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Leichte Turbulenzen - Roman

Leichte Turbulenzen - Roman

Titel: Leichte Turbulenzen - Roman
Autoren: C. Bertelsmann
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als ihm einfiel, dass Ivy die Luke vermutlich absichtlich geschlossen hatte.
    »Ich dachte, vielleicht haben Sie Angst vor … vor dem Fliegen.«
    »Es geht so.« Ivy grinste, bis ihr Blick auf einen schräg vor ihr sitzenden Passagier mit Baseballkappe und Turnschuhen fiel, der ganz offenbar betete. »Ich hab mir ein Ratgeber gegen Flugangst besorgt.« Ivy hielt das Buch hoch.
    »Und? Hat’s geholfen?«
    Ivy nickte. Er kam ihr seltsam vernagelt vor. Desmond lächelte verkrampft. »Sie tragen gar nicht mehr den … den Verlobungsring. Haben Sie ihn verloren?«
    Sie schüttelte langsam den Kopf. »Nein, er liegt zwischen den Polstern von meinem Sessel.«
    »Aha. Okay.« Desmond kniff die Lippen zusammen. Dieses Gespräch lief äußerst zäh. Er hatte sich ihr Wiedersehen wesentlich feierlicher oder zumindest zwingender vorgestellt. Womöglich hatte sie längst einen Freund, den sie heiraten wollte.
    Die Maschine setzte sich ruckend in Bewegung. »Wohin fliegen Sie?« Ivy zwang sich, sich nicht nach der Stewardess umzudrehen, sondern weiterhin blindlings auf die Technik und die Könnerschaft der Piloten zu vertrauen. Der betende Passagier schlug endlich wieder seine Augen auf, atmete tief und seufzend ein. Offensichtlich hatte er gerade mit seinem Leben abgeschlossen.
    »Nach Greensboro, zu meinen Eltern. Ihr neues Haus ist fertig. Das wollte ich mir mal ansehen.«
    »Okay.« Ivy zog die Augenbrauen hoch, um uneingeschränkte Anteilnahme zu demonstrieren. »Es ist bestimmt toll geworden.«
    Desmond wiegte den Kopf. »Jep. Das denke ich auch. Übrigens: Ihr Vincent ist auch ganz … äh … ganz … toll … geworden. Mir gefällt, was er mit seinen Armen macht, so als würde er zwischen seinen Händen einen Wasserball halten.«
    »Ja.« In Ivys Kopf rauschte es. Mit einem Schlag war sie ganz offenbar blöd geworden. Sie sah Desmonds Pianistenhände auf seinen Oberschenkeln liegen, so vieles hätte sie ihn gerne gefragt, doch alles schien ihr irgendwie nichtig. Um das Gespräch dennoch am Laufen zu halten fragte sie schließlich: »Und? Welchen Sport betreiben Sie?«
    »Wenn ich Zeit habe …«, er räusperte sich. »Wenn ich Zeit habe, jogge ich auf dem Laufband.« Desmonds Wimpern vibrierten. Dieses Gespräch war sogar für echte Hohlköpfe peinlich.
    Ivy nickte interessiert. »Ich frage nur deshalb, weil ich gerade bemerkt habe, dass Ihre Oberschenkel sehr muskulös sind.« Hatte sie das tatsächlich gesagt? Ihr limbisches System brach gerade zusammen. In ihr Blut wurde viel zu viel Adrenalin ausgeschüttet. Hätte ihr jemand einen Zettel untergeschoben, auf den sie ihren Namen hätte schreiben müssen, hätte sie nicht einmal gewusst, wie sie hieß. Aber dafür hätte sie bei vollem Bewusstsein am Herzen oder an irgendeinem anderen Organ operiert werden können, ohne Schmerzen zu verspüren.
    Desmond knibbelte nervös an seinen Fingernägeln herum. Früher, in der Highschool war er ein echter Nagelkauer gewesen. Was hätte er in diesem Moment dafür gegeben, an den Nägeln zu kauen, um sich nervlich zu beruhigen. Doch er schaffte es, die Hände im Schoß zu falten und sich zu disziplinieren. Keine Frau der Welt wollte mit einem Nagelkauer zusammen sein. Da wurde man sofort für unsicher gehalten.
    Ivys entsetzter Blick fiel auf seine Hände. Betete er nun auch?
    Die Turbinen heulten auf, die Maschine schoss die Startbahn hinunter. Ivy und Desmond wurden in ihre Sessel gedrückt. Es ging schneller und schneller. Ivy versuchte, sich sonst wohin zu denken, wo ihr nichts passieren konnte. Desmond starrte auf die Kopfstütze des Vordersitzes, so als würde auch er nichts Gutes erwarten.
    Ivy schloss die Augen. Würden sie beide sterben?
    Desmond wollte alles tun, damit sie sich sicher fühlte. »Wie heißen Sie denn eigentlich wirklich? Bei der Personalabteilung bei Madame Tussauds kennt man Sie nicht, zumindest nicht unter ihrem Namen. Ich habe mehrfach dort angerufen und wurde jedes Mal brüsk abgewimmelt. Ivy drehte ihren Kopf in Desmonds Richtung und schlug widerwillig die Lider auf. »Yvonne. Haben Sie das wirklich?«
    »Sicher habe ich das. Ich wollte Sie wiedersehen.«
    »Und warum haben Sie sich dann nicht vor den Eingang von Madame Tussauds gestellt, um mich abzufangen?
    »Ich habe dort auf Sie gewartet. Neben dem Hotdogstand!«
    »Wann?«
    »Na, morgens. Einen Tag nachdem wir uns im Flieger begegnet waren.«
    Ivy setzte sich auf. Mit einem Mal war sie hellwach. »Wirklich?«
    »Ich war um kurz nach acht da,
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