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Lassiter und der Gentleman-Fighter

Lassiter und der Gentleman-Fighter

Titel: Lassiter und der Gentleman-Fighter
Autoren: Jack Slade
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war ein Wagenbauer. Ich habe nichts davon mitbekommen, dass sich bei ihm die Kunden die Klinke in die Hand gegeben hätten. Aber schlecht ist es ihm bestimmt auch nicht gegangen. Sonst hätte er seiner Frau wohl kaum die wunderschönen Schmuckstücke kaufen können, die sie immer wieder trug.« Das Saloongirl stieß ein sehnsuchtsvolles Seufzen aus. »Wenn ich nur an die Halskette denke, die sie in der Kirche anhatte. Ein Traum. Es war ein Geschenk von ihm. Als ich sie das erste Mal gesehen habe, bin ich richtig neidisch geworden.« Die Blondine hakte sich noch fester bei ihrem Begleiter unter. »Sind alle in deiner Familie so spendabel?«
    Webber schien nichts dagegen zu haben, dass sie zum vertraulichen Du übergegangen war, ließ ihre Frage aber unbeantwortet. »Glaubst du, dass Onkel Horace Feinde hatte?«
    »Nicht, dass ich wüsste. Zumindest im Bow & Arrow ist mir niemand begegnet, der sauer genug auf ihn gewesen wäre, um ihm eine Kugel zu verpassen. Von Feinden ist mir also nichts bekannt.« Amber zog nachdenklich eine Augenbraue in die Höhe. »Das gilt übrigens genauso für Freunde. Irgendwie waren die Webbers ein Paar, das man zwar kannte, von dem man aber auch nicht viel mitkriegte. Ein freundliches Hello oder Goodbye, wenn man sich zufällig mal traf, mehr war da nicht.«
    »Merkwürdig. Ein Haus außerhalb der Stadt. Nur wenig Kontakt zu den Leuten. Wenn ich das höre, kommt es mir beinahe vor, als hätten meine lieben Verwandten etwas zu verbergen gehabt.«
    »Naja, für die meisten hier waren sie einfach ein bisschen seltsame Eigenbrötler. Aber was das betrifft, sind sie weiß Gott nicht die Einzigen.« Das Saloongirl stieß ein wissendes Lachen aus. »Viele fliehen in den Westen, weil sie mit der Enge und dem Durcheinander an der Ostküste nicht zurechtkommen. Sie kümmern sich dann nur noch um ihre eigenen Angelegenheiten. Auch wenn das bedeutet, dass es ziemlich einsam um sie wird. Bis zum Schluss.«
    »Wie meinst du das?« Webber sah sie fragend an.
    »Dass sie auch ihren letzten Weg allein gehen müssen.« Ambers Stimme wurde leiser. »Man sagt, auf der Beerdigung von deinem Onkel und deiner Tante waren nur vier Leute. Der Sheriff, der Reverend, Lawyer Vaughan und der Undertaker. Findest du das nicht entsetzlich traurig?«
    »Nun ja, ich glaube kaum, dass es den beiden noch etwas ausgemacht hat. Da hatten sie das Schlimmste schon hinter sich.«
    »Also, das wäre nichts für mich«, erklärte die Blondine im Brustton der Überzeugung. »Ich brauche Publikum. Für mich gibt es nichts Schöneres, als im Bow & Arrow auf der Bühne zu stehen und mich im Applaus zu sonnen. Daran wird sich nie etwas ändern. Auch nach meinem Tod nicht. Ich will, dass die halbe Stadt um mein Grab herumsteht.« Sie nickte zu der Mauer des Knochenackers, die sie mittlerweile erreicht hatten. »Selbst wenn der Friedhof dabei aus allen Nähten platzt.«
    »Interessanter Gedanke. Aber ich vermute mal stark, dass du keine Lust hast, dass diese Vorstellung schon in der nächsten Zeit stattfindet.«
    »Richtig.« Ambers helles Lachen mischte sich in das langgezogene Quietschen, das die rostigen Scharniere des schmiedeeisernen Eingangstores von sich gaben. »Momentan ist es mir lieber, wenn ich noch aus eigener Kraft diesen Platz besuchen kann. Um dann auch ganz schnell wieder von hier zu verschwinden.«
    »Tja, diese Möglichkeit haben mein Onkel und meine Tante nun nicht mehr.« Webber hielt ihr galant das Tor auf. »Wo liegen sie denn begraben?«
    »Dort drüben.« Seine Begleiterin wies zu einer Stelle in einer hinteren Ecke der Friedhofsmauer. »Eigentlich sind die Gräber ganz leicht zu finden. Seit ihrem Tod haben keine weiteren Beerdigungen mehr stattgefunden. Deshalb …« Sie verstummte mitten im Satz.
    Webber folgte ihrem Blick.
    Erst in diesem Moment bemerkte er die junge Frau, die bei zwei frisch aufgeschütteten Erdhügeln stand.
    Sie war eine äußerst attraktive Erscheinung, die ihren zwanzigsten Geburtstag noch nicht lange hinter sich hatte. Obwohl sie gedeckte, unauffällige Kleidung trug, war deutlich zu erkennen, dass ihre Formen mit Leichtigkeit einen Mann ins Schwärmen geraten lassen konnten. Ihr welliges, halblanges Haar schimmerte kupferfarben in der Mittagssonne.
    Die Lady war gerade dabei, einen Strauß mit Wildblumen auf einem der Gräber abzulegen.
    Aufgeschreckt durch das Quietschen des Eingangstors wandte sie sich um.
    Für eine einzige Sekunde traf sich ihr Blick mit dem von Webber.
    Die
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