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Lasst eure Kinder in Ruhe

Lasst eure Kinder in Ruhe

Titel: Lasst eure Kinder in Ruhe
Autoren: Wolfgang Bergmann
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abspiegelt, und mehr: Mit jedem Kind beginnt die Schöpfung neu.
    Das sind große Gedanken, oft gesprochen, oft aufgeschrieben und so unendlich oft vergessen.
    Heiland: »Im Grund her hat der Mensch, jeder Mensch, in sich ein Agens, einen Selbstbildungstrieb in sich, aus sich das Optimale zu machen, und das heißt nicht in erster Linie Leistung oder marktspezifisch und alles das, was wir heute gesellschaftlich verrechnen. Das ist nicht sein Problem.« Und weiter Heiland, klar und kritisch: »Der Fröbel hat sich etwas getraut. Der Vorwurf der Verschrobenheit kommt auch daher: Er hat auch kompliziert gedacht.«
    Das Komplizierte liegt unseren Universitäten nicht, im erziehungswissenschaftlichen Bereich ganz besonders nicht, es liegt der Mentalität vieler Studenten nicht. Aber es gibt zum akademischen Trott viele Gegenstimmen.
Prof. Bernd Ahrbeck von der Berliner Humboldt-Universität, Direktor des Instituts für Verhaltensgestörtenpädagogik, vertritt eine davon.
    Eine andere ist Michael Winkler, Professor für Allgemeine Pädagogik und Theorie der Sozialpädagogik an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena. Er schreibt: »Das, denke ich, ist ein ganz großes Problem, was wir in der Pädagogik haben: Man tut immer so, als wäre Pädagogik so einfach. Man könnte mit ganz einfachen Techniken, Methoden, Erziehungsmitteln, Erziehungszielen, man muss nur die Stellschrauben verändern.«
    Und Winkler fährt fort: »... und da sagt Fröbel, ne, liebe Leute, es geht so nicht. Ihr müsst erst einmal begreifen, wie kompliziert, wie komplex das Geschehen ist, und dann könnt ihr erst sehen, wie wir das Geschehen gestalten können.« 3
    Selbstverständlich hat Winkler recht. Aber versuchen Sie einmal in einer Fernsehrunde oder als Experte in einer Reportage einen Beitrag zu leisten, der mehr als vier Sätze umfasst. Da können Sie einen Moderator, der sich in aller Regel für das Thema genauso wenig interessiert wie für seine Gäste, aufgeregt mit den Händen wedeln sehen. Denn was ihn wirklich interessiert, das ist das Einhalten von Vorgaben des Gesprächsverlaufes und die Tatsache, dass er die Zeit nicht überschreiten darf. Das war es dann.
    Insofern haben die Besserwisser, die Großsprecher, die Lautsprecher das Wort in unseren Medien. Von dort dringt es durch, natürlich auch zu den Pädagogen, den Erzieherinnen. Sie werden davon geprägt, mehr als von
ihrem Studium, das aber oft auch nichts anderes mitzuteilen hat.
    Die Studenten von Winkler und anderen klugen Hochschullehrern sind besser dran. Sie haben zumindest die Chance, die Wirklichkeit eines Kindes zu erfahren, die Freude, die es bereitet, sich auf diese hohe sinnliche und spontane Realität im Seelischen einzulassen und der Kosmologie, der Menschwerdung, die sich darin verbirgt, nachzuspüren.
    Den Kindern helfend zuzuschauen ist immer auch Betrachtung der eigenen geistigen Ursprünge. Langweilig wird das für einen offenen Geist nicht. Er erkennt in so vielen Facetten die Anfänge seiner selbst. Neben einem spielenden Kind kann ich kleine Ewigkeiten zubringen und einfach nur schauen und staunen.
    Michael Winkler ist ein gebildeter und kluger Mann, mit historischer Distanz schaut er auf die Pädagogik von heute. Und er fragt, welche Leitideen für Bildung und Erziehung es überhaupt noch gebe, außer den Wunsch nach Steuerung, Messung und Orientierung am Arbeitsmarkt. Er fragt dies eindringlich, nicht nur kritisch.
    Der Mann ist engagiert, er hat Kindheit als Aufgabe für die Gesellschaft und für sich selber verstanden. So sind gute Pädagogen, ob in den Kindergärten oder an den Hochschulen. Winkler stellt deshalb auch gleich die weiterführende Frage, die ganz praktische, woher wir eigentlich wissen wollen, was im Umbruch unserer Kultur angesichts der Informationstechnologien und des damit verbundenen Wissens und Erkennens wir heute vorausahnen können. Denn nun kommt ein Weiteres hinzu: Die
globalisierte mediale Welt stürzt von Jahr zu Jahr in neue Entwicklungen, aber in der Pädagogik richten wir uns immer noch nach alten Entwicklungsprogrammen. Und wo sie modernisiert wurden, da nur im Sinn von Effektivität, Geschwindigkeit und möglichst viel Lernen in möglichst kurzer Zeit.
    Den Herausforderungen der neuen technologisch-ästhetischen Weltzusammenhänge, die uns mit Computer, Internet, der Verbindung aller Orte mit allen rund um die Welt erwartet, wird man weder mit Effektivität noch mit überholten geistigen Konzepten nachkommen. Hier kommen
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