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Lebe deine eigene Melodie

Lebe deine eigene Melodie

Titel: Lebe deine eigene Melodie
Autoren: Irmtraud Tarr
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Dinge klargeworden, ich habe mich in Riesenschritten in eine ganz neue Richtung bewegt, von der ich überzeugt bin, dass es die richtige ist.«
    Wie diese Frau haben wir die Wahl, ob wir uns Neuem, Ungewohnten aussetzen, ob wir uns zu Wort melden und neue Eindrücke, Wahrnehmungen, Empfindungen merken dürfen, statt im starren Netz von Orientierungspunkten zu verharren und neue Erfahrungen zu verhindern. Wer fühlen und merken darf, erlebt auch viel. Und wenn die Sprache des Erlebens differenzierter wird, so wird es auch der Horizont unseres Erlebens.
    Oft ermöglicht dieses Merken-dürfen in einer festgefahrenen Entwicklung den längst fälligen Bruch, weil man sich plötzlich wundern kann: Warum laufe ich immer in den stets gleichen Bahnen, in den gleichen Ritualen? Staunen lehrt uns wie die Kinder vorzugehen, die die Offenheit besitzen: Was gibt es? Wie geht das? Ich will es auch wissen. Ich will es ausprobieren.
    Ich genieße es, Kindern zuzusehen, wenn sie spielen. Sie bremsen sich nicht durch diese »Wenns« und »Abers«, mit denen wir Älteren uns von vornherein beschneiden. Warum sollten wir nicht das Risiko eingehen, belächelt zu werden, wenn wir unseren Eindrücken, Empfindungen unmittelbar Ausdruck verleihen? Es lohnt sich, ernst zu nehmen, was sich in uns zu Wort meldet, weil es wieder zu uns selbst führt. Am schönsten lässt sich diese Erfahrung am Meer erleben. Wir staunen über den Rhythmus der Wellen, den Wechsel von Ebbe und Flut, die Einfachheit der Wellenformen, die auch unser Denken einfacher machen. Wir staunen
über die Weite, die Stille, die auch uns weit und still werden lässt. Oder wir gehen im Wald spazieren, lauschen dem leisen Rauschen der Bäume und unsere Seele stimmt ein in ihren Gesang. Was ursprünglich und einfach ist, berührt uns und bringt uns ins Staunen. Was lebendig, weit und still ist, führt uns zu uns selbst zurück.
    »Das Glück des Staunens gibt das beste Argument«, fand schon Michel de Montaigne.

Freunde antworten
    Bei einem Freund läutet das Telefon, und auf dem Anrufbeantworter ist die Stimme einer Frau zu hören: »Nimm ab, wenn du da bist!« Das ist einer der Sätze unserer Zeit, die fast alltäglich geworden sind. Man kann heute nicht einfach jemanden anrufen und Antwort erwarten. Man weiß ja, dass man selbst auch nicht immer antwortet, obwohl man da ist. Also akzeptiert man, dass man ignoriert wird. Menschen sind da und doch nicht da. Sie sind da, aber sie antworten nicht. Unsere Welt ist keine antwortende Welt mehr. Wenn wir einander rufen, hat dies nicht mehr dasselbe Gewicht wie früher. Umso wichtiger werden deshalb Menschen, auf deren Antwort wir zählen können: unsere Freunde. Wie soll man denn sonst all die Seelenarbeit, die ansteht, allein schaffen? In den Jahren begreifen wir allmählich, wie wichtig Freunde und Freundschaft sind. »Die Zentrierung auf die Familie sollte überwunden werden«, schreibt die Psychologin Ursula Nuber. Denn unsere seelische Weiterentwicklung hängt in hohem Maße davon ab, wie tragfähig, lebendig und interessant das Netz unser freundschaftlichen Beziehungen geknüpft ist, zu dem wir gehören. Waren es früher Eltern und Familie, so erleben wir jetzt, dass es auch ein Glück außerhalb des Familiären gibt.
    Das Bewusstsein für Freundschaft wächst mit dem Alter. Manche von denen, die »unsere« waren, sind gegangen. Der Impuls, vergangene Geschichten zu erinnern, wird stärker. Vielleicht weil wir jetzt deutlicher spüren, wie viel in unserem Leben erst durch andere möglich wurde. Eine Frau erzählt: »Nun treffe ich mich wieder mehr mit meinen Freundinnen, eigentlich ist es wie früher: wir gehen zusammen wandern, schwimmen, Rad fahren, frühstücken oder
in die Kneipe. Nur sprechen wir heute über andere Dinge als früher. Zu meinem Erstaunen reden wir viel mehr über die gemeinsame Vergangenheit als über Männer. Die sind eigentlich ziemlich nebensächlich geworden. Wer mag schon permanent die Ode an die Männer hören?«
    Die Vorstellungen von Freundschaft verändern sich mit den Jahren. Schon die Unterscheidung zwischen Instantfreundschaften, flüchtige »friendships«, Wegwerffreundschaften, beste Freunde, Freunde fürs Leben enthält versteckte Hinweise auf Lebensalter. In der Kindheit gab es die Spielfreundin, die Schwimmfreundin, die Kinofreundin, die Skilauffreundin, dann die Schulfreundin, die Freundin, mit der man gemeinsam Schule schwänzte, die Beste, die Trösterin, die Busenfreundin und später die
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