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Leichensache

Leichensache

Titel: Leichensache
Autoren: Norbert Horst
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    Viel hat die Besprechung ja nicht gebracht. War aber auch nicht zu erwarten, so am ersten Tag. Wenn es ’n Fremder ist, kann das ’ne lange Kiste werden. Der Schuh ist erst mal ganz interessant. Die Befragungen der Nachbarn muss ich mir gleich noch mal in Ruhe durchlesen.
    Die Sachspuren sind bei Atze ganz gut aufgehoben. Manchmal isser ja ein echter Tintenpisser, aber das ist hierbei gar nicht so schlecht. Dem geht jedenfalls nichts durch.
    Gestern Abend um diese Zeit hat sie noch gelebt. Hatte ja ’ne Figur wie aus dem Katalog. Na ja, hat ja auch viel Sport gemacht, sagt die Freundin. Ist aber irgendwie unerotisch, dieses Perfekte. Weiß ich auch nicht. So einheitsmäßig. Seelenlos. Kann ich nicht drauf.
    Wie der sich wohl hinterher gefühlt hat, abgespritzt hat er ja. Unsereins könnte ja schon manchmal hinterher aus dem Bett flüchten. Aber nach so einer Sache. Ob der das rafft, was da gelaufen ist, wenn die Geilheit weg ist? Wie dieser eine Typ letztes Jahr, der immer hinter Schlafzimmerfenstern gewichst hat und, wenn er fertig war, kotzen musste. Aber einen aufzuschlitzen ist schon ’n anderes Kaliber. Das sind echt so Steuerungen, wo die wohl ihren Ursprung haben. Die einen schlagen den anderen immer nur im Geist in die Fresse, die anderen drücken ihnen die Knispel zu. Ob da wohl ’n großer Abstand dazwischen ist? Sollte man vielleicht irgendwie kanalisieren. Jeder darf einmal im Jahr einen killen. Aber wen nimmt man da? Vielleicht ’n paar Politiker oder Bankdirektoren oder so.
    Ach vergiss es. Ich bin müde.
     
    Ulla hat die Tür offen. WDR II spielt irgendwas Italienisches, was sonst. Es riecht wie beim Griechen.
    »Hat die Schreibkraft die Anträge fürs LKA schon geschrieben?«
    Sie zeigt auf einen Stapel.
    »Nur die Vernehmung von der Gudrun Wierwich, der Mitbewohnerin, die ist noch auf Band.«
    Sie reicht einen Stapel Papier rüber. Die Berichte von den eingesetzten Kräften von S.
     
    Heute, gegen 00.40 Uhr, erhielt der 11/32 (Nahaus/Röper) von der Einsatzleitstelle einen Einsatz zur Schillerstr. 8, dort sei eine weibliche Person tot aufgefunden worden. Der Einsatzort wurde umge hend aufgesucht.
    In der Parterrewohnung links wurde der Notarzt Moritz 84/14 (Frau Dr. Schwarz) angetroffen. Außerdem befand sich dort die weiterhin wohnende Stu dentin
    Gudrun Wierwich, geb. 23.11.78 in Saarbrücken,
    wh. wie TO.
    In dem Raum, der hinten links vom Flur abgeht, lag auf einem Bett die teilweise bekleidete Leiche der
    Kerstin Baum, geb. 24.05.75 in Berlin,
    wh. wie oben.
    An der Leiche waren deutliche Zeichen von Gewalteinwirkung zu erkennen. Der Raum wurde von uns nicht betreten.
    Bei unserem Eintreffen befanden sich die Ärztin und ein Sanitäter noch an der Leiche. Der Tod war jedoch schon festgestellt.
    Nach Aussage der Mitbewohnerin Wierwich hatte sie beim Nachhausekommen gegen 00.25 Uhr einen Mann in der Wohnung angetroffen, der aus dem Zimmer des Opfers kam und, vermutlich aus Angst vor dem Hund der Zeugin, wieder im Zimmer des Opfers verschwand und hier mit großer Wahrscheinlichkeit durch die geöffnete Terrassentür floh. Die Zeugin Wierwich machte einen sichtlich angegriffenen Eindruck, konnte dennoch eine Täterbe schreibung abgeben.
    Demnach handelt es sich beim Verdächtigen um eine männliche Person, ca. 20-25 Jahre alt, ca. 185 cm groß, braune, kurze Haare, Schnurrbart, dunkle Oberbekleidung, vermutlich Jeanshose. Über die Einsatzleitstelle wurde umgehend eine Nahbereichsfahndung ausgelöst. Die Kriminalwache und der Dienstgruppenleiter wurden benachrichtigt. Die Benachrichtigung der Mordkommission wurde noch nicht veranlasst. Gegen 01.05 Uhr erschien ein Fahrzeug der K-Wache (Schmidbauer/Rösner) am Tatort. Nach Übergabe verstärkten Unterzeichner und POM Rösner die Fahndungskräfte.
     
    Das ging ja alles ganz fix. Wo der wohl abgeblieben ist? Vielleicht wohnt er ja doch hier. Oder er hat sich versteckt und ist erst morgens abgehauen, Gärten gibt’s da ja genug. Und hinten, nach der Biegung – klar.
    »Du, hinten, nach der Flussbiegung, ist da nicht ein Kleingartengelände?«
    Ulla nickt.
    »Das ist aber übern Fluss, und da gibt es weit und breit keine Brücke.«
    »Jetzt im Sommer kann man da doch durchwaten, die Pfütze. Außerdem hat es geregnet. Nass war der sowieso.«
    Sie zuckt mit den Schultern.
    »Aber ich glaube, die haben das mit abgegrast, steht in irgendeinem von den Vermerken da.« Pause. »Machst du noch lange? Ich glaub, ich fahr gleich.« Sie reibt
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