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Leipziger Affären - Kriminalroman

Leipziger Affären - Kriminalroman

Titel: Leipziger Affären - Kriminalroman
Autoren: emons Verlag
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Reporter waren eingetroffen und versuchten hartnäckig, dem Kopf auf seinen nicht mehr vorhandenen Leib zu rücken.
    Reporter Raimund Tomsen und Fotograf Franz Pickrot vom OSTSEE-BLICK . Letzterer das schärfste Auge der Mecklenburger Meute. Pike, wie ihn seine Kollegen und wenigen Freunde nannten, hatte bestimmt wieder einen heißen Tipp aus unserer Kommandantur erhalten. Irgendwo war da ein Loch im internen Polizeiapparat, dem wir eines Tages nachgehen müssten.
    Wir schlenderten an der schönen schwarzen Hanse-Kogge vorbei, ein originalgetreuer Nachbau eines mittelalterlichen Wracks, das man vor gut zehn Jahren im Ostseeschlick zwischen den Inseln Poel und Langenwerder gefunden hatte.
    Der Alte Hafen von Wismar war in seiner strukturellen Entwicklung irgendwo zwischen dem ausgehenden 19. Jahrhundert und der Moderne der Nachwendezeit hängen geblieben. Einige wenige Fischerboote hielten trotzig ihre roten und schwarzen Markierungsfähnchen in die steife Ostseebrise. Eine Handvoll abgetakelter Ausflugsdampfer versuchte sich mit saisonabhängigen Hafenrundfahrten mehr schlecht als recht über Wasser zu halten. Die vielen Fenster der hohen Backstein-Getreidespeicher waren zugemauert, die imposanten Gebäude zerbröselten witterungsbedingt und standen im merkwürdigen Kontrast zum Rohbau einer neuen, eindrucksvollen Markthalle, die schon bald Eröffnung feiern wollte, und zu dem gegenüberliegenden futuristischen Technologie- und Forschungszentrum am Alten Holzhafen, von dem niemand so richtig wusste, was dort drinnen eigentlich wirklich konkret erforscht wurde. Dazwischen konkurrierten vier Fischverkaufskutter samt weiblichen Besatzungen, balgten sich zahllose, stets hungrige Seemöwen und versanken im tiefen Schlick viele verworfene Pläne, was alles mit diesem beeindruckenden Hafenareal zukünftig möglich wäre …
    Die großen Segelohren meines Chefs begannen an der frischen Luft schnell kräftig rot zu leuchten. Das waren aber auch schon seine auffälligsten Merkmale. Ansonsten war er ein eher unscheinbarer Typ. Stets in Bluejeans gekleidet, Jacke wie Hose, häufig ein Sweat- oder nur T-Shirt darunter, selten ein gebügeltes Hemd. Gegen Oberkommissar Olaf Hansen wirkte ich – trotz Feiertag – mit meinem Sakko von der Stange, meiner rahmenlosen Designerbrille und dem Paar salopper Leinenturnschuhe komplett overdressed.
    Einige Schritte später standen wir vor einem ebenfalls hübschen, etwas kleineren Segelboot, es schien verwaist. »Vandalia«, stand in schwarzen gotischen Lettern am Heck des Schiffes, darunter wie üblich der Name des Heimathafens: Wismar.
    Ein schnelles, leichtes Holzschiff, erklärte ich Hansen mit Kennermiene.
    In meiner Jugend hatte ich mich zeitweise sehr intensiv mit der Schifffahrt beschäftigt. Mein Traum war es, einmal zur See zu fahren, vielleicht sogar Kapitän zu werden und, wie so viele junge Männer, von der Durchquerung der Ozeane zu berichten.
    Nicht allein wegen meiner Kurzsichtigkeit rieten mir meine Eltern damals ab, ich hätte so oft Nasen- und Zahnfleischbluten, damit gehe man nicht leichtfertig auf See, da gebe es so schnell keinen Zahnarzt. Ich hatte mich dann für den Polizeidienst entschieden, der Polizeibehörde schienen bei der Einstellung das Zahnfleischbluten sowie die leichte Sehschwäche total egal.
    Nun, das Ganze war lange her, aber das eine oder andere Detail über Schiffe und die Seefahrt hatte ich mir merken können. Mein Herz pocherte immer noch, wenn ich ein schickes Schiff oder das offene Meer sah.
    Die »Vandalia« war ein einmastiger, schneller Küstensegler, gebaut aus braunem Lärchenholz, knapp fünfzehn Meter lang, satte drei Meter breit und ausgelegt für vielleicht maximal zehn Mann Besatzung.
    Hansen rief nach dem Kapitän, ohne Erfolg, es war niemand an Bord. Ich zeigte hinauf zum Mast, dort wehte locker bei nur schwacher Brise eine rote Fahne mit zwei gekreuzten gelben Knochen darauf.
    »Das ist ja wohl ein Witz!«, staunte Hansen nicht schlecht.
    »Eine Piratenflagge!«, fügte ich einmal mehr selbstsicher hinzu.
    »Was soll der Unfug! So was gibt’s doch gar nicht mehr.«
    »Zumindest nicht auf der Ostsee.«
    »Richtig, Kubsch. Vielleicht im Golf von Aden oder im Arabischen Meer oder in der Andamanensee, aber doch nicht hier.«
    Der Kommissar schien verärgert. Da pustete von achtern eine plötzliche Windböe, blähte erst die Segelohren vom Chef auf und ließ dann direkt vor uns den roten Lappen straff am Mast flattern. Stolz zeigte sich
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