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Leaving Paradise (German Edition)

Leaving Paradise (German Edition)

Titel: Leaving Paradise (German Edition)
Autoren: Simone Elkeles
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Aufmerksamkeit. »Nichts für ungut, aber ich will nie wieder hierher zurückkommen. Ich habe einen Riesenfehler gemacht, einen, der mich Tag und Nacht verfolgt, seitdem ich hier bin. Bitte … lassen Sie mich einfach nach Hause gehen.« Zum ersten Mal in meinem Leben bin ich versucht, vor jemandem zu kriechen.
    Stattdessen lehne ich mich zurück und warte auf die nächste Frage.
    »Mr Becker, bitte warten Sie draußen, während wir unsere Entscheidung treffen«, sagt die Frau mit der Brille.
    Und da ist es vorbei. Einfach so.
    Ich stehe auf dem Flur. Ich bin normalerweise nicht der Typ, der unter Druck zusammenbricht, und das letzte Jahr im Gefängnis hat mich zweifellos mit einer unsichtbaren Rüstung ausgestattet, die mich vor allem abschirmt. Aber darauf zu warten, dass eine Gruppe Fremder über dein Schicksal entscheidet, ist mega-nervenaufreibend. Ich wische Schweißtropfen von meiner Stirn.
    »Kein Bange«, sagt Jerry, der Wärter. »Falls du sie nicht überzeugt hast, bekommst du in ein paar Monaten vielleicht noch eine Chance.«
    »Na toll«, murmle ich, nicht im Mindesten beruhigt.
    Jerry gluckst, die glänzenden silbernen Handschellen an seinem Gürtel klirren bei jeder seiner Bewegungen aneinander. Dem Typen gefällt sein Job viel zu sehr.
    Wir warten eine halbe Stunde darauf, dass jemand aus dem Zimmer kommen und mir sagen wird, wie es jetzt weitergeht. Freiheit oder noch mehr Zeit im Knast?
    Ich habe es satt, nachts in meine Zelle geschlossen zu werden.
    Ich habe es satt, in einem Stockbett zu schlafen, dessen Sprungfedern sich in meinen Rücken bohren.
    Und ich habe es satt, vierundzwanzig Stunden nonstop von den Wachen, dem Personal, den Kameras und den anderen Insassen beobachtet zu werden.
    Die Frau mit der Brille öffnet die Tür. »Mr Becker, wir wären so weit.«
    Kein Lächeln. Ist das ein schlechtes Zeichen? Ich wappne mich gegen unerfreuliche Neuigkeiten. Dann stehe ich auf und Jerry klopft mir auf den Rücken. Aus Mitleid? Weiß er etwas, das ich nicht weiß? Die Ungewissheit macht mich fertig.
    Ich setze mich zurück auf den Metallstuhl. Sämtliche Augen sind auf mich gerichtet. Massiver Kerl faltet seine Hände auf dem Tisch und sagt: »Wir sind uns alle einig, dass Ihr Verhalten, was den Unfall im letzten Jahr angeht, auf das Schärfste zu verurteilen ist.«
    Das weiß ich. Das weiß ich wirklich.
    »Aber wir glauben, dass es ein einzelner Vorfall war, der sich nicht wiederholen wird. Sie haben im Zusammenleben mit den anderen Insassen Führungsqualitäten bewiesen und die Ihnen zugewiesenen Arbeiten gewissenhaft erledigt. Der Bewährungsausschuss hat beschlossen, Sie zu entlassen und Sie die restliche Strafe durch einhundertfünfzig Sozialstunden ableisten zu lassen.«
    Bedeutet es das, was ich glaube? »Entlassen? Heißt das, ich kann gehen?«, frage ich den massigen Kerl.
    »Sie werden sich morgen früh mit Ihrem Eingliederungscoach treffen. Er wird für Sie arrangieren, wo Sie Ihre Sozialstunden ableisten, und uns über Ihre Fortschritte auf dem Laufenden halten.«
    Ein Typ aus dem Ausschuss zeigt mit seinem manikürten Finger auf mich. »Wenn Sie das hier verbocken, kann Ihr Eingliederungscoach ein Gesuch beim Richter einreichen, Sie wieder herzuschicken, damit Sie den Rest Ihrer Strafe absitzen. Haben Sie das verstanden?«
    »Ja, Sir.«
    »Wir kennen keine Gnade mit Wiederholungstätern. Gehen Sie nach Hause, lassen Sie sich nichts mehr zuschulden kommen, leisten Sie Ihre Sozialstunden ab und führen Sie ein gutes, sauberes Leben.«
    Schon kapiert! »Das werde ich«, sage ich.
    Als ich in meine Zelle zurückkomme, ist als einziger der neue Junge da. Er ist zwölf und heult immer noch in einer Tour. Er hätte vielleicht besser einmal nachgedacht, bevor er dem Mädchen, das nicht mit ihm auf den Schulball gehen wollte, ein Messer in den Rücken gerammt hat.
    »Hörst du irgendwann auch mal auf zu heulen?«, frage ich ihn.
    Er hat das Gesicht in seinem Kissen vergraben. Ich glaube nicht, dass er mich gehört hat. Doch dann vernehme ich ein gedämpftes: »Ich hasse es hier. Ich will nach Hause.«
    Ich wechsle in meine Arbeitsschuhe, weil ich zu meiner großen Freude heute die Müllcontainer schrubben darf. »Yeah, ich auch«, sage ich. »Aber du steckst hier fest, also kriegst du dich am besten endlich ein und findest dich damit ab.«
    Der Junge setzt sich auf, schnieft und wischt sich mit dem Handrücken den Rotz ab. »Wie lange bist du schon hier?«
    »Fast ein Jahr.«
    Das wirft ihn
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