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Lauf, wenn es dunkel wird

Lauf, wenn es dunkel wird

Titel: Lauf, wenn es dunkel wird
Autoren: April Henry
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mit einem »Uff« auf die Straße fiel. Mit der Pistole in der Hand lehnte Cheyenne sich nach vorne, fand den Türgriff und schlug die Tür zu. Eine Sekunde später drückte sie den Knopf runter, kurz bevor Roy von draußen nach dem Griff fasste. Jetzt, wo der Pistolenlauf nicht mehr gegen seine Haut drückte, überlegte er es sich ganz offensichtlich anders. Er wollte wieder zurück ins Auto.
    Die andere Tür!
    Cheyenne lehnte sich nach rechts und fand den Riegel gerade rechtzeitig. Ihre Hand war klebrig. Wahrscheinlich vom Blut. An der Beifahrertür rüttelte es.
    »Lass mich rein, Cheyenne.«
    »Nein!«
    »Komm schon, ich bin verletzt. Ich muss zum Arzt. Wenn du mich reinlässt, fahre ich zum Krankenhaus und lass dich gehen.«
    Wo hatte sie ihn getroffen? Cheyenne wusste es nicht. An seinem Arm? Seinem Bauch? Seiner Brust? Gut möglich, dass Roy die Wahrheit sagte. Vielleicht musste er wirklich ins Krankenhaus.
    »Cheyenne, ich verblute. Bitte, um Himmels willen.«
    Langsam hob Cheyenne die Hand.
    Roy musste auf die andere Seite des Autos zurückgelaufen sein, plötzlich rüttelte es nämlich an der Fahrertür. Cheyenne zuckte zusammen.
    »Lass mich rein, Cheyenne.« Seine Stimme war jetzt lauter und wütender. »Lass mich rein oder dir wird es noch leidtun!«
    Vielleicht hatte sie ihn ja bloß gestreift.
    Direkt neben ihrem Ohr gab es einen lauten Schlag. Sie schrie.
    Da, wieder ein Schlag. Cheyenne begriff, dass Roy mit einem Stein gegen das Fenster hämmerte. Mit einem großen Stein.
    Als er das dritte Mal dagegenschlug, hörte es sich gedämpfter an. Er fluchte, und dann hörte Cheyenne, wie der Stein zu Boden fiel. Statt des Fensters hatte Roy seinen eigenen Finger zertrümmert.
    Gut.
    Cheyenne drückte die Mündung der Pistole gegen die Scheibe an die Stelle, an der sie Roy vermutete. Sie drückte stark und hoffte, dass ihre Hand dann nicht mehr zitterte. »Hören Sie auf damit, oder ich schieße noch mal!«
    »Wirklich?« Roy lachte. »Glaub ich nicht. Du wirst mich um Längen verfehlen. Oder vielleicht prallt die Kugel auch ab und trifft dich. Also, mach nur.« Und dann schmetterte er den Stein wieder gegen das Glas.

Blindfahrt
    Während sie den Pistolenlauf gegen das Fenster presste, wurde Cheyenne klar, dass Roy recht hatte. Selbst wenn die Kugel nicht abprallte - und sie war sich nicht ganz sicher, wie das klappen sollte -, also selbst wenn die Kugel durch das Fenster ging, könnte sie noch immer von den umherfliegenden Glassplittern getroffen werden. Und Roy bekäme vielleicht überhaupt nichts ab. Alles, was sie damit erreicht hätte, wäre ein riesiges, klaffendes Loch. Und dann würde er sie kriegen.
    Die Aussichten waren frustrierend. Cheyenne hatte Angst und fing an zu weinen. Sie zuckte zusammen, als der Stein wieder gegen das Fenster krachte. Dabei kam sie mit dem Fuß an das Gaspedal und der Motor heulte auf.
    Sie musste irgendetwas tun, aber was?
    Dann fiel ihr plötzlich ihre Mutter ein. Sie hatte an einem regnerischen Samstagnachmittag neben ihr gesessen und auf den leeren, kurvigen Straßen des nahe gelegenen Friedhofs Fahren üben dürfen.
    Könnte sie einfach wegfahren?
    Es krachte wieder. Und es war nur eine Frage der Zeit, bevor das Fenster Risse bekommen würde und dann zersprang.
    Okay. Sie konnte das schaffen. Der Motor lief noch. Cheyenne drehte sich zur Seite und legte die Pistole weg. Dann umklammerte sie das Lenkrad ganz fest, sodass ihre Finger wehtaten.
    Sie ging schnell noch einmal durch, an was sie sich erinnerte. Das Gaspedal war rechts. Die Bremse links.
    Aber halt. Das Auto war auf »Parken« gestellt. Sie musste es auf »Fahren« stellen. Das einzige Auto, mit dem sie gefahren war, war ein Automatik gewesen. Was, wenn das hier eine Gangschaltung hatte? Sie hatte keine Ahnung, wie man eine Kupplung benutzte.
    Cheyenne lehnte sich nach vorne und tastete rechts von sich. Kein Schalthebel. Nur eine Wölbung mitten auf dem Boden. Das Auto war ganz bestimmt ein Automatik. Nur, wo war der Hebel, mit dem sie schalten konnte?
    Der Stein krachte wieder gegen das Fenster.
    Eine andere Erinnerung. Großmutters Auto, das so alt gewesen war, dass es nicht mal Sicherheitsgurte hatte. Und der Schalthebel war über dem Lenkrad gewesen. Cheyenne schickte ein Stoßgebet zum Himmel und drückte einen der Stäbe, die aus der Lenksäule herausstanden, nach unten. Was folgte, war ein Wischen. Die Scheibenwischer.
    »He!« Roy schrie. »He!«
    Sie drückte den Hebel zurück. Der zweite Stab war
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