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Lasst Knochen sprechen: 3. Fall mit Tempe Brennan

Lasst Knochen sprechen: 3. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Lasst Knochen sprechen: 3. Fall mit Tempe Brennan
Autoren: Kathy Reichs
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Ein Schluchzen drang unter dem Baldachin hervor und wurde vom Wind über die Gräber der anderen Verstorbenen getragen.
    »Sacré bleu.«
    Als ich mich umdrehte, starrte Claudel zum Tor hinüber. Ich folgte seinem Blick, und Angst durchzuckte mich.
    Crease und Kit bahnten sich einen Weg durch die Menge, die noch am Tor herumstand, gingen an dem Halbkreis der Trauernden vorbei und stellten sich in den Schatten eines lebensgroßen Bronzeengels, der die Arme ausgestreckt hatte, als würde er durch tiefes Wasser waten.
    Ich wollte etwas sagen, aber Claudel hob die Hand. Dann sprach er in sein Funkgerät und schaute zu seinem Partner hinunter. Mit schnellen, unauffälligen Gesten deutete Quickwater nach rechts und dann geradeaus.
    Ich schaute in die Richtungen, die Quickwater angezeigt hatte. Hinter den Trauernden und zum Teil hinter Grabsteinen und Bäumen versteckt standen Männer, deren Aufmerksamkeit nicht der Zeremonie galt. Wie Claudel und Quickwater bewegten sie ständig die Augen, und sie hatten Funkgeräte. Im Gegensatz zu den Carcajou-Ermittlern trugen sie Tätowierungen und Stiefel.
    Ich schaute Claudel fragend an.
    »Wachmänner der Rock Machine.«
    Unter dem Baldachin erhob sich nun der Priester und öffnete sein Messbuch. Hände schlugen das Kreuzzeichen. Buchseiten flatterten, als der alte Priester die Totenfeier anstimmte, und er streckte eine knotige Hand aus, um sie glatt zu streichen. Der Wind spielte mit seinen Worten, trug einige davon und verstärkte andere.
    »– der Du bist im Himmel, geheiligt –«
    Claudel neben mir straffte sich.
    Zwischen einer Gruppe von Betongrüften etwa zwanzig Meter im Westen war ein Mann aufgetaucht. Mit gesenktem Kopf ging er auf den Baldachin zu.
    »Dein Königreich – Dein Wille –«
    Ich sah zu Quickwater hinunter. Sein Blick war starr auf die Wachmänner der Rock Machine gerichtet. Einer sagte etwas in sein Walkie-Talkie. Am anderen Ende des Geländes hielt ein anderer sein Gerät ans Ohr. Quickwater starrte sie an und hob dann sein Funkgerät an den Mund.
    Claudel redete mit seinem Partner, ohne den Blick von dem Mann zu nehmen, der sich der Grabstelle näherte.
    »Probleme?«, fragte ich, nachdem das Gespräch beendet war.
    »Er gehört nicht zur Rock Machine. Er könnte von den Bandidos sein, aber die Späher sind sich nicht sicher.«
    »Wie –«
    »Er liest von den Lippen ab.«
    »Haben Sie den Kerl erkannt?«
    »Polizist ist er nicht.«
    Meine Nervenenden kribbelten. Wie bei vielen in der Menge bedeckte ein Tuch Mund und Nase des Näherkommenden, und eine Kappe beschirmte seine Augen. Aber etwas an diesem Mann stimmte nicht. Seine Jacke war zu dick für diesen warmen Tag, und er hielt die Arme zu eng an die Seiten gepresst.
    Plötzlich kam ein Jeep die Remembrance hochgerast und schlitterte auf den Eingang zu. Im gleichen Augenblick sprang ein Motor an, und eine Harley schoss durch das Tor.
    Die folgenden Ereignisse schienen ewig zu dauern, alles geschah wie in Zeitlupe. Später erfuhr ich, dass die ganze Sache nur zwei Minuten gedauert hatte.
    In dem Hufeisen aus Bikern wurde ein Mann zur Seite geschleudert und knallte gegen einen Baldachinpfosten. Schreie. Schüsse. Das Zeltdach stürzte ein. Die Menge erstarrte kurzfristig und zerteilte sich dann.
    »Runter!«
    Claudel rammte mir die Hand in den Rücken, sodass ich zu Boden stürzte.
    Ein bärtiger Mann kroch aus dem Segeltuchhaufen hervor und lief auf einen steinernen Jesus mit ausgestreckten Armen zu. Auf halbem Weg drückte er plötzlich den Rücken durch und kippte nach vorne. Er schleppte sich weiter, doch dann bäumte sein Körper sich noch einmal auf und sank schlaff zu Boden.
    Ich spuckte Erde aus und versuchte, etwas zu sehen. Eine Kugel schlug in die Kastanie hinter mir ein.
    Als ich wieder hinsah, stand der Mann mit der dicken Jacke und dem verhüllten Gesicht hinter einer Gruft und bückte sich eben zum Sockel. Er richtete sich wieder auf, und Sonnenlicht funkelte auf Stahl, als er den Spannhebel einer Halbautomatik nach hinten zog. Dann drückte er die Hand mit der Waffe an den Oberschenkel und ging zu dem Bronzeengel.
    Angst durchzuckte mich.
    Ohne nachzudenken, kroch ich auf den Pfad zu.
    »Kommen Sie zurück, Brennan«, rief Claudel.
    Ich ignorierte ihn, rappelte mich hoch und rannte auf der dem Schusswechsel abgewandten Seite den Hügel hinunter. Tief geduckt und von Grabstein zu Grabstein hastend, arbeitete ich mich auf die Statue zu, in deren Schatten mein Neffe stand.
    Um mich herum
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