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Lebensabende & Blutbaeder

Lebensabende & Blutbaeder

Titel: Lebensabende & Blutbaeder
Autoren: Manfred Rebhandl
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Mäuseschrei gegen die Koloratur vom Biermösel anhören täte. Da will er nicht ausschließen, dass sie ihn heute sogar drüben in China hören. Gebe Gott, dass sie ihn nicht auch schon riechen können!
    Wie ihm jetzt ein weiterer sehr schöner auskommt, aber wirklich ein sehr schöner, klammert er sich an die Erstkommunions-Bibel, die auf seinem Nachtkasterl liegt, und er denkt an das Dichterwort:
    „Windbauch, Windbauch, alles ist Windbauch!“
    Es werden nicht nur die letztendlich doch acht Portionen vom Schweinsbraterl gewesen sein, die ihn gar so herarbeiten, und nicht nur die in der Summe vierundzwanzig doppelten Marillenen, die ihn am Schlaf hindern. Es wird wohl auch die fünfte Cremeschnitte ihren Beitrag leisten, die es nach dem Gulasch zum Drüberstreuen dann doch noch unbedingt hat sein müssen, wie die „Zeit im Bild 1“ schon lange vorbei war. Alles das miteinander und übereinander sucht sich jetzt in den Irrungen und Wirrungen vom Biermösel seinen Gedärmen einen Platz nahe am Ausgang, den wiederum die renitenten Knödeln versperren. Alles gut eingeschmiert vom Bratlfett und nur zögerlich aufgeweicht vom Marillenen. Einer von den Fäkalkünstlern, denkt sich der Biermösel, wie er sich den schmerzenden Bauch hält, hätte heute eine schöne Freude mit ihm, wenn er ihn mit seinem Säbel anstechen könnte. Eine gewaltige Sauerei täte der Inhalt vom Biermösel heute ergeben, als Wandgemälde sicher ein Gedicht!
    Kann es sein, fragt er sich, dass er das Zeug zum Kunstwerk hat?
    Es zwickt und drückt ihn unten herum jedenfalls überall, und wurscht ob er sich auf die eine Seite dreht oder auf die andere, der Biermösel und sein Körper finden heute einfach nicht zusammen. Wie der Kampfhund und die Siamkatze im engen Käfig sind die zwei heute miteinander, wie der Arsch und der Friedrich. Und wenn er nicht bald aus den Federn kommt und das Fenster aufreißt, kann er sich aussuchen, ob er an den Gasen ersticken oder am inneren Aufruhr zugrunde gehen will, such es dir halt aus, Biermösel!
    „Windbauch, Windbauch, es rumort gewaltig im Windbauch!“
    Dass es jetzt draußen über den gewaltigen Baumwipfeln auch noch blitzt wie bei einer Radarkontrolle und donnert wie beim Geröllschlag, das jagt ihm dann zusätzlich noch die große Angst ein, weil er gar so alleine in seiner Kammer liegt und niemanden hat zum Anhalten. Nur die kalte und gefühllose Gespielin Einsamkeit liegt wieder bei ihm unter der Decke, seine treue Begleiterin. Sie streichelt ihn mit ihren eisigen Fingern, wie sie es schon damals im Schlafsaal oben in der Gendarmerieschule in Linz getan hat, wenn er am Wochenende immer als Einziger daheim geblieben ist und aus seinem Kofferradio das „Wunschkonzert der Volksmusik“ gehört hat, während die anderen allesamt ausschweifen gegangen sind.
    Verachtet hat er seine Kameraden damals, weil sie ihr Geld zum Fenster hinausgeschmissen haben, wo er vernünftig war und auf die Triumph gespart hat! Aber wie dann nach und nach ein jeder von denen in den Hafen der Ehe übergesetzt hat, während er immer noch alleine war, hat es ihm schon gedämmert, dass er wieder einmal auf das falsche Pferd gesetzt hat, aber auf das komplett falsche! Ein Moped haben sich die anderen dann nämlich auch alle gekauft, nur dass sie auch eine Braut hinten drauf gehabt haben, mit der sie die Überfahrt genommen haben! Und er? Die Einsamkeit ist nach wie vor seine Gattin, der Schmerz immer noch seine Geliebte.
    Da muss der Biermösel gleich wieder an den Lebensabend denken, von dem er sich im Detail gar nicht ausmalen möchte, was der an Sinnleere alles bringen wird. Aber wenn die Nacht lang wird, dann geht der Mensch erst recht ins Detail. Und was er jetzt dort im Detail sieht, das lässt ihn schaudern:
    Er und der Grasmuck und wie es heute ausschaut auch die Roswitha und der Mallinger samt Bürgermeister werden gemeinsam einsam übersetzen ins Siechenheim nach Goisern. Wahrscheinlich alle miteinander in eine Kammer gepfercht neben der vom alten Biermösel, oder besser gesagt: Neben dem, was von ihm dann noch als Rest übrig geblieben sein wird.
    Das wird nicht mehr viel sein, malt sich der Biermösel jetzt den Rest vom alten Biermösel in allen Farben mit Schwerpunkt Blutrot aus, weil die moderne Chirurgie ja heute lieber absägt, als dass sie heilt!
    Da wäre der Biermösel gerne in den Tiefschlaf gefallen, weil er das alles nicht mehr sehen will, was er sich zusammenphantasiert. Eigentlich wäre er am liebsten
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