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Leichenroulette - Roman

Leichenroulette - Roman

Titel: Leichenroulette - Roman
Autoren: Random House
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kochen – fertig!« Das also war das raffinierte Geheimrezept von Mizzis begehrtem, mysteriösem Risotto. Mir war nicht zum Lachen zumute, doch ich nahm den Scherz gelassen hin, machte gute Miene zum bösen Spiel und lud Mizzi zum Saunieren in meinem neuen Badetempel ein.
    Die plötzlich so problematische Freundin meiner Jugendzeit kam, bewunderte mein Auto, meine Garderobe, einfach alles, und bat mich erneut um Geld, obwohl sie den ersten Betrag noch nicht zurückgezahlt hatte. »Du wirst es nicht glauben, aber mir geht es wirklich schlecht. Ich habe niemanden, den ich bitten kann, nur dich. Du hast schon so viel Trauriges erlebt, du verstehst mich, du wirst es mir nicht abschlagen, gell?« Dabei sah sie mich eigenartig frech, fast herausfordernd an. Bahnte sich da eine Erpressung an?
    In der Sauna musste ich mir dann zum x-ten Mal ihr Gejammer um das entfleuchte Ehegespons anhören. »Und weißt du, dass diese Therapeutin eine Wilderin war?« – »Was ist eine Wilderin?«, fragte ich erstaunt. »Na ja, in ihrer Freizeit pirscht sie ohne Jagdschein in Tiroler Wäldern und erlegt Rehe. Einmal hat man sie ertappt und verurteilt. Stell dir das einmal vor! In so eine Frau verliebt sich mein Trottel von einem Mann!« Ich heuchelte höfliches Erstaunen, doch nach dem, was ich selbst in den letzten Monaten erlebt hatte, wunderte mich nichts mehr.
    Wir duschten uns kalt, und Mizzi blieb noch einige Zeit sitzen, um sich bei dem Wechsel in die raue Winterluft nicht zu erkälten. »Sag mal, hast du nicht den Mag. Schmid gekannt, den, der nach einer Pilzvergiftung gestorben ist?«, fragte sie scheinbar beiläufig. Ich traute meinen Ohren nicht, antwortete jedoch vollkommen gelassen: »Nicht wirklich, er war ein Kollege in der Commerzbank, der mich – und dies wirklich schlecht – beraten hat. Er ist verstorben? Bist du sicher? Weißt du Näheres?«
    Mizzi erzählte mir daraufhin ausführlich, was ich schon über Flos Ende aus der Zeitung wusste. Ich lauschte atemlos. Kleine Entsetzensrufe entrangen sich mir. Meine Augen weiteten sich ob der schaurigen Tragödie. Ich hätte die Ausführungen mühelos mit noch schaurigeren Details ergänzen können, hütete mich aber selbstverständlich vor jedem Kommentar. »Der Mag. Schmid ist doch noch ziemlich jung gewesen?«, war alles, was ich glaubte gefahrlos von mir geben zu dürfen. »Ja, viel jünger als wir beide!«, meinte Mizzi. Sollte das eine Anspielung sein?
    Danach hatte ich selbstverständlich keine ruhige Minute mehr. Was wusste diese Frau? Und wie gefährlich konnte sie mir werden? Würden sich die verlangten Beträge steigern, bis ich nicht mehr bezahlen konnte? Oder war Mizzi nur blöd, aber harmlos und alles ein Zufall?
    Die mich plagenden Zweifel vergällten mir an den folgenden Tagen die Laune. Hin und her gerissen zwischen Angst und Optimismus, gewannen schließlich rationale Argumente die Oberhand. »Was könnte man mir beweisen? Im Fall des eingeäscherten Poldi gar nichts mehr. Bei Flo auch nicht. Es gab keine Verbindung zwischen seinem Ableben und meiner Wenigkeit. Unsere kurze Beziehung war doch schon Monate davor abgebrochen worden. Für unsere letzte – fatale – Begegnung gibt es überhaupt keine Zeugen! Und Hahn Peter? Das ist ja fast nicht mehr wahr, so lang liegt die Sache zurück! Auch vom Gesetz her ist das verjährt. Außerdem war ich minderjährig.«
    Ich beruhigte mich, schöpfte Hoffnung und übte mich in Gelassenheit. Mizzi sah ich auch weiterhin, sozusagen zu Beobachtungszwecken. Wir vertrugen uns gut, obwohl unsere Freundschaft andere Dimensionen angenommen hatte. Mir kam es vor, als ob wir einander belauerten in der Hoffnung, die Schwachstellen der anderen festzustellen.
    Zu diesem Zeitpunkt quälte mich schon seit Längerem eine hartnäckige Bronchitis, ich hustete erbärmlich und fühlte mich schlecht. Mir schien es das Beste, die Krankheit durch einen Klimawandel zu bekämpfen. Es gelang mir, Mizzi am wolkenlosen, kalten, aber sonnigen Stephanitag zu einem Ausflug nach Reichenau an der Rax, einen nur siebzig Kilometer von Wien entfernten Luftkurort am Fuß von Schneeberg und Rax, den hochalpinen Hausbergen der Wiener, zu überreden. Nach einer angenehmen Zugfahrt keuchten wir an der Talstation der Seilbahn die steile Treppe zur kleinen Abfahrtshalle hoch. »Zwei Seniorenfahrten, hin und retour«, verlangte ich forsch und in der Hoffnung auf ungläubigen Widerspruch. Das wettergegerbte Männchen an der Kasse warf einen Blick auf
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