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Leander und der tiefe Frieden (German Edition)

Leander und der tiefe Frieden (German Edition)

Titel: Leander und der tiefe Frieden (German Edition)
Autoren: Thomas Breuer
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Geschichtslehrer, der viele Jahre lang geforscht, nachgefragt und zusammengetragen
hat: dem heutigen Bürgermeister der Stadt Wyk, Heinz Lorenzen, der gleichsam
dem Amt Föhr-Amrum vorsteht. In seiner aktiven Zeit als Geschichtslehrer am
Wyker Gymnasium hat er in jahrelanger Kleinarbeit zusammen mit seinen Schülern
die Zeit des Nationalsozialismus auf Föhr aufgearbeitet und eine Ausstellung
daraus zusammengestellt. Ihm verdanke ich die Informationen über die jüdische
Wyker Kaufmannsfamilie Heymann und über die Kinderheime, die diesem Roman als
Hintergrund dienen. Betrachtet man das Ergebnis seiner Arbeit rein quantitativ,
kann man nur enttäuscht sein, denn viel ist das nicht, was da auf der Insel
passiert ist – »Na bitte!«, höre ich die alten Insulaner sagen. Aber so einfach
ist das nicht. Angemessen bewertet wird die Arbeit nämlich erst, wenn man sie
qualitativ betrachtet, denn sowohl die Rolle des NSDAP-Ortsgruppenleiters
Roeloffs als auch die Tatsache, dass es auf der Insel jüdische Kinderheime in
der Gmelinstraße und in der Feldstraße gab, sind durch Heinz Lorenzens Arbeit
gesichert.
    Zum hundertjährigen Stadtjubiläum der Stadt Wyk ist im Jahr
2000 nun endlich ein Buch über die Inselgeschichte erschienen, das Heinz
Lorenzens Arbeit fortsetzt und vervollständigt. Das Buch Föhrer GeZeiten von Wilhelm Koops, das als Heft 24 in der Schriftenreihe des
Carl-Häberlin-Museums erschienen ist, zeichnet neben den bereits vielfach
bearbeiteten historischen Phasen die Entwicklung des nationalsozialistischen
Einflusses auf Föhr nach und belegt anhand von Zahlen und Fakten die außergewöhnliche
Begeisterung vieler Insulaner für das aufkommende Regime bereits zu Beginn der
Dreißiger Jahre. Dieses äußerst spannende und verdienstvolle Buch lege ich
jedem Föhr-Fan ans Herz.
    Insgesamt gab es nur wenige Juden auf Föhr, die zudem durch die
Insellage in Grenzen geschützt waren, denn die Insulaner hielten stärker
zusammen als die Menschen auf dem Festland, und das galt auch – wiederum in
Grenzen – für die jüdischen Mitbürger.
    Neben den jüdischen Geschäftsleuten aus der Familie Heymann gab
es noch ein Ärzteehepaar auf der Insel, das Ehepaar Schulz – die Frau war
Jüdin, der Mann Arier. Beide Familien wurden nach der Machtergreifung ihres
durch ihre Bildung, ihre Professionalität und ihr Geld erworbenen Ansehens auf
der Insel beraubt und zu all den Schikanen herangezogen, die auch die Juden auf
dem Festland betrafen: Judenstern, Arbeitslosigkeit (Herr Schulz wurde als
Leiter der Lungenfachklinik entlassen, weil er sich weiterhin zu seiner Ehefrau
bekannte), zwangsweiser Verkauf von Grundstücken zu Billigstpreisen, sogenannte
Sühnezahlungen nach der Reichspogromnacht etc. Die im Roman vermittelten
Informationen entsprechen hier 1:1 der Wahrheit und der damaligen Wirklichkeit.
    NSDAP-Chef Dr. Roeloffs, der die Partei bis zu seiner
Einberufung 1940 leitete, war in dieser Frage tatsächlich eine gespaltene
Persönlichkeit: Einerseits musste er die Vorschriften des Festlandes umsetzen,
andererseits ließ er seinen Sohn weiterhin mit Heinrich Heymann, dem Sohn des
jüdischen Kaufhausbesitzers, spielen und ließ sogar zu, dass eben dieser
Heinrich ins Jungvolk aufgenommen wurde. Auch den Arzt Dr. Schulz ließ er
entgegen der offiziellen Linie wegen des Ärztemangels nach Kriegsausbruch in
Nieblum und Wyk im Krankenhaus aushelfen.
    Andere Bürger hielt das zum Teil nicht davon ab, ihrem
Antisemitismus Luft zu machen und Mitglieder der ehemals geachteten Familie
Heymann auf der Straße anzuspucken, zwei Familienmitglieder gar ins
Arbeitslager zu verfrachten. 1938 hissten sie im Wyker Hafen ein Plakat mit der
Bekanntmachung, dass Juden auf der Insel unerwünscht seien; ab 1939 wurden gar
keine jüdischen Badegäste mehr auf die Insel gelassen. In der sogenannten
Reichskristallnacht zogen gar SA-Leute gegen die jüdischen Kinderheime los und
warfen die Fenster des Kinderheimes in der Gmelinstraße ein, das zuvor wegen
eines defekten Bügeleisens ausgebrannt war.
    Ich habe mir die Freiheit genommen, diese Informationen zu
verwenden und in meine fiktive Handlung einzubauen – z. B. die Ambivalenz
im Verhalten des Ortsgruppenleiters Roeloffs. Neben zahlreichen Beispielen für
den auch auf Föhr um sich greifenden Naziterror gibt es immer wieder kleine
Beispiele dafür, dass nicht alle Anordnungen der Reichsführung konsequent
umgesetzt wurden. So hat zum Beispiel auch der
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