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Lauf, wenn es dunkel wird

Lauf, wenn es dunkel wird

Titel: Lauf, wenn es dunkel wird
Autoren: April Henry
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dicker. Er ließ sich mit einem befriedigenden Klacken nach unten schalten. Das Auto bewegte sich, gut, aber es holperte rückwärts.
    Cheyenne stieg mit beiden Füßen voll auf die Bremse.
    »He!«, brüllte Roy wieder. »Was zum Teufel machst du da?«
    Tja, was machte sie da? Es war lächerlich. Vielleicht sollte sie einfach aufgeben.
    Aus den Augenwinkeln sah sie eine Bewegung, und es überraschte sie nicht wirklich, als der Stein wieder gegen das Fenster donnerte. Diesmal allerdings glaubte Cheyenne, dass sie ein Knacken gehört hatte.
    Sie drückte den Hebel eine Stufe weiter runter. Nichts. Dann die dritte Stufe. Das Auto machte einen Satz nach vorn. Es fuhr, obwohl sie nicht auf dem Gaspedal stand. Die Vorderräder knirschten über Schotter und rollten dann auf den glatten Belag der Straße.
    Roy schrie noch immer, aber Cheyenne beachtete ihn nicht. Sie konzentrierte sich darauf, das Auto auszurichten - sie konnte nur nach Gehör fahren -, damit alle vier Reifen auf der Straße blieben. Erst jetzt gab sie vorsichtig Gas. Sie hatte viel zu große Angst, schneller zu fahren. Wenn sie von der Straße abkäme und gegen einen Baum fuhr, könnte Roy mit ihr machen, was er wollte. Der linke Vorderreifen ratterte über Schotter. Sie riss das Lenkrad rum und hörte, wie Roy auf der anderen Seite am Fenster fluchte. Als der rechte Reifen von der Straße abkam, war sie vorsichtiger.
    Sie konnte von draußen Roys Schritte hören. Zuerst ging er neben dem Auto her, dann rannte er. Jeder seiner Schritte ließ sie das Pedal nur noch einen Millimeter weiter nach unten drücken. Wenn ein Reifen von der Straße abkam, lenkte sie minimalst dagegen.
    Und dann fiel Roy zurück.
    Cheyenne schöpfte gerade wieder ein wenig Hoffnung, als ein neues Geräusch sie zusammenfahren ließ. Das elektronische Schnarren eines Handys.
    Was sollte sie tun? Sie war wie gelähmt. Wer rief Roy wohl an? TJ? Jimbo? Ein Freund von Roy? Wer auch immer es war, Cheyenne war sich sicher, dass die Leute, die Roy anriefen, wahrscheinlich nicht gerade diejenigen waren, die ihr zu Hilfe eilen würden. Es gab keinen Grund ranzugehen.
    Cheyenne hatte unwillkürlich ihren Fuß vom Gas genommen. Das Auto wurde langsamer und fuhr fast überhaupt nicht mehr.
    Dann fiel ihr etwas ein. Wenn der Anrufer erst einmal aufgelegt hatte, könnte sie das Telefon nehmen und den Notruf wählen. Aber dafür musste sie es finden.
    Als sie den Kopf drehte, weil sie rausbekommen wollte, wo das Klingeln herkam, gab das Telefon ein letztes Blöken von sich und hörte dann auf. Das Klingeln war vom Autoboden gekommen. Cheyenne setzte den Fuß auf die Bremse und stocherte mit den Fingern durch die zerknüllten Papiere, die den Boden zumüllten. Sie fand einen Schraubenschlüssel, einen Schraubenzieher und Werkzeuge, die sie nicht kannte. Und dann schlossen sich ihre Finger endlich um das Handy. Es war dasselbe Riesenhandy, das Roy ihr gestern gegeben hatte.
    Sie hatte gerade mal die Neun gedrückt, als sie ein anderes Geräusch hörte. Roys Schritte. Er rannte, allerdings seltsam hoppelnd. Nun wusste sie endgültig, dass sie ihn getroffen hatte. Trotzdem holte er auf.
    Cheyenne drückte die Eins zweimal und dann ein paar andere Tasten, bis sie endlich die Wähltaste gefunden hatte. Ein Freizeichen ertönte. Sie klemmte sich das Telefon zwischen Ohr und Schulter - hier war die klobige Größe überraschend praktisch - und umklammerte das Lenkrad.
    »Notrufzentrale.« Eine Frauenstimme.
    Der Stein krachte wieder gegen das Fenster. Cheyenne glaubte, dass sie ein winziges Glasstück an ihrer Wange gespürt hatte.
    »Ich brauch die Polizei. Oh, bitte beeilen Sie sich!« Sie ließ das Auto weiterkriechen. Aber sie wusste, dass sie niemals schnell genug sein würde.
    »Was für ein Notfall liegt vor?«
    »Ich heiße Cheyenne Wilder und ich bin entführt worden, und jetzt sitze ich in einem Auto und habe die Türen abgeschlossen, aber der Entführer ist draußen und versucht die Scheibe mit einem Stein einzuschlagen!« Die Worte sprudelten nur so aus ihr heraus.
    »Hat er eine Waffe?« Die Stimme der Frau war noch immer ruhig.
    »Nur den Stein. Aber das Fenster geht langsam kaputt.«
    »Hast du die Schlüssel?«
    »Ja.«
    »Kannst du wegfahren?«
    »Ich versuch es ja, aber ich bin nun mal leider blind.«
    »Blind!« Die Frau in der Zentrale holte tief Luft. »Okay, dann sag mir, wo du bist, Cheyenne.«
    »Aber das weiß ich doch nicht.« Als der Stein diesmal runterkrachte, war da ein
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