Lean In: Frauen und der Wille zum Erfolg (German Edition)

die so großzügig waren, mich zu leiten und mir Rat zu geben. Während meines ersten Jahres am College besuchte ich Larry Summers’ Vorlesung über öffentliche Finanzen. Er bot an, meine Abschlussarbeit zu betreuen – was sehr wenige Harvard-Professoren von sich aus für Studenten im Grundstudium tun. Seither spielt Larry eine wichtige Rolle in meinem Leben. Don Graham, den Vorstandsvorsitzenden der Washington Post Company, lernte ich vor mehr als fünfzehn Jahren bei meiner Arbeit in Washington kennen. Er hat mir geholfen, mit einigen der schwierigsten Augenblicke meines Berufslebens umzugehen. Ohne die Ermutigung und Unterstützung der Präsidentin des Paley Center, Pat Mitchell, hätte ich vielleicht nie in der Öffentlichkeit über Frauen in der Berufswelt gesprochen. Neben vielen anderen haben diese drei mich ermutigt, mich Leuten vorgestellt und mir als Beispiele gedient. Ihre Klugheit und Lebenserfahrung hat mir dabei geholfen, Fehler zu vermeiden – und diejenigen auszubügeln, die zu vermeiden ich nicht schlau genug war.
    Im Gegenzug habe ich versucht, Mentorin für andere zu sein, darunter Freunde von Freunden und, je älter ich werde, auch Kinder von Freunden. Es macht mir viel Freude, die Karriere von Emily White zu verfolgen, die gleich nach dem College bei mir zu arbeiten begann und jetzt die Mobile Partnerships für die mobilen Endkunden von Facebook verantwortet. Als ich Bryan Schreier kennenlernte, hatte er noch nie in einem Technologieunternehmen gearbeitet und war auch noch nicht im Ausland gewesen, doch er zeigte ungewöhnlich gute Führungs- und Analysefähigkeiten. Ich stellte ihn ein, damit er half, Googles globalen Vertrieb aufzubauen. Er übertraf jede Erwartung. Als er Jahre später eine Karriere als Investor anstrebte, stellte ich ihn seinen jetzigen Partnern bei Sequoia Capital vor. Heute ist er ein sehr erfolgreicher Risikokapital-Anleger, und ich kann sehen, was für einen Einfluss er auf die Firmen hat, die er berät. Ich habe großes Glück, Emily, Bryan und so viele andere begabte Menschen in meinem Leben zu haben.
    Studien zeigen, dass sich Mentoren ihre Protegés nach Leistung und Potential aussuchen. 5 Intuitiv investieren Leute in Menschen, die aufgrund ihres Talents herausstechen oder bei denen deutlich ist, dass sie von Hilfe tatsächlich profitieren. Mentoren engagieren sich dann weiterhin, wenn ihre Schützlinge ihre Zeit gut nutzen und aufrichtig interessiert an Feedback sind. Das kann sich in eine Freundschaft verwandeln, aber die Grundlage ist eine berufliche Beziehung. Deshalb glaube ich, dass wir jungen Frauen die falsche Botschaft vermittelt haben. Wir müssen damit aufhören, ihnen zu erzählen: »Such dir einen Mentor, und du wirst Hervorragendes leisten.« Stattdessen müssen wir sagen: »Leiste Hervorragendes, und du wirst einen Mentor finden.«
    Clara Shih ist ein wunderbares Beispiel. Ich habe Clara vor ungefähr fünf Jahren auf einer Konferenz kennengelernt und war augenblicklich von ihren Gedanken zu Social Media beeindruckt. Später schrieb sie ein lesenswertes Buch über das Thema und gründete Hearsay Social, ein Software-Unternehmen, das Firmen bei der Koordination ihrer Präsenz in sozialen Medien unterstützt. Dann und wann nahm Clara Kontakt zu mir auf, immer mit einer interessanten Idee oder einer wohlüberlegten Frage. Nie bat sie einfach so um ein Treffen, »damit man sich mal wieder sieht«. Nie stellte sie eine Frage, auf die sie auch alleine eine Antwort hätte finden können. Als ich 2012 aus dem Aufsichtsrat von Starbucks ausschied, nannte ich den Kollegen einige Namen von Experten für Social Media, die meinen Platz einnehmen könnten, darunter auch Clara. Sie war zu dem Zeitpunkt erst 29 Jahre alt, aber man bat sie in den Aufsichtsrat.
    Es funktioniert selten, wenn überhaupt, auf einen Fremden zuzugehen und ihn oder sie nach einem Mentoring zu fragen. Aber es kann durchaus von Erfolg gekrönt sein, sich mit einer prägnanten und wohldurchdachten Anfrage an jemanden zu wenden. Garrett Neiman sprach mich an, nachdem ich eine Rede in Stanford gehalten hatte, und erzählte mir von der von ihm gegründeten gemeinnützigen Organisation CollegeSpring, die für Studenten aus bildungsfernen Schichten Unterstützung bei der Vorbereitung auf die standardisierten Hochschulaufnahmeprüfungen ( SAT ) und Studienberatung anbietet. Er bat um ein Treffen mit mir und machte deutlich, dass er nur ein paar Minuten meiner Zeit brauche. Er wollte, dass ich ihn