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Leipziger Affären - Kriminalroman

Leipziger Affären - Kriminalroman

Titel: Leipziger Affären - Kriminalroman
Autoren: emons Verlag
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nur, dass er ein richtiges Schwein gewesen sein muss.«
    »So, so.«
    »Frag diesen Koloss von Gordemitz, der hat mir einiges geflüstert. Lohndumping und Überstunden waren an der Tagesordnung. Einen Sklaventreiber hat er den König genannt.«
    »Hat das dieser Heiligenbrand bestätigt?«
    »Das und eine ganze Menge mehr. Der Mann quatscht ohne Unterlass, eine wahre Fundgrube für dich.« Beuthe verzog den Mund.
    »Dann will ich den Herren mal auf den Zahn fühlen.« Henne winkte Beuthe zum Abschied zu.
    Er schlitterte durch den Matsch zu dem Anhänger, den Gordemitz wohlwollend als Baubude bezeichnet hatte. Dabei trat er in eine Pfütze und fluchte, als Wasser in seine Schuhe schwappte.
    Heiligenbrand hatte Kaffee gekocht. Der Duft versöhnte Henne ein wenig. Unaufgefordert füllte der Dürre eine Tasse und schob sie ihm über den Tisch.
    »Wo ist Gordemitz?«, fragte Henne.
    »Er setzt den Rundgang fort, das muss sein. Bald kommen die ersten Handwerker, da muss alles seine Ordnung haben. Ihr Kollege begleitet ihn.«
    Henne bezweifelte, dass an diesem Tag auf der Baustelle weitergebaut wurde, doch er nickte nur und nahm einen Schluck von dem heißen Kaffee. Um sie herum waren überall Baupläne zu sehen, auf dem Tisch, den Regalen, an den Wänden. Dazwischen hingen einige Fotos, alle stellten sie Dankwart König dar. Auf einem stand er in großer Pose neben dem Oberbürgermeister, auf einem anderen war er mit dem Landesvater zu sehen, dann wieder lachte er inmitten der wie Werbemänner für Zahnpasta strahlenden Fraktionsvorsitzenden verschiedener Parteien.
    »Wohl dem, der einflussreiche Freunde hat«, sagte Henne.
    »Ach was, König hat sich nur gern ins Rampenlicht geschoben. Eigentlich wollte niemand etwas von ihm wissen.« Heiligenbrand schaltete die Kaffeemaschine aus.
    »Tatsächlich?«
    »Er war ein Grünschnabel. Im Grunde hatte er keine Ahnung vom Bau. Er hat Verkäufer gelernt, für Unterwäsche. Das muss man sich mal vorstellen.« Heiligenbrand tippte sich an die Stirn. »So einer sattelt um und baut Häuser, Einkaufscenter, Tiefgaragen. Aber das Geld dazu hat er gehabt. Und das Know-how hat er eben gekauft.«
    »Gab es einen zweiten Mann im Geschäft? Hatte er einen Partner?«
    »Nee, da hätte er ja teilen müssen. König hat sich Leute genommen, die keine Alternative hatten. Leute wie mich, zu alt für den Arbeitsmarkt und die Tariflöhne. Ich will noch nicht zu Hause herumsitzen und auf die Rente warten. Mit fünfundfünfzig fühle ich mich jung.« Die Tränensäcke unter den blassblauen, rotgeränderten Augen und die Furchen auf der Stirn und um den Mund herum ließen Heiligenbrand viel älter als Mitte fünfzig erscheinen. Wahrscheinlich schlief er nie richtig und aß zu wenig.
    »Hat er auch junge Leute beschäftigt?«, fragte Henne.
    »Klar, Lehrlinge, die den Abschluss verkackt haben, Praktikanten, Ausländer. Alle, die die Klappe halten und nicht aufmucken aus Angst, sie könnten ihren Job verlieren.« Heiligenbrand kickte den Zigarettenstummel durch die halb geöffnete Tür. »Aber das ist jetzt ohnehin egal. Jetzt ist er tot, und mein Job ist auch weg.«
    »Gordemitz hat gesagt, Sie gehen ihm zur Hand. Was hat er damit gemeint?«
    »Mädchen für alles.« Heiligenbrand angelte eine neue Zigarette aus dem Päckchen. »Pläne, Aufsicht, Kontrolle, Abnahme, Kalkulation. Und die Dinge, die niemand gern macht: Kaffee kochen, abwaschen, aufräumen.«
    »Auch Personalsachen und Arbeitsschutz?«
    »Arbeitsschutz? Gestatten Sie, dass ich lache?« Tatsächlich entblößte Heiligenbrand eine Reihe gelblicher Beißerchen. Doch sein Lachen erstarb so schnell, wie es gekommen war. »Personal hat König eingestellt und gefeuert. Für die Lohnabrechnung gibt es ein windiges Büro. Ich hab noch keinen von denen hier auf der Baustelle gesehen. Ohnehin wurde der Lohn meistens bar auf die Hand gezahlt.«
    Henne nahm sich vor, bei den Sozialträgern nachzuforschen. Renten-, Kranken-, Pflege-, Arbeitslosenversicherung, eine Menge Anhaltspunkte. Das Lohnbüro konnte er gleich mit unter die Lupe nehmen. »Wissen Sie etwas von Freunden oder Familie?«
    »Bleiben Sie mir bloß mit den Weibern vom Leib. Ich bin zweimal geschieden, hat mich jedes Mal ein Schweinegeld gekostet. Für mich ist das Mann-Frau-Ding durch.«
    Henne hatte kein Bedürfnis, Heiligenbrands gestörtes Verhältnis zum weiblichen Geschlecht zu erörtern. »Königs Familie, meine ich.«
    Heiligenbrand kratzte sich am Kopf. Gleichmütig betrachtete er
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