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Lavendel und Blütenstaub

Lavendel und Blütenstaub

Titel: Lavendel und Blütenstaub
Autoren: J. Habersatter
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das wollte sie nicht sehen - sie wollte nach Hause, heim zu ihrem Garten.
    Nur Sekunden später, so schien es ihr, sah sie die Zweige des Nussbaumes. Sie schwebte darüber, flog tiefer und landete sanft neben dem Baum in der Wiese. Barfüßig und leicht ging sie durch das hohe Gras, erleichtert darüber, wieder zu Hause zu sein.
    Mit den Händen strich sie über die bunten Blumenköpfe. Rot, blau, orange und gelb schimmerte alles um sie herum. Es war so intensiv und … irgendwie riesig. Es wirkte alles so hoch, so präsent, als ob die Blüten in den Himmel ragen wollten! Oder war sie etwa so klein? War sie geschrumpft?
    Und erst die Farben! Es schien so intensiv und hell. Es blendete und sie musste die Augen schließen.
    Da erst bemerkte sie den Duft. Er war betörend und intensiv. Sie atmete mit geschlossenen Lidern tief ein und spürte, wie die Geschmacksnerven ihres Körpers die Düfte in sich aufsaugten wie ein Schwamm.
    Noch einmal holte sie tief Luft, doch dann schüttelte sie ein Hustenanfall und sie wachte, verzweifelt nach Luft schnappend, auf.
     
    Wo Sekunden vorher noch Ruhe und Glückseligkeit ihren Körper durchflutet hatten, war jetzt nur noch Panik und Angst. Anna hatte das Gefühl, sich die Seele aus dem Leib zu husten. Blind tastete sie nach dem Rufknopf, der über ihrem Bett hing.
    Wenig später öffnete sich die Tür und ein heller Lichtstrahl leuchtete in das Zimmer. Eine Schwester eilte herein und schaltete ein kleines Licht an der Wand ein.
    Anna hustete noch immer.
    "Frau Lukas, ganz ruhig atmen. Gleich geht es wieder vorbei." Sie sprach beruhigend auf sie ein und half ihr, sich aufrecht ins Bett zu setzen.
    Dann endlich ließ der Husten nach. Anna atmete beruhigt durch. Kleine Schweißperlen standen auf ihrer Stirn.
    "Geht es wieder?", fragte die Schwester.
    "Ja, danke. Ich muss mich wohl verschluckt haben." Anna räusperte sich.
    "Wollen Sie einen Schluck trinken?" Die Schwester hielt ihr ein Glas Wasser hin.
    Anna nahm es entgegen und trank.
    "Danke", sagte sie dann und stellte das Glas am Nachttisch ab.
    Als die Schwester ging, ließ sie auf Annas Wunsch das kleine Licht eingeschaltet. Es war vier Uhr morgens und an Schlaf war nicht mehr zu denken. Anna stand auf und öffnete das Rollo. In der Ferne dämmerte es bereits und sie setzte sich mit dem Stuhl vor das Fenster. Mit ihren grauen Augen starrte sie Richtung Horizont, wo es heller und heller wurde. Die ringsum stehenden Gebäude blendete sie aus, auch den stetig lauter werdenden Lärm der Straße. Sie sah nur den Himmel, die aufsteigende Sonne, und ihre Gedanken flogen zurück in ihren Garten. Fast konnte sie sogar den Duft des Lavendels riechen, und ein leises Lächeln umspielte ihre Lippen.
     
     
    Erwin
     
    Es war Montag und wie immer stressig im Büro. Er war Geschäftsführer einer großen Kaufhauskette und hatte am Vormittag eine wichtige Besprechung, die länger dauerte als erwartet. Gegen Mittag war sie endlich vorbei.
    Er hastete zum Auto, warf seine Aktentasche auf den Beifahrersitz und fuhr zum Krankenhaus. Er war bereits eine Stunde zu spät. Bestimmt würde die Befundbesprechung mit Dr. Werneck schon vorbei sein. Wenigstens hatte sich Gabriela pünktlich von der Arbeit losreißen können.
    Im Krankenhaus angekommen, fuhr er ins Parkhaus und eilte zum Gebäude C. Mit dem Lift fuhr er in den fünften Stock. Mit raschen Schritten ging er zum Ende des Ganges, klopfte an die Tür und trat ein.
    "Tut mir leid, dass ich zu spät bin, aber ich konnte nicht früher weg. Hallo Mutter." Er gab Anna einen flüchtigen Kuss auf die Stirn. "Wie ist es gelaufen?"
    "Erwin!", sagte Anna erfreut. "Schön, dass du gekommen bist." Sie lag in ihrem Bett. Mit der rechten Hand tätschelte sie leicht Erwins Wange.
    Stella, die bisher an Annas Seite gesessen hatte, rutschte geräuschvoll den Stuhl ein wenig vom Bett weg und lehnte sich zurück. "Auch schon da", sagte sie schnippisch.
    Erwin ignorierte den unterschwelligen Vorwurf seiner Schwester. "Was hat der Arzt gesagt?" Von Anna blickte er hoffnungsvoll zu Gabriela, die etwas abseits vom Bett stand.
    Diese schwieg betroffen und sah unsicher zu Anna und Stella.
    "Was ist los? Was hat der Arzt gesagt?" Erwins Stimme klang fordernd. In sich spürte er eine plötzliche aufkeimende Angst. Erst jetzt bemerkte er die überaus angespannte und unheilschwangere Atmosphäre im Raum.
    Schließlich räusperte sich Anna und sah ihren Sohn direkt in die Augen. "Die Computertomografie hat nichts Gutes
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