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Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman

Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman

Titel: Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman
Autoren: Bastei Lübbe
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unmöglich zwei Wochen lang allein lassen. Die beiden kommen nicht allein klar. Die flippen schon aus, wenn ich eine Stunde in Morrisons Supermarkt zum Einkaufen bin.«
    »Frankie und Roz zusammen im Urlaub? Ohne dich, die mit mir die Friedensrichterin mimt? Das meinst du doch wohl nicht ernst.« Ven zog die Augenbrauen hoch.
    »Findest du das nicht auch jammerschade?«, fragte Olive. »Ein blöder Knutscher, und so viel geht kaputt. Dabei können wir sogar alles hinbiegen, wenn wir bloß erzählen   …«
    Ven hob einen Finger und sagte streng: »Nein, Frankie hätte das erklären müssen, nicht wir.«
    »Sie hätte das niemals tun dürfen«, sagte Olive. »Und das habe ich ihr schon zig Male gesagt.«
    »Denkst du, ich nicht?«, seufzte Olive. »Ich weiß, was Frankie damit bezweckt hat, aber es war uns allen gegenüber unfair, nichts zu sagen. Was für eine selten beknackte Nummer.«
    »Ja, na ja, im Nachhinein ist man immer klüger. Jetzt müssen wir damit leben, Ol. Inzwischen herrscht viel zu lange Funkstille, als dass sich daran noch was ändern ließe«, sagte Ven. »Kannst du dir vorstellen, was los ist, wenn jetzt die Wahrheit rauskommt?«
    »Wahrscheinlich hast du recht.« Olive nickte betrübt.
    Eine lebenslange Freundschaft zerbrach, weil Frankie und Manus sich ein einziges Mal geküsst hatten. Vor lauter Schuldgefühlen hatte Manus es Roz gestanden und damit ihr ohnedies brüchiges Vertrauen in Männer endgültig zerstört. Die anderen wussten, dass Manus seit vier Jahren versuchte, es irgendwie wiedergutzumachen, nur leider kämpfte er dabei gegen eine ganzeArmee von Geistern aus Roz’ Ehe mit dem notorisch untreuen Robert Clegg.
    »Wenn es doch nur etwas gäbe, das diesen Bruch wieder kittet«, sagte Olive. »Das würde ich mir für dich zum Vierzigsten wünschen, damit wir vier wieder zusammen sind und nichts als Unsinn und Albernheiten im Kopf haben. So wie damals, als wir noch jung waren.«
    »Oh ja, das würde ich mir auch wünschen«, pflichtete Ven ihr bei. Sie öffnete den Mund, schloss ihn jedoch einen Moment später wieder, ohne noch etwas zu sagen. Sie hatte diese ganze Sache in die Hände der Götter gelegt. Nun musste sie darauf vertrauen, dass die gute Arbeit leisteten.
6. Kapitel
    Im Bus nach Hause betrachtete Olive den Scheck über fünfhundert Pfund. Nicht dass sie ihn einlösen würde. Ven hatte ihr das Geld gegeben, damit sie sich die passenden Sachen für eine Kreuzfahrt kaufte. Olive hatte den Scheck nur eingesteckt, weil sie ihre begeisterte Freundin beruhigen wollte. Nein, sie würde nicht mitfahren. Wie konnte sie? Selbst wenn sie sich wie durch ein Wunder an Bord des Schiffes wiederfinden sollte, würde sie krank vor Sorge, ob Doreen klarkam. Doreen war nicht gelähmt. Sie konnte ein bisschen gehen, nur fiel es ihr so schwer, dass der Rollstuhl unentbehrlich für sie war. Wer würde ihre Schwiegermutter waschen und ins Bett bringen? Dass es ihr eigener Sohn tat, war unzumutbar, von seinem schlimmen Rücken ganz abgesehen. Nein, Olive würde vierzehn Tage lang keinen Schlaf bekommen, weil sie sich Sorgen um die Familie machte und Angst vor dem hätte, was sie bei ihrer Rückkehr vorfinden könnte: Eine tote alte Frau in einem Rollstuhl, die bei ihrem Versuch, nach dem Glas zu greifen, das lebensrettende Wasser umstieß und elend verdurstete. Und ein halbtoter Mann in seinem Bett, der sich vor Schmerzen nicht einmal rühren konnte, als er die hilflosen Rufe seiner sterbenden Mutter hörte? Nein, sie würde nicht verreisen.
    Wie konnte sie wieder nach Kefalonia fahren? Wie sollte sie auf die Insel zurückkehren und möglicherweise das perfekte Bild zerstören, das sie noch immer mit sich herumtrug? Tanos war gewiss nicht mehr das kleine, unverfälschte Dorf, an das sie sich erinnerte. Dort gab es inzwischen sicher eine Disco und Karaoke-Bars. Es war viel zu hübsch dort gewesen, als dass die Touristikunternehmen den Ort nicht längst für sich vereinnahmt hätten. Die Rückkehr würde Olive allzu schmerzlich an ihren einzigen Traum erinnern, den sie sich je erfüllt hatte: einen heißen Sommer lang im Süden in einer Bar zu arbeiten. Damals war sie noch jung, mutig und frei gewesen. Sie hatte noch Lyon geheißen und die Kampfeslust einer Löwin besessen. Bis ihre Schuldgefühle wach wurden und ihr sagten, sie dürfte keinen Spaß haben, sondern sollte sich um ihre Eltern kümmern. Also hatte sie die Insel verlassen, sich wieder in ihr Leben aus Mühsal und Pflichterfüllung
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