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Leander und der tiefe Frieden (German Edition)

Leander und der tiefe Frieden (German Edition)

Titel: Leander und der tiefe Frieden (German Edition)
Autoren: Thomas Breuer
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Kapital.«
    »Der dürfte ja nun wohl dahin sein«, erklärte Leander und erhob
sich. »Komm, Lena, wir gehen.«
    Als sie die Bibliothek verließen, brach im Wohnzimmer großer
Jubel los. Die Gäste prosteten sich zu und stürmten zu den Panoramafenstern,
vor denen nun ein Feuerwerk entbrannte. Erik Petersen, der sie in die Diele
begleitet hatte, ließ von dem Hausdiener die Mäntel holen und blickte mit ihnen
gemeinsam wortlos auf das Spektakel im Wohnzimmer und draußen im Garten.
    »Warum hast du uns nicht einfach alles erzählt?«, fragte
Leander ihn plötzlich. »Du kanntest die alte Geschichte doch genauso wie mein
Vater. Warum mussten wir erst hier herkommen und uns dem ganzen Theater
aussetzen?«
    »Natürlich wusste ich von der Zusammenarbeit mit Roeloffs«,
entgegnete der Rechtsanwalt. »Bjarne und ich haben unsere Väter ja schon 1968
zur Rede gestellt. Und auch wenn sie damals beharrlich geschwiegen haben, so
hatten wir doch eine Ahnung davon, dass da einiges nicht in Ordnung war. Aber
ich wusste nicht, was zuletzt auf Föhr passiert war. Um das zu erfahren, war
das Geständnis der beiden Alten nötig. Ohne euren Besuch hier hätten wir das
nie bekommen.«
    Er nahm die Mäntel entgegen und half Lena und Leander hinein.
Die nickten ihm wortlos zu und verließen das Haus.
    Als sie allein in der Kälte standen, steigerte sich über ihnen
das Feuerwerk zu seinem furiosen Höhepunkt und endete schließlich in einem
einzigen gewaltigen Knall.
    »Frohes neues Jahr«, sagte Lena tonlos und gab Leander einen
Kuss.

18
    Dienstag, 06. Januar
    Henning Leander und Lena Gesthuisen verließen die Fähre im
Wyker Hafen gegen 10.30 Uhr und fuhren gleich weiter in Richtung
Großraumparkplatz Heymannsweg. Sie kamen an diesem Vormittag aus Flensburg, wo
sie am Vortag der Einäscherung des Leichnams von Heinrich Leander beigewohnt
hatten. Die Tasche mit der Urne befand sich auf dem Rücksitz.
    Gleich am ersten Januar, nach jenem denkwürdigen Abend in der
Villa der Familie Petersen in Utersum, hatten sie die Insel verlassen und waren
nach Kiel gefahren, um dort mit dem nötigen räumlichen Abstand in Ruhe über die
Ereignisse und ihre weiteren Schritte nachzudenken. Ganz allmählich war sich
Leander bewusst geworden, dass er nun endlich über seine eigene Geschichte
Bescheid wusste und damit zumindest die lange durchlittene Lücke in seiner
Biografie geschlossen war.
    Gleichzeitig mussten sich die beiden Polizisten jedoch darüber
klar werden, wie sie die Zwickmühle bewältigen sollten, in die sie durch ihre
Ermittlungen geraten waren. Auf dem Weg zur Einäscherung in Flensburg hatten
sie dann endgültig einen Entschluss gefasst.
     
    Leander parkte den Wagen wieder am äußersten Ende des
Parkplatzes, nahm die Tasche vom Rücksitz und ging zusammen mit Lena zurück zum
Innenhafen, wo vor einem Krabbenkutter eine kleine Menschengruppe auf sie
wartete. Eiken Jörgensen kam ihnen entgegen und nahm die Tasche in Empfang.
    »Mein Großvater lässt sich entschuldigen«, sagte sie. »Er ist
der Sache nicht gewachsen.«
    Leander und Lena begrüßten Erik Petersen, Mephisto, Tom Brodersen
und Götz Hindelang und sprangen als Erste an Deck des Kutters. Eiken reichte
Leander die Tasche mit der Urne hinüber. Als alle an Bord waren, machte sie die
Leinen los, warf sie auf Deck und gab dem Kapitän ein Zeichen. Der legte ab und
steuerte den Kutter auf die Hafenausfahrt zu, wo sich ihnen noch zwei weitere
Krabbenkutter anschlossen. Leander blickte Eiken fragend an.
    »Jens Fedder und Klaas Rickmers«, erklärte sie. »Das sind die
beiden, die früher für Hinnerk gefahren sind. Sie wollen ihm das letzte Geleit
geben.«
    Leander winkte den beiden Kutterkapitänen zu, und die grüßten
genauso zurück.
    »Meinst du nicht, du hättest Claus Petersen, Enno Jessen und
Ocko Hansen Bescheid geben sollen?«, fragte Lena.
    Leander schüttelte schweigend den Kopf, und Erik Petersen
antwortete für ihn: »Nein, Lena, die haben hierbei nichts zu suchen.«
    Es war windstill an diesem Vormittag, und die Sonne, die von
einem klaren, stahlblauen Winterhimmel schien, ließ ihre Strahlen durch die
Kleidung tief auf die Haut vordringen, so dass Leander trotz des leichten
Fahrtluftzuges ein Gefühl frühlingshafter Wärme verspürte. Durch das harte
Tuckern der Dieselmaschinen hörte er nur die Schreie der Möwen, die sie
begleiteten. Das Pfeifen in seinen Ohren war seit Tagen verschwunden.
    Als die Kutter durch die Fahrrinne zwischen Langeneß und
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