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Lauf, so weit du Kannst!

Lauf, so weit du Kannst!

Titel: Lauf, so weit du Kannst!
Autoren: Tim Bowler
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über dreißig, eiskalt. Ich habe ihn vor dem heutigen Tag noch nie gesehen.
    Das Messer bewegt sich, streift über meinen Hals.
    Das macht dem Kerl Spaß. Ich tue weiter so, als wäre ich total zugedröhnt und schlapp. Mit seiner anderen Hand hält er mir immer noch fest den Mund zu. Er beugt sich ganz nahe zu mir runter und flüstert.
    Â»Zeit, dich hier rauszuholen.«
    Dann bewegt er sich blitzschnell. Er nimmt kurz die Hände weg, doch bevor ich einen Laut von mir geben kann, haftet mir schon ein Streifen Klebeband über dem Mund. Im nächsten Augenblick reißt er mir die Nadel vom Tropf aus dem Arm und legt mir wieder das Messer an den Hals.
    Dieser Kerl ist zum Fürchten. Und er ist ein Profi.
    Er checkt den Eingang. Niemand da, keine Geräusche auf dem Flur. Er schaut zu mir zurück, mit einem leichten Grinsen. Er lässt die Klinge über meine Haut gleiten, packt mich an den Haaren und zieht meinen Kopf vom Kissen hoch.
    Â»Mir kannst du nichts vormachen«, murmelt er. »Du bist hellwach.«
    Ich lasse die Augen trotzdem fast zu. Ich muss mich weiter verstellen, egal was er sagt. Ich muss so tun, als wäre ich weggetreten. Ich muss Zeit schinden, Kraft sparen, auf den richtigen Augenblick warten und ihn dann überrumpeln. Das wird nicht leicht. Er ist nicht so blöd wie Paddys Kumpels.
    Er setzt mich hin. Seine Augen sind wieder direkt vor meinen. Ich spüre, dass er mich durchdringend ansieht, als wolle er mir in den Kopf schauen und erkennen, was darin vorgeht. Ich halte die Augen halb geschlossen und lasse mich hängen.
    Plötzlich spüre ich einen Stups unten am Rücken.
    Mein Körper zuckt nach vorn, ganz automatisch. Ich weiß, was er getan hat. Er hat mich mit dem Messer geritzt, um mich wachzurütteln. Und nun späht er mir wieder in den Kopf. Ich lasse die Augen fast zu, bleibe schlaff, hänge in seinen Armen.
    Er lässt sich nicht täuschen. Er weiß, dass ich ihm was vorspiele.
    Â»Mir kannst du nichts vormachen«, flüstert er wieder.
    Noch ein Stups mit dem Messer. Ich zucke wieder nach vorn, kippe in seine Arme. Er zieht meinen Kopf nahe an seinen ran und seine Augen bohren sich wieder forschend in meinen Schädel. Irgendwie schaffe ich es, aus halb geschlossenen Augen tranig zurückzuglotzen. Jetzt wird er ungeduldig. Oder vielleicht wundert er sich allmählich doch ein bisschen. Hoffentlich! Ich muss ihm den Eindruck vermitteln, dass ich kein Problem bin. Ich muss Zeit gewinnen, ihn zu einem Fehler verleiten.
    Plötzlich richtet er sich auf, zerrt mich an den Haaren zum Rand des Bettes, legt die Arme um meine Beine und dreht sie zu sich rum. Nun hocke ich auf der Bettkante, vornübergesunken.
    Â»Zieh diese Sachen an«, murmelt er.
    Er hat ein paar Klamotten gefunden oder mitgebracht.
    Â»Die müssten dir passen«, sagt er.
    Ich lasse mich aufs Bett zurückplumpsen.
    Â»Setz dich wieder hin.« Jetzt wird er sauer. »Oder muss ich nachhelfen?«
    Ich rühre mich nicht.
    Mit finsterer Miene zerrt er mich wieder hoch und hält mir das Messer vors Gesicht. Er schwenkt es hin und her, testet, ob meine Augen ihm folgen. Ich sehe die Klinge blitzen, lasse die Augen aber halb zu.
    Plötzlich wirft er mich aufs Bett zurück. Er beugt sich über mich, kommt mir ganz nah, zu nah. Ich versuche den Mund zu öffnen, aber es geht nicht. Das Klebeband sitzt zu fest. Nun zieht er mir den Krankenkittel aus.
    Ich hasse das. Bilder aus der Vergangenheit schießen mir durch den Kopf. Ich will mich wehren, mich losreißen. Aber ich muss weiter den Hilflosen spielen, schlapp liegen bleiben und so tun, als würde ich nicht mitbekommen, was abgeht.
    Inzwischen hat er mir den Krankenkittel ausgezogen. Ich liege nackt auf dem Bett. Der Kerl beugt sich über mich. Seine Knie sind links und rechts neben meinem Körper. Und er fasst mich wieder an. Aber Gott sei Dank nicht auf diese andere Art.
    Es ist trotzdem widerlich.
    Er zieht mir ein Unterhemd und eine Unterhose an, dann einen Pulli, eine Hose, Socken und Schuhe. Er ist schnell und geschickt. Plötzlich bin ich angezogen und er blickt sich zur Tür um.
    Da ist immer noch niemand.
    Er steht jetzt vor dem Bett und hebt mich hoch.
    Â»Zeit, zu gehen«, zischt er.
    Dann trägt er mich zur Tür.
    Ich bleibe schlaff, lasse die Arme baumeln. Er kümmert sich nicht um sie. Er ist sich sicher, dass er mit mir fertig wird. Und im Moment
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