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Leander und der tiefe Frieden (German Edition)

Leander und der tiefe Frieden (German Edition)

Titel: Leander und der tiefe Frieden (German Edition)
Autoren: Thomas Breuer
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leichtgängig und geräuschlos – Leanders
Großvater hatte offensichtlich im Herbst alles gut in Schuss gebracht, auch
wenn Leander nun ein muffiger Geruch ungelüfteter Räume entgegenschlug. Doch
daran konnte er sich jetzt nicht aufhalten. Die nächstliegende Zimmertür war
halb geöffnet, so dass er in eine Art Vorratsraum mit Regalen an den Wänden
blicken konnte. Hier war alles ganz normal. Vom schmalen Flur aus führte eine
steile Treppe nach oben.
    »Sehen Sie bitte im Schlafzimmer nach, Frau Husen«, forderte
Leander die Frau auf, die ungewöhnlich zurückhaltend war und angesichts der
unüblichen Situation fast eingeschüchtert wirkte.
    Während sie die Treppe erklomm, folgte Leander dem Flur bis zum
Wohnzimmer auf der linken Seite. Auch dieses lag verwaist da, ebenso wie die
Küche gegenüber. Weitere Räume gab es hier unten nicht. An der Haustür stieß er
wieder auf Frau Husen, die kopfschüttelnd von oben kam.
    »Das Bett ist so unberührt, wie ich es gestern morgen
hinterlassen habe«, erklärte sie und fügte schnell hinzu: »Gestern hatte ich
meinen wöchentlichen Putztag und habe das Bett frisch bezogen.«, um jedes
mögliche Missverständnis gleich im Keim zu ersticken.
    »Das heißt, mein Großvater war die ganze Nacht nicht zu
Hause?«, wunderte sich Leander. »Haben Sie eine Ahnung, wo er sein könnte? Er
erwartet mich schließlich heute.«
    »Vielleicht auf seinem
Kutter«, überlegte Frau Husen, die offensichtlich erschrocken war. »Wir hatten
Sturmflut gestern, und vielleicht wollte er sehen, ob alles richtig vertäut
war.«
    »Sie meinen, er könnte die Nacht auf dem Kutter verbracht
haben?«
    »Manchmal macht er das, im Sommer, aber in dieser Kälte …«
    Frau Husens Habichtgesicht war noch blasser geworden, als es
ohnehin schon immer war. Einen Moment lang glaubte Leander, sie festhalten zu
müssen, aber sie fing sich glücklicherweise selbst am Geländer ab, fasste sich
sofort wieder und richtete sich auf.
    »Sie sollten sofort nachsehen«, erklärte sie. »Hoffentlich ist
Hinnerk nichts passiert!«
    »Ich stelle nur schnell meine Koffer in den Vorratsraum, dann
fahre ich gleich zum Hafen«, versprach Leander. »Der Wagen muss ohnehin von der
Straße weg.«
    Frau Husen schlüpfte an ihm vorbei und eilte zurück zu ihrem
Haus. Leander ging zum Auto und begann mit dem Ausladen. Die Koffer verstaute
er, so gut es ging, im Vorratsraum, schloss dann die Haustür ab und setzte sich
wieder in seinen Volvo. Er musste den Wagen verkehrswidrig zurücksetzen, da vor
ihm die Fußgängerzone nur zum Be-und Entladen befahren werden durfte. Wie
andere Leute mit Auto dieses Problem angingen, war ihm schleierhaft, aber
vielleicht waren die Insulaner klug genug, gar nicht erst mit dem Auto in die
Einbahnstraßen rund um die Fußgängerzone zu fahren, oder sie setzten sich
einfach über die Fußgängerzonenregelung hinweg. An der nächsten Seitengasse
wendete er sein Fahrzeug und fuhr zurück zur Badestraße und von da zum
Großraumparkplatz im Heymannsweg, auf dem man gebührenfrei parken durfte. Der
vordere Bereich war dicht besetzt – Urlauber mögen keine weiten Wege – aber
weiter hinten zum Binnendeich hin war alles frei. Leander parkte sein Auto,
schloss es ab und machte sich zu Fuß auf den Weg zum Hafen.
    Das innere Hafenbecken lag
gegenüber dem Schutzdeich, der die Innenstadt bei Sturmfluten sichern sollte.
Hier waren einige Krabbenkutter vertäut, die ihrer Kennung nach aus Dagebüll
und Wyk stammten. Auch ein Kutter aus Wittdün auf Amrum lag hier, auf dem drei
Fischer Netze sortierten, Kisten stapelten und mit einem langstieligen
Schrubber abwechselnd ins Hafenwasser fuhren und dann das Deck schrubbten. Das
Boot seines Großvaters, die Haffmöwe , entdeckte Leander nicht. Er ging
am Hafenbecken entlang auf die Ausfahrt zu, aber auch hier war weit und breit
nichts von der Haffmöwe zu sehen. Vielleicht konnte ihm der Hafenmeister
weiterhelfen.
    Der Mann hinter dem schweren Schreibtisch sah aus, wie man sich
gemeinhin einen alten Seebären vorstellt, die Kapitänsmütze schief auf dem strubbeligen
Kopf und die schmutzig qualmende Pfeife mitten in den gelb verfärbten Vollbart
gesteckt. Leander grüßte freundlich und machte ein paar Schritte auf ihn zu.
    »Moin«, entgegnete der Hafenmeister schroff und schaute Leander
misstrauisch an, als erwarte er nur Schlechtes, wenn zu früher Stunde ein
Fremder so forsch sein Büro betrat.
    »Mein Name ist Leander, Henning Leander. Ich bin auf der
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