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Lazyboy

Lazyboy

Titel: Lazyboy
Autoren: M Weins
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entweder immer wieder neu zu streichen oder aber den Einbau neuer Türen und Rahmen vornehmen zu lassen.
    Türen immer wieder zu streichen sei aber teuer und zeitaufwendig und vor allem keine dauerhafte Lösung für Türenprobleme. Früher oder später würden mehrere Farbschichten übereinander das Abschleifen der kompletten Tür inklusive Rahmen unumgänglich machen, um ein akzeptables Renovierungsergebnis zu erzielen. Und der Einbau neuer Türen sei von vornherein mit hohen Kosten, Baulärm und Dreck durch Stemm- und Maurerarbeiten verbunden. Aber dafür gebe es ja ihn und die Portax-Lösung. Portax habe die optimale Alternative zu den herkömmlichen Renovierungsmöglichkeiten entwickelt.
    Ich unterbreche ihn nur ungern, aber ich tue es. »Sagen Sie, ich nehme an, dass Sie schon länger in Ihrem Beruf tätig sind und über viel Erfahrung verfügen?«
    »Das ist richtig«, brummt er mit einem gewissen Stolz in der Stimme. »Das darf ich wohl von mir behaupten.«
    »Darf ich Ihnen dann vielleicht eine etwas ungewöhnliche Frage stellen?«
    »Sicher«, brummt er. »Nur zu.«
    »Ist es Ihnen schon mal untergekommen, dass eine Tür nicht so funktionierte, wie sie sollte, dass sie, genauer gesagt, über eine zusätzliche Funktion verfügte, dass sie also nicht nur von einem Raum in den benachbarten führte, sondern, dass sie, wie ein Wurmloch bei Raumschiff Enterprise, ganz woanders hin, in weit entfernte Räume führte? Ist Ihnen so etwas schon mal untergekommen?«
    »Wie?«
    »Dass man durch eine Tür zu sonderbaren Raumsprüngen gezwungen ist? Wie bei einem CD-Abspielgerät, bei dem man nicht nur automatisch von einem Lied einer CD zu dem der Nummerierung entsprechend nächsten gelangen kann, sondern das zusätzlich über eine Random-Funktion verfügt, bei der das Gerät scheinbar willkürlich und nach dem Zufallsprinzip entscheidet, welches Stück auf ein beliebiges anderes folgen soll?«
    »Ich verstehe nicht«, sagt Herr Wischnewski.
    »Haben Sie so etwas schon einmal zu Gesicht bekommen, oder haben Sie von so etwas schon einmal gehört, von Kollegen oder Kunden?«
    »Was?«, fragt er. »Was ist eigentlich Ihr Problem, was wollen Sie von mir?«
    »Es kommt seit einigen Wochen gehäuft vor«, sage ich, »dass ich, wenn ich eine Tür durchschreite, nicht einfach auf der anderen Seite der Tür ankomme, also im angrenzenden Raum, sondern dass ich ganz woanders lande, wohin ich gar nicht wollte. Erst dachte ich, ich hätte es bloß mit Blackouts oder etwas Ähnlichem zu tun. Ich ging davon aus, ich könne mich lediglich nicht erinnern, wie ich von A nach B gekommen war. Ich habe eine ganze Zeit lang alle möglichen Drogen genommen, müssen Sie wissen. Aber dann habe ich festgestellt, dass überhaupt keine Zeit vergeht, die meinen Ortswechsel rational begründet, verstehen Sie? In einem Moment bin ich noch im Flur meines Zahnarztes in Bahrenfeld beispielsweise, ich öffne die Tür zum Behandlungszimmer und mache einen Schritt, und im nächsten Moment, buchstäblich im nächsten, stehe ich im Wohnzimmer meiner alten Klassenlehrerin Frau Wübbe, die jetzt in Lüneburg wohnt, obwohl ich seit Jahren nicht an sie gedacht habe. Ein absolutes Rätsel. Sie können sich gar nicht vorstellen, was diese Geschichte für Verwirrungen in meinem Leben bewirkt.«
    »Wollen Sie mich verarschen?«, fragt Herr Wischnewski.
    »Mitnichten«, sage ich. »Ich benötige wahrscheinlich wirklich und von Herzen die Hilfe eines Fachmanns.«
    »Radiotelefonscherz?«, fragt er.
    »Nein«, rufe ich, aber er flucht nur brummig. Dann legt er auf.
    Ich muss also wohl oder übel auf eine Portax-Lösung für mein Türenproblem verzichten.
    Ich sitze eine Weile da und überlege, ob ich mit einem Magier Kontakt aufnehmen soll. Jemandem, der berufsmäßig Erfahrung damit hat, Menschen mittels aus Holz gefertigter Wohnartefakte verschwinden zu lassen. Oder mit jemandem aus der Esoterik-Spiritualitäts-Szene, jemandem, der sich mit Teleportation und abnormen Bewusstseinsleistungen, mit Astralwanderungen und ähnlichem Käse auskennt. Das Problem ist, ich glaube weder an Zauberei noch an Esoterik. Ich glaube im Grunde nicht an das, was mir widerfährt. Was letztendlich und eigentlich, wenn ich etwas länger darüber nachdenke, nur den Schluss zulässt, dass ich auf die eine oder andere Art und Weise verrückt bin. Dass ich mit wachen Augen vor mich hin träume, irgendwie. Dass ich in Behandlung eines Psychiaters oder einer Psychologin gehöre.
    Ich rufe also in
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