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Lasst Knochen sprechen: 3. Fall mit Tempe Brennan

Lasst Knochen sprechen: 3. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Lasst Knochen sprechen: 3. Fall mit Tempe Brennan
Autoren: Kathy Reichs
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einer geplant war, der Friedhof der wahrscheinlichste Ort war. Und der am schwierigsten zu sichernde.
    Ich lief den Kiesweg entlang und stieg die Anhöhe zu Claudel hoch. Seine Begrüßung war nicht sehr herzlich.
    »Was zum Teufel haben Sie hier verloren?«
    »Kit ist bei Crease, und sie kommen hierher«, keuchte ich.
    »Sie hören einfach nicht zu, was, Ms. Brennan?« Er ließ den Blick über die Menge schweifen, als er das sagte. »Es hat heute bereits einen Mord gegeben.«
    Bilder aus der U-Bahn blitzten vor mir auf. Jocelyn, die den Bahnsteig absuchte. Jocelyn in ihren Todeszuckungen.
    »Ich war bei ihr.«
    »Was?« Claudel riss den Kopf herum und starrte erst mich und dann das Blut und die Gehirnmasse auf meiner Jacke an.
    Ich erzahlte ihm, was vorgefallen war.
    »Und Sie haben den Tatort verlassen?«
    »Ich konnte nichts mehr tun.«
    »Ich brauche Sie wohl nicht auf das Offensichtliche hinzuweisen.«
    »Sie war tot!«, blaffte ich. Angst, Wut und schlechtes Gewissen schwirrten mir im Kopf herum, und Claudels gefühllose Art beruhigte mich auch nicht gerade. Ein Schluchzen stieg in meiner Brust auf.
    Nein. Keine Tränen!
    In diesem Augenblick erschien sein Carcajou-Partner auf der Anhöhe. Quickwater ging zu Claudel, sprach leise mit ihm und ging wieder, ohne mich eines Blickes zu würdigen. Sekunden später tauchte er unten wieder auf, ging zwischen einer Gruppe reich verzierter Grabsteine hindurch und stellte sich hinter einen Obelisken aus rosafarbenem Granit.
    »Wenn ich sage, runter, dann gehen Sie in Deckung. Keine Fragen. Kein Heldentum. Haben Sie mich verstanden?«
    »Sehr gut.«
    Damit war die Unterhaltung beendet.
    Mir war das ganz recht. Es widerstrebte mir, meine Angst um Kit in Worte zu fassen, weil ich fürchtete, dass dadurch die Bedrohung erst wirklich wurde. Von Lecomte würde ich ihm später erzählen.
    Fünf Minuten vergingen. Ich musterte die Trauergäste. Geschäftsanzüge neben Ketten, Hakenkreuzen, Ohrsteckern und Stirnbändern.
    Ich hörte den Lärm, bevor ich die Prozession sah. Es fing an als leises Grollen und wurde zu einem Donnern, als zwei Streifenwagen um die Kurve kamen, dann ein Leichenwagen, eine Limousine und ein halbes Dutzend Autos. Eine Phalanx aus Motorrädern folgte, vier nebeneinander hinter den Autos, weiter hinten zu zweit und zu dritt. Bald war die Straße verstopft mit Motorrädern, und ich konnte das Ende der Schlange nicht sehen.
    Sonnenlicht funkelte auf Chrom, als der Zug langsamer wurde und in den Friedhof einbog. Die Luft war erfüllt von Motorenlärm und dem Knacken von Gangwechseln, während die Formation sich auflöste und die Biker sich vor dem Eingang zusammendrängten. Männer in schmierigen Levi’s, mit Bärten und Sonnenbrillen stiegen von ihren Maschinen und gingen auf das Tor zu.
    Mit zusammengekniffenen Augen sah Claudel zu, wie der Friedhof sich in einen Menschenzoo verwandelte.
    »Sacré bleu. Wir sollten die draußen halten.«
    »Roy sagt, das ist nicht möglich.«
    »Scheiß Bürgerrechte. Sperrt das Geschmeiß aus, und dann sollen ihre Anwälte uns verklagen.«
    Der Leichenzug bog nach links ab und fuhr die baumgesäumte Straße entlang, die um die Troie-Abteilung herumführte. Als er anhielt, trat ein Mann im Anzug zu der Limousine und öffnete die hintere Tür. Den Leuten, die ausstiegen, sah man an, dass sie einen solchen Service nicht gewohnt waren.
    Ich sah zu, wie der Leichenbestatter die Familie zu Klappstühlen unter einem hellgrünen Baldachin führte. Ein alter Mann in einem alten Anzug. Zwei Matronen in schwarzen Kleidern, mit falschen Perlen um den Hals. Eine junge Frau in einem geblümten Kleid. Ein Junge in einem Sakko, dessen Ärmel nicht bis zu den Handgelenken reichten. Ein älterer Priester.
    Während Freunde und Verwandte aus den Autos stiegen, versammelte sich auch Dorseys andere Familie. Lachend und schreiend bildeten sie um den Baldachin herum ein unregelmäßiges Hufeisen. Darunter lag das frisch ausgehobene, drapierte Grab.
    Eine Abordnung von acht Männern, alle in Jeans und Sonnenbrille, versammelte sich hinter dem Leichenwagen. Auf ein Zeichen des Leichenbestatters hin bot ein Gehilfe ihnen Handschuhe an, die ein Riese mit Stirnband mit der Hand barsch wegschlug. Mit bloßen Händen zogen sie den Sarg heraus und trugen ihn, mit dem Gewicht des Verstorbenen und seines Behältnisses kämpfend, zum Baldachin.
    Die Zweige über nur bewegten sich, der Geruch von Blumen und frisch aufgeworfener Erde stieg mir in die Nase.
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