Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lasst uns froh und grausig sein

Lasst uns froh und grausig sein

Titel: Lasst uns froh und grausig sein
Autoren: Friederike Schmöe
Vom Netzwerk:
schauen?«
    »Klar!«
    Sie kletterten durch die Fensterhöhle und standen knietief im Schnee.
    »Wenn das bis Ostern so bleibt, wandere ich aus«, sagte Dante.
    »Das tun Sie doch sowieso. Ich sage nur: University of California.«
      »Ach, stimmt! Hatte ich doch für einen Augenblick vergessen. Haben Sie Ihr Handwerkszeug dabei?«
    Die Scheune war mit zwei neuen, glänzenden Vorhängeschlössern gesichert.
    Katinka suchte nach ihrem Dietrich. Ihre vor Kälte steifen Finger fummelten an den Schlössern herum. Zweimal fiel ihr der Dietrich aus der Hand.
    »Dauert ’s noch lange?«
    »In der Ruhe liegt die Kraft.« Katinka biss die Zähne zusammen. Ihr war verdammt kalt, und der hyperaktive Dante machte sie nervös. »Wissen Sie, dass Sie mich manchmal an Nicolas Sarkozy erinnern?«
    »O, danke für das Kompliment.« Er grinste wie ein Kaninchen.
    Katinka brach in Lachen aus.
    »Kann jemand mal die Töle abstellen?«, beschwerte sich Dante.
    Das Gebell war lauter, fordernder geworden. Es klickte, und das erste Schloss sprang auf, gleich darauf das zweite.
    »Hej, jetzt haben Sie den richtigen Ruck!« Dante schob schon das Tor auf. Es lief unwuchtig auf einer vereisten Schiene. Dennoch war es in der Scheune erstaunlich warm.
    Katinka leuchtete hinein. »Ziemlicher Unterschied, was?«
    Wo die alten Wirtschaftsgebäude fast in sich zusammenfielen, hatte Nora Molitor sich mit der Scheune eine Menge Mühe gegeben. Ein moderner Anhänger mit hohen, grauen Aufbauten stand direkt vor ihnen an der Wand. Das Hundegebell wurde aggressiver.
    »Das sind Transportboxen!« Katinka schlüpfte in ihre Handschuhe und fuhr mit den Fingern über den Anhänger. »Hier: Living animals.«
    »Lebende Tiere?« Dante schüttelte den Kopf. »Nora kauft ihr Fleisch auf dem Großmarkt.«
    »Ich glaube, darum geht’s nicht!« Katinka ging schnurstracks auf eine Wand zu, in der sich eine einzige, niedrige Gittertür befand. »Vorsicht!«
    Sie linsten durch die Stäbe.
    »Glauben Sie, was ich glaube?«, fragte Dante.
    »Den Religionsunterricht habe ich längst verdrängt.« Katinka rüttelte sachte an dem Gitter. »Aber das hier …«
    »… ist ein Hundezwinger.« Dante lachte auf. »Das gibt’s ja nicht.«
    Katinka überlistete das Schloss und öffnete vorsichtig die Tür. Dahinter lag ein schmaler Raum, an dessen Ende eine hochmoderne Zwingeranlage stand. Mehrere Hütten, die in eine Art Käfig eingebaut waren. »Wo sind denn die Tierchen?«
    Dante pfiff durchdringend. Das Gebell, bisher ein monotoner Klangteppich, wurde lauter.
    »Hier sind sie ja.« Katinka schüttelte den Kopf. »Sieh an. Vier niedliche Staffordshire Bullterrier.« Sie zeigte auf die kräftigen, gedrungenen Körper. Die Hunde kamen halb neugierig, halb ängstlich an den Zaun. Er bestand aus dickem Draht. Ein gelbes Schild warnte: »Vorsicht, Elektrozaun!«
    »Sie kennen sich wohl mit Vierbeinern aus!«, grummelte Dante.
    »Ich weiß nur so viel mit Sicherheit: Die Zucht ist in Deutschland verboten.«
    Dante machte ein paar Schritte auf die Zwinger zu. Einer der Hunde sprang am Gitter hoch. Der Geifer lief ihm aus dem Maul. »Hoppla! In solchen Fällen ist man doch dankbar, dass man zur intelligenteren Spezies gehört und imstande ist, Gitterstäbe zu konstruieren.« Er kramte in seiner Tasche. »Hier, mein hübscher Wauwau. Wie wär’s mit einem Lebkuchenstern?«
    »Wo haben Sie die denn her?«
    »Gerade eben gefunden. Drüben in den Bara­cken.«
    »Her damit!« Katinka nahm ihm den Stern ab. Sie roch daran.
    »Für Menschenmägen nicht mehr genießbar«, sagte Dante altklug. »Nass und dreckig. Die Glasur ist schon fast ab.«
    Katinka stutzte. »Schnuppern Sie mal.«
    »Ich mag das Zeug eigentlich gar nicht.«
    »Nur riechen«, insistierte Katinka. Aus den Augenwinkeln beobachtete sie die Hunde, die unruhig in ihren Zwingern auf- und abstromerten.
    »Irgendwie … wie Amaretto, oder?«
    »Nicht schlecht, Herr Wischnewski. Aber wenn Sie die große Karriere als Wissenschaftsjournalist antreten wollen, müssen Sie noch etwas präziser werden.«
    »Bittermandel!«, sagte Dante. Selbst in dem trüben Licht der Scheune, die nur durch ihre beiden Lampen erleuchtet wurde, konnte Katinka sehen, dass er erbleichte. »Zyankali.«
    »Oder auch Kaliumcyanid. Letale Dosis: 140 mg. Hautresorption ist möglich. Der Tod tritt durch inneres Ersticken ein.«
    »Grusel!« Dante warf den Stern auf den Boden und rieb sich die Hände am Anorak ab.
    »Hat Nora die gebacken?« Katinka sah durch
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher