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Lazyboy

Lazyboy

Titel: Lazyboy
Autoren: M Weins
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zutrautest, mit der Wahrheit umzugehen.«
    »Oh«, sage ich und schnitze, aber da ist keine Karotte mehr zwischen meinen Fingern, ich schnitze an meiner Handfläche herum, was wehtut.
    »Was willst du mir denn jetzt eigentlich beichten?«, fragt sie.
    »Nichts«, beeile ich mich zu sagen und fische mir eine weitere Karotte aus dem Netz.
    »Irgendwie mag ich dich ja schon«, sagt Monika ziemlich unvermittelt, für unsere Verhältnisse eine gewichtige Liebeserklärung.
    »Hm«, sage ich und lächele, was sie nicht sehen kann, da ich mich zu den Kacheln gedreht habe, alte Kacheln, auf denen immer ein holländischer Junge ein holländisches Mädchen mit Haube an der Hand hält. Ich weiß, dass ich etwas anderes sagen könnte, es würde sogar stimmen. Ich wende mich Monika zu und beobachte sie, wie sie einfach weitermacht und sich so gar nicht über meine Antwort wundert oder ärgert. Monika ist toll. Ich muss daran denken, wie sie mit ihren Freundinnen telefoniert, manchmal belausche ich sie dabei. Sie hat dann eine fast schon irrwitzig weiche Stimme, stundenlang hört sie zu, so ausdauernd, wie ich es niemals fertigbringen würde. Ich bin dann immer ganz eifersüchtig, weil die so viel Zuneigung und Aufmerksamkeit von ihr erfahren. Ich glaube, Monika ist eine der besten Freundinnen, die man überhaupt haben kann, ich sollte mal Glückwunschkarten verschicken. Sie ist mutmaßlich der liebevollste, treuste Mensch, den ich kenne. Ich denke, dass es ein Glück ist, mit Monika befreundet zu sein, und dass ich ja auch an diesem Glück Anteil habe, denn irgendwie sind wir ja auch befreundet. Ich hoffe nur, dass sie das ähnlich sieht.
     
    6
    Mein Telefon klingelt, mein Handy. Ich bin auf dem Weg zum Arzt, Untersuchungsergebnisse abholen. Ich gehe neuerdings zu Fuß, das dauert zwar länger, ist aber auch gesünder, und vor allem meide ich so ein paar Türen, die mich an unvorhergesehene Plätze führen können. Ich vermeide die Autotür oder die Tür des Busses und der U-Bahn. Mein neues Motto: Risiken minimieren, Türen vermeiden. Das ist ohnehin nicht einfach, alleine im Haushalt ist man dem Schrecken ungezählter Türen ausgesetzt. Dort achte ich zumindest darauf, dass ich keine Tür mehr schließe. Man müsste mal einen Horrorfilm drehen, in dem mutierte Horrortüren die Hauptrolle spielen. Das Flügeltürenmassaker, Teil 1-4.
    »Hallo?«, sage ich.
    »Hallo fauler Junge, hier ist Mirko. Wo steckst du?«
    »Ich bin auf dem Weg zur Arbeit. Wo steckst du denn?«
    »Ich bin in Portland«, sagt Mirko.
    »Aha, was machst du in Portland?«
    »Ich nehme ein paar Stücke auf mit Dwarren Zee, kennst du vielleicht.«
    »Nee, nicht wirklich.«
    »Der hat damals bei den Fugees mit am Pult gestanden, ganz interessanter Mann, könnte sich lohnen.«
    »Wow«, sage ich.
    Mirko ist Musikproduzent. Seit Kurzem läuft es sogar ganz gut bei ihm, wobei gut ein relativer Begriff ist. Finanziell läuft es nicht schlecht, meine ich, seit er den letzten Hit von DJ Petzi produziert hat. Geschmacklich lässt sich darüber streiten. Du bist mein Edelweiß . Er ist selbst nicht gerade stolz darauf. Aber er hat auch schon das neue Album von Robert König abgemischt und eine Weile Geld damit verdient, dass er altbekannte Schlager mit Discobeats unterlegte. Gruselig, aber irgendwie auch mutig. Und er ist noch nicht mal zynisch dabei geworden. Er hat sich so eine sportliche Grundhaltung bewahrt, die ich aufrichtig bewundere. Ich reiche hier die Kübel mit Scheiße durch und quirle selber ordentlich darin herum, dafür darf ich dann aber auch die eine Perle behalten, die in jedem zehnten Eimer vorbeischwimmt.
    Für mich wäre das nichts. Aber auf meine Art mache ich vermutlich genau das Gleiche. Ständig ist er jetzt in der Welt unterwegs, nimmt hier etwas auf und trifft sich dort mit ein paar Leuten zum Meeting und wieder woanders mit anderen Freaks, um ein paar Lieder zu schreiben. London, Brüssel, Stockholm, Bahamas. Früher haben wir gemeinsam Musik in einer Band gemacht, ich Bass, er Schlagzeug, aber das ist lange her. Und zusammen in der Schule waren wir auch, vor endlanger Zeit, wie wir Berufsjugendlichen sagen.
    »Ich wollte dich fragen«, sagt er, »ob wir am Wochenende Joggen wollen. Um die Alster. Ich bin am Samstag in der Stadt.«
    »Gute Idee«, sage ich, »ja, klar, wird mir guttun. Melde dich doch noch mal, wenn du zurück bist, dann verabreden wir uns spontan. Ich halte mir Samstag auf jeden Fall frei.«
    »Ja, klar«, sagt er. »Mach
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