tatsächlich blieben auch die Bojen seitlich zurück.
    »Na also!« sagte Toliman, und es klang nicht wenig Stolz in dieser kurzen Bemerkung mit. Mira verstand diesen Stolz, verstand, wie notwendig Toliman ihn brauchte, um in seiner jetzigen Funktion nicht zu versagen. Aber sie fühlte auch, daß sie diese ganze Anomalie, so sensationell sie gerade für sie selbst als Kosmogonin war, nicht verstehen würden, daß ihnen die Mittel dazu fehlten, und zwar jegliche Art von Mitteln, die geistigen wie die materiell-technischen, und sie ahnte schon zu diesem Zeitpunkt, daß die Klärung dieser Zusammenhänge nicht das wichtigste Problem sein würde, mit dem sie als Besatzung würden fertig werden müssen. Trotzdem bewunderte sie den praktischen Verstand, mit dem der Kapitän aus wenigen und höchstens spekulativ zu wertenden Beobachtungen den Weg ermittelt hatte, den KUNDSCHAFTER zu retten - eine Leistung, die Toliman immerhin wenigstens nachvollzog, wenn er dazu auch mehr Zeit und Ruhe und Kraft hatte. Ja, Kraft, denn irgend etwas mußte den Kapitän doch so sehr geschwächt haben, daß sein Zustand für Bordverhältnisse irreparabel geworden war und ihm nur noch im Mutterschiff geholfen werden konnte. Überhaupt lag wohl in dieser Tatsache viel mehr verborgen als in allen automatischen Protokollen, die sie hier verfolgten.
    »Und jetzt paß genau auf, wir nähern uns dem Zeitpunkt, wo der Kapitän die Außentanks absprengt. Irgend etwas muß ihn dazu veranlaßt. Was ist denn das? x plus siebenundsiebzig: Schaltung, die Aktivkomponente aus den Außentanks umflutet. Und bei dir? Kein Hinweis?«
    »Kein Hinweis«, sagte Mira, »nichts.«
    »Die Tanks waren zu dem Zeitpunkt noch voll«, sagte Toliman. »Kapazität des Umflutkanals mal Zeitdauer - jetzt bricht er ab, vier Minuten, das ergibt.. ja, zwanzig Prozent müssen in den Tanks verblieben sein, aber. nur zwanzig Prozent! Das ist unvorstellbar!«
    Toliman hatte das Protokoll gestoppt und sich zurückgelehnt. Mira tat das gleiche. Sie wunderte sich ein bißchen, sie verstand nicht gleich, was ihrem Gefährten da plötzlich in den Kopf gekommen war. Kein Wunder, Navigation war ja auch nicht ihr Fach. Aber dann begann sie doch zu überlegen, neugierig, ob sie wohl auch darauf kommen würde. Es mußte mit dem Treibstoffverbrauch zu tun haben. Achtzig Prozent des Inhalts der Außentanks, das hieße ja, die Innentanks für die Aktivkomponente mußten fast leer gewesen sein. Aber - ja, das war es wohl, was Toliman so beschäftigte: Anderthalb Stunden Antrieb, selbst auf höchster Stufe, hätten nur einen kleinen Teil dieser Treibstoffmenge verbrauchen können! Was daraus folgte, war Mira auch klar, obwohl sie von den Teilsystemen des Schiffs weit weniger verstand als Toliman. Das einzige System, das Energie und damit also auch den Energieträger unbegrenzt verbrauchen konnte, war das Schutzfeld.
    Seine Generatoren arbeiteten immer entsprechend der äußeren Belastung. Mira erschrak: Was mußte das für eine unerhörte Belastung gewesen sein!
    »Rechne doch mal aus«, bat Mira, »wieviel Energie das Schutzfeld verbraucht hat. Überschlag genügt.«
    Toliman erwachte aus seinen Grübeleien. »Ich hätte das gleich sehen müssen«, sagte er, während er die Werte eintippte. »Gehen wir davon aus, daß bei x plus hundertsiebenundzwanzig der jetzige Minimalstand erreicht war? Ich denke, ja. Dann also...«: Während er rechnete, erzählte er weiter. »Ich hab beim Grobüberblick nicht bemerkt, daß er Treibstoff umgeflutet hat. Aber auch ohne das hätte der Verbrauch mich stutzig machen müssen. Da haben wir’s!«
    Sie starrten beide
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