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Leander und der tiefe Frieden (German Edition)

Leander und der tiefe Frieden (German Edition)

Titel: Leander und der tiefe Frieden (German Edition)
Autoren: Thomas Breuer
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nach meinem Großvater. Seine Haushälterin meint, er könnte auf seinem Kutter
sein, der Haffmöwe , aber ich kann das Boot nirgendwo finden. Wissen Sie
vielleicht, ob er heute Morgen ausgelaufen ist?«
    Der Hafenmeister nahm die Pfeife aus dem Mund und lehnte sich
zurück, ohne seine misstrauischen Augen von Leander zu lassen.
    »So, der Enkel vom ollen Hinnerk sind Sie? Dann sollten Sie
sich mal mehr um ihn kümmern, damit er nicht auf solche Schnapsideen kommt.«
    Leander blickte den Hafenmeister fragend an. Der erhob sich von
seinem Stuhl und trat an ein kleines Fenster, das auf den Außenhafen gerichtet
war. Mit dem Pfeifenstiel deutete er hinaus in Richtung Langeneß.
    »Da ist er raus gestern, mitten im Sturm. Ich sach zu meinen
Leuten: Ja, spinnt der denn, der Hinnerk? Da war er auch schon am Leuchtfeuer
vorbei. Hat es ganz schön eilig gehabt, der Alte. Wollte woll nach Wittdün und
dann heute gleich raus zu den Sandbänken. Wird ja allerhand angespült da
draußen nach so einem Sturm.«
    Er steckte die Pfeife wieder in den Mund und fuhr kopfschüttelnd
zwischen zusammengebissenen Zähnen fort: »Sollte er nich machen, so was, in seinem
Alter und denn ganz allein.«
    »War er denn allein?«, hakte Leander nach. »Es arbeiten doch
zwei Männer auf seinem Kutter.«
    »Im Winter nich, da is Ruhe mit’n Krabbenfang. Da gehn die
stempeln, die Jungs. Erst im Frühjahr geht das wieder los mit den Krabben.«
    Leander dachte einen Augenblick nach. Die Sache war doch sehr
merkwürdig, zumal er seinen Großvater als überaus vorsichtig und überlegt
kennengelernt hatte.
    »Dann müsste er ja die Nacht über in Wittdün gelegen haben.
Können Sie mal den dortigen Hafenmeister anrufen und nachfragen? Ich mache mir
ernsthaft Sorgen, weil er mich eigentlich heute Morgen erwartet hat.«
    Der Hafenmeister zog an seiner Pfeife, paffte dichten Rauch aus
und schaute Leander durchdringend an. Dann schlurfte er zum Telefon. Von dem
nun folgenden Gespräch verstand Leander kein Wort. Friesisch-Platt war schon
schwer genug, aber auf den Inseln sprachen die Leute ein jeweils spezifisches
Kauderwelsch, das für Außenstehende nicht zu entschlüsseln war. Hier war es
Föhringisch-Platt, oder Fering, wie die Feringer sagten.
    Als der Hafenmeister den Hörer wieder aufgelegt hatte, steckte
er gleich wieder die Pfeife in den Mund und sog heftig daran, um sie nicht
ausgehen zu lassen. Dabei nickte er vielsagend mit dem Kopf, so dass Leander
schier der Kragen zu platzen drohte.
    »Und?«, erkundigte der Kommissar sich ungeduldig. »Was sagt Ihr
Kollege?«
    »Da war er nich, der Hinnerk. Is gar nich angekommen da.«
    »Kann er gestern gleich zur Sandbank rausgefahren sein?«
    »Unmöglich«, der Hafenmeister schüttelte seinen dichten Bart,
»so’n Kutter wie die Haffmöwe ist zu klein und zu leicht. Die braucht im
Sturm einen Schutzhafen, und der olle Hinnerk ist ein Seebär, der weiß das.«
    »Wieso ist er dann überhaupt rausgefahren?«, überlegte Leander,
erntete aber nur ein Schulterzucken. »Was kann denn dann passiert sein?«
    Wieder nur dieses nervenzerfetzende Schulterzucken und die
Augen, die starr und ausdruckslos auf ihn gerichtet waren.
    »Kann er auf Langeneß Schutz gesucht haben?«
    »Nee, daran is er vorbei, das hab ich mit eigenen Augen
gesehen.«
    »Und wenn er umgedreht hat, als Sie mal nicht hingeguckt
haben?«
    Leanders Tonfall passte sich jetzt deutlich dem Adrenalinschub
an, den er in sich aufsteigen fühlte. Der Hafenmeister schnaufte widerwillig,
griff aber erneut zum Telefonhörer und wählte Langeneß an.
    Nach einem kurzen Wortwechsel legte er wieder auf und
schüttelte den Kopf: »Sach ich doch. Da isser nich.«
    »Und nun?« Leander war ratlos.
    »Abwarten, mehr können wir jetzt nich machen.«
    »Darf ich mal Ihr Telefon benutzen?«, erkundigte sich Leander,
der die Gleichgültigkeit des Hafenmeisters nicht einfach so akzeptieren wollte.
    Der Mann wies mit dem Pfeifenstiel auf den Apparat und setzte
sich wieder hinter seinen Schreibtisch.
    »Haben Sie die Nummer von der Küstenwache?«, erkundigte sich
Leander.
    »Guter Mann, die haben mehr zu tun nach so einem Sturm, als
nach einem Kutter zu suchen.«
    Leander schaute den Hafenmeister herausfordernd an, bis der
schulterzuckend eine Kladde aufschlug und Leander hinüberschob. Der griff nach
dem Hörer und wählte die eingetragene Nummer.
    »Hauptkommissar Leander hier, LKA Schleswig-Holstein. Wir
suchen nach einem Krabbenkutter, der gestern
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