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Leaving Paradise (German Edition)

Leaving Paradise (German Edition)

Titel: Leaving Paradise (German Edition)
Autoren: Simone Elkeles
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Geduld.«
    Schließlich verkündet Robert, dass er fertig sei. Während ich meine Trainingshose wieder anziehe, notiert er etwas in meiner Akte. Sein Stift bewegt sich schneller über das Papier, als ich reden kann.
    »Was schreibst du da?«, frage ich verunsichert.
    »Ich halte nur deine Fortschritte fest. Ich hätte gern, dass Dr. Gerrard bei deiner Therapiesitzung nächste Woche anwesend ist.«
    Keine Panik, Maggie, beruhige ich mich. »Warum?«
    »Ich würde dein Programm gern etwas aufpeppen.«
    »Das klingt gar nicht gut.«
    Robert klopft mir auf den Rücken. »Keine Bange, Maggie. Wir müssen uns nur ein Trainingsprogramm überlegen, das du in Spanien auch ohne mich machen kannst.«
    Physiotherapie in Spanien? Das entspricht nicht ganz dem, was ich mir ausgemalt hatte, auf der anderen Seite des Atlantiks zu tun. Robert erzähle ich davon lieber nichts. Stattdessen schenke ich ihm ein schwaches Lächeln.
    Nach meinem Termin mache ich mich auf den Weg zu Auntie Mae’s Diner, wo meine Mum arbeitet. Ich weiß, es ist nichts Tolles, aber sie brauchte einen Job, als mein Dad uns vor zwei Jahren verlassen hat. Ihr Boss, Mr Reynolds, ist ziemlich nett und hat ihr viel freigegeben, als ich im Krankenhaus war. Wir sind nicht reich, aber wir haben ein Dach über dem Kopf und Auntie Mae’s Essen im Bauch.
    Ich setze mich an einen Tisch und Mom geht in die Küche, um mir mein Abendessen zu holen. Ich bin im Begriff, mein Buch aufzuschlagen, als ich aus den Augenwinkeln Danielle, Brianne und meine Cousine Sabrina ins Restaurant kommen sehe. Mann, sie sehen so … perfekt aus.
    Ich war früher mit Danielle und Brianne befreundet. Leah Becker und ich verbrachten unsere ganze Zeit mit ihnen. Wir vier waren in der Tennismannschaft unserer Schule und unzertrennlich, seit wir im Alter von neun Jahren unsere erste Tennisstunde gehabt hatten. Sabrina war die Außenseiterin, die Unsportliche. Ich erinnere mich daran, wie Mum mich immer nötigte, Sabrina mitzuschleppen, wenn ich mit meinen Freundinnen ausging.
    Der Unfall hat ganz Paradise auf den Kopf gestellt. Als Caleb mit mir zusammenstieß, hat er nicht nur mein Bein zerstört, er zerstörte außerdem meine Freundschaft mit seiner Zwillingsschwester Leah und Moms Freundschaft mit Mrs Becker. Zwischen unserem Haus und dem der Beckers steht jetzt ein unsichtbarer Zaun, während wir früher tagtäglich beieinander ein und aus gingen.
    Zuerst hatte ich gar keine Zeit, Leah zu vermissen; im Krankenhaus klingelte mein Telefon ununterbrochen. Mom nahm meine Anrufe entgegen und drängte mich, die Gespräche kurz zu halten, damit ich mich ganz aufs Gesundwerden konzentrieren konnte. Aber als die Monate ins Land gingen, wurden die Anrufe weniger und hörten schließlich ganz auf. Für alle anderen ging das Leben weiter, während ich zu Hause blieb und mich erholte.
    Sabrina kam regelmäßig vorbei und hielt mich über den Schulklatsch auf dem Laufenden. Jetzt ist meine Cousine eng mit Brianne und Danielle befreundet, was total seltsam ist, weil sie ihr vor dem Unfall nicht mal die Uhrzeit genannt hätten.
    Ich habe Sabrina nicht nach Leah gefragt … und Sabrina hat mir von sich aus nichts über sie erzählt. Leahs Bruder musste meinetwegen ins Gefängnis. Ich bin mir sicher, dass sie mich deswegen hasst. Über Nacht haben wir uns von besten Freundinnen in vollkommen Fremde verwandelt.
    Jedes Mal, wenn ich daran denke, dass ich am Montag wieder zur Schule gehen werde, schlägt mein Magen Saltos. Ich bin wegen der Infektion, die sich nach der ersten OP in meinem Bein ausgebreitet hat, fast das gesamte Juniorjahr von Hauslehrern, die das Schulamt engagiert hat, unterrichtet worden. Jetzt bin ich ein Senior. Ich weiß nicht, was schlimmer sein wird: die Tatsache, das Haus verlassen zu müssen, oder die, zur Schule zu gehen und mich von allen anstarren lassen zu müssen. Was ist, wenn ich Leah begegne? Was soll ich zu ihr sagen?
    Meine Cousine und meine früheren Freundinnen stehen am Empfangstresen und warten darauf, einen Tisch zugewiesen zu bekommen. Zugegeben, das sind die Momente, in denen ich mir wünsche, Mom würde nicht kellnern. Normalerweise stört es mich nicht, dass sie eine pinkfarbene Polyesteruniform trägt, an die ein Button mit dem Spruch Fragt mich nach meinen Doppeldeckern gepinnt ist. Aber heute setzt die Tatsache, dass sie meine früheren Freundinnen bedient, allem die Krone auf – und weckt in mir den Wunsch, mich unter dem Tisch zu verkriechen.
    Mom kommt mit meinem
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