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Leiche in Sicht

Leiche in Sicht

Titel: Leiche in Sicht
Autoren: Nancy Livingston
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sie festgestellt hatten, daß niemand an Bord
war. Aber Roge war anders. Er hatte keinen Respekt vor der Privatsphäre anderer
Leute... Er war neugierig... Und am nächsten Tag sagte er Matthew und mir, daß
er Elizabeth gesehen habe.»
    «Und Sie denken, daß er das tat, um
Matthew Shaw deutlich zu machen, daß er Bescheid wußte? Und daß er später an
ihn herantrat und versuchte, ihn zu erpressen?»
    «Ja.»
    «Einmal angenommen, Sie hätten recht,
dann wäre Mr. Harper sozusagen der einzige Stolperstein gewesen, denn ansonsten
war ja alles glattgegangen.» Ja, wie wahr, dachte Mr. Pringle, völlig glatt. Es
hatte eben eine kühl kalkulierende Person hinter dem Ganzen gestanden, sehr
viel raffinierter, als Matthew es war. Und dieselbe Person hat auch den Törn zu
Ostern angeregt, um festzustellen, ob er wirklich ein schlechter Segler
sei und vor allem — auch ausreichend kurzsichtig.
    «Mr. Harper brauchte also offenbar
Geld», stellte der Detective Inspector fest.
    Roge, Gill und Matthew — sie alle
hatten Geld gebraucht, dachte Mr. Pringle. Gill hatte sich entschieden, es sich
durch Betrug zu besorgen, Roge durch Erpressung, und Matthew hatte
eingewilligt, bei einem Mord mitzumachen, weil er Emma heiraten wollte. Sie
hatte gewußt, daß ihr Vater einen mittellosen Schwiegersohn nie und nimmer
akzeptiert hätte. Zwar hätte er eine Eheschließung zwischen ihnen nicht
verhindern können — die Zeiten waren vorbei —, aber er hätte Emma jegliche
finanzielle Unterstützung sperren können, und er war genau die Art Vater, die
von dieser Möglichkeit auch Gebrauch gemacht hätte. Mit Geld hätte also Matthew
nicht dienen können, Charlotte und Emma aber waren an Reichtum gewöhnt, und
besonders Emma hatte sich ein Leben ohne ein solides finanzielles Polster wohl nicht
vorstellen können. Mr. Pringles Gedanken schweiften wieder ab. Emma war
wirklich sehr clever gewesen... Sie hatte richtig erkannt, daß Elizabeth
umgebracht werden mußte, bevor sie ihr Vermögen erbte, hätte man sie
hinterher ermordet und Matthew wäre ihr Erbe gewesen, so wäre er einer viel zu
gründlichen Untersuchung ausgesetzt gewesen. Doch wenn man es vorher tat...
Bestimmt war sie es gewesen, die entschieden hatte, daß sich Matthew mit
weniger würde zufriedengeben müssen: mit einem Haus, in dem eine Reihe
kostbarer Bilder hing und zu dem ein Bootshaus mit Dingi gehörte, mit einem
teuren Auto... Alles Sachen, die sich leicht in Bargeld umwandeln ließen und
Matthew so mit dem nötigen Kapital ausstatten würden. Alles danach wäre das
reine Kinderspiel gewesen. Sie hätte, nachdem Matthew erst einmal in die Firma
ihres Vaters eingetreten wäre, schon dafür gesorgt, daß er dort aufgestiegen
wäre. Eigentlich, dachte Mr. Pringle, war gar nicht er der Judas. Matthew war
derjenige, der sich hatte kaufen lassen.
    «Wir müssen natürlich noch das Ergebnis
einer neuen Autopsie abwarten», sagte der Detective Inspector. «Wir haben uns
deswegen bereits mit Dr. Morgan in Verbindung gesetzt. Ich denke, das war jetzt
alles, was wir heute abend tun konnten — Vorsicht, Sergeant!» Der Sergeant war
beim Aufstehen an den Plastikschlauch gestoßen, an dem Mr. Pringles
Infusionsflasche hing. «Schwester, schnell! Wir haben Ihren Patienten von der
Blutzufuhr abgeschnitten!»
     
    «Meinst du nicht, daß ein Eisenelixier
besser wäre?» fragte Mrs. Bignell und warf einen skeptischen Blick auf das
komplizierte Gestell, das die Infusionsflasche jetzt schützte. «Ich meine, man
hört doch heute immer wieder, daß die Blutkonserven mit irgendwelchen
scheußlichen Bakterien verseucht seien. Die Flasche da ist übrigens schon fast
leer.»
    «Rühr sie lieber nicht an. Das löst
womöglich Alarm aus.» Er konnte jetzt verständlich sprechen, aber zu welchem
Preis! Mavis betrachtete ihn bekümmert.
    «Dein Schnurrbart sieht ja wirklich
sehr mitgenommen aus. Warum haben sie ihn denn stückweise abrasiert?»
    «Sie haben ihn gar nicht abrasiert. Sie
haben ihn mir Haar für Haar ausgerissen, als sie das Pflaster abnahmen.» Die
Schwester war wütend auf ihn gewesen. Sein Schreien habe die Thrombose hinten
rechts verstört.
    «Glaubst du, daß er wieder nachwächst?»
    «Ich habe keine Ahnung, so etwas
passiert mir zum erstenmal.» Wenigstens hatten sie ihm inzwischen ein
Einzelzimmer gegeben. Die Schmerzen waren so unerträglich gewesen, daß er mit
einem Aufstand gedroht hatte, wenn sie ihm nicht die Möglichkeit gaben zu etwas
mehr Ruhe. Bildete er es sich
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