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Lasst uns froh und grausig sein

Lasst uns froh und grausig sein

Titel: Lasst uns froh und grausig sein
Autoren: Friederike Schmöe
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Dante hindurch.
    »Und warum hat sie sie dann in die Baracke getragen, um dort einen zu verlieren?«
    »Armenspeisung für die Ratten!«, schlug Katinka vor. Sie kramte eine Plastiktüte aus ihrem Rucksack und verpackte den Stern.
    »Dazu muss man aber keine Lebkuchensterne backen.«
    Sie sahen einander an.
    »Wir nehmen noch mal den alten Engstler unter die Lupe. Hellrote Schleimhautblutungen sind ein Indiz für Cyanidvergiftung.«
     
    20:50
    »Ich denke nicht, dass er von seinen eigenen Plätzchen gegessen hat.«
    Katinka und Dante fuhren herum. Nora war lautlos hinter sie getreten. Sie trug eine Fleecejacke über ihrer bunten Tunika und fröstelte. Ihr Gesicht sah fahl und müde aus.
    »Eigene Plätzchen?« Dante reckte die Nase noch höher in die Luft.
    »Ich nehme an, dass der Misanthrop genau darauf aus war – meine Hundezucht zu vernichten.«
    »Fressen die Tierchen Lebkuchensterne?«, fragte Katinka.
    »Die fressen alles.«
    »Staffordshire Bullterrier …«
    »… ich weiß, ihre Zucht ist in Deutschland illegal. Ist eben so. Was soll ich machen. Die Gesetze liegen nicht in meiner Hand.«
    Katinka zuckte die Achseln. »Von mir aus muss das niemand wissen.«
    »Ist ein Zuverdienst. Die Kneipe bringt nichts ein. Gastronom sein, das musst du in großem Stil machen oder du verhungerst dabei. Aber mit den Hunden sieht es anders aus. Für die geben die Leute richtig Geld aus. Fürs Hundefutter übrigens auch. Aber selbst meckern sie, wenn der Salatteller nicht unter 4,50 Euro kostet.«
    »Und die Paprikas?«, fragte Dante.
    »Brutzeln im Herd.«
    Sie verließen die Scheune. Nora ließ das Tor offen.
    Engstlers Leiche war mittlerweile komplett von Schnee bedeckt. Sie lupften die Plastikplane am Kopfende.
    »Wenn da Blut ausgetreten ist, ist es inzwischen vereist«, bemerkte Dante. »Ich habe es nicht so mit dem Tod – wie wär’s, wenn wir das dem Rechtsmediziner überlassen?«
    »Die Blutungen können auch innen im Körper sein. Aber normalerweise würde man an den Lippen was sehen«, widersprach Katinka.
    Nora schob die Plane etwas weiter von Engstlers unterdessen eisgekühltem Körper. Sie tastete über seine Manteltaschen. Katinka fielen ihre ulkig gekringelten Fingerhandschuhe auf.
    »Hier!« Halb triumphierend, halb den Kopf schüttelnd hielt sie eine Tüte hoch. Eine kleine weiße Papiertüte, die knisterte, wenn man sie berührte.
    »Lebkuchensterne! Mit Schokoglasur.« Begierig griff Dante nach der Tüte, aber Katinka nahm sie ihm ab. Sie öffnete den Clip und steckte die Nase hinein. Bittermandel in betäubendem Ausmaß. »Uff! Haben Engstlers zu Hause ein Chemielabor?«
    »Das Cyanid kann man in der Küche beimischen!« Dante hob die Achseln, als wolle er sagen: Ist doch nichts dabei.
    »Es entwickelt aber ziemliche Dämpfe.« Katinka verschloss die Tüte wieder. »Soll Clemenza damit Spaß haben. Aber vorerst verstauen wir das Zeug wieder hier in Arndts Manteltaschen. Da bedient sich garantiert niemand.«
    »Und was machen wir jetzt?«, fragte Nora.
    »Nichts. Weihnachten feiern«, erwiderte Dante grinsend. »Wie war das mit dem Gras? Wollen wir warten, bis das Auge des Gesetzes sich von hier entfernt hat?«
    »Gras?« Katinka sah von einem zum andern. »Habe ich was verpasst?«
     
    21:35
    Das Auge des Gesetzes saß am Tresen im Club und nippte am dritten Glas Rotwein. Walt hockte an seinem Tisch und beobachtete verdrießlich, wie Harun Teddys Sax in seine Einzelteile zerlegte. Das Gesicht des Musikers war in Tausende Falten zersprungen. Angespannt verfolgte er jede einzelne von Haruns Bewegungen. Sladko trommelte mit den Fingern auf seinen Oberschenkeln herum, wobei Caren ihn keine Sekunde aus den Augen ließ. Heidelore Engstler hatte sich mit ihrem Stamperl und der Cynarflasche an einen freien Tisch zurückgezogen. Dort sank ihr Kopf nun in Zeitlupe auf die Tischplatte. Sie begann, leise zu schnarchen.
    »Scheiße, riecht das keiner?« Sladko reckte die Nase in die Luft. »Hier brennt was an!«
    »Das wäre dann schon zum zweiten Mal an diesem Abend«, seufzte Caren. »Ich rieche nichts. Ihr?«
    Alle hoben die Köpfe und schnupperten wie die Hasen.
    »Freilich!« Sladko stand auf.
    »Warte, Bürschchen!« Caren baute sich neben ihm auf.
    »Ej, Mann, ich wollte nur mal in die Küche!« Sladko wischte sich mit dem Ärmel übers Gesicht. »Die alte Molitor kann zetern, wie sie will: Wenn’s um den Geruchssinn geht, bin ich ihr meilenweit voraus!« Er trabte in die Küche, gefolgt von Caren.
    Harun
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