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Laqua - Der Fluch der schwarzen Gondel

Laqua - Der Fluch der schwarzen Gondel

Titel: Laqua - Der Fluch der schwarzen Gondel
Autoren: N Blazon
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Nachricht vom Besuch aus Deutschland hatte sich im Viertel natürlich sofort herumgesprochen. Alle Freundinnen von Nonna waren am Nachmittag zu Besuch gekommen, um die Kinder zu sehen. Und alle hatten sich natürlich auf den blonden Jan gestürzt, ihn abgeknutscht und begeistert »Que dolce angelo!« – was für ein süßer Engel! – ausgerufen. Kristina biss sich auf die Unterlippe. Ihr Zwerchfell hüpfte schon, und ihr Kopf lief knallrot an, so schwer war es, nicht loszulachen. Ein Glucksen steckte tief in ihrer Kehle und hörte sich an wie Schluckauf. Jan warf ihr einen misstrauischen Blick zu.
    Kristina wusste, dass ihr Bruder ohnehin schon schlecht gelaunt war, aber jetzt konnte sie einfach nicht anders: Sie spitzte die Lippen zum Kuss und klimperte mit den Wimpern wie eine von Nonnas Nachbarinnen. Ihr Bruder lief vor Wut natürlich sofort tomatenrot an.
    »Was ist los, Kristina?«, fragte Tante Sara. »Hast du was im Auge?«
    »Nein«, presste Kristina mühsam beherrscht hervor. »Ich dachte nur, ich hätte hier irgendwo einen kleinen süßen Engel gesehen.«
    Wie immer wurde Jan nicht einfach nur wütend, nein, Jan explodierte. »Du siehst mit deinem affigen Kleid noch viel blöder aus!«, brüllte er. »Wie Draculas Barbie!«
    Sein Stuhl fiel um, so stürmisch sprang er auf. Ein Glas kippte, Orangensaft schwappte auf die Tischdecke.
    »Madonna!«, schrie Nonna auf.
    Aber da hatte Jan sich schon ein Stück Tintenfisch geschnappt und nach seiner Schwester geworfen. Knoblauchsoße spritzte und verfing sich in Kristinas Wimpern.
    »Kinder, Schluss jetzt!«, rief Sara. Doch Kristina musste jetzt erst recht lachen. Mit einem Mal machte sich die ganze Spannung der letzten Tage Luft. Lachtränen schossen ihr in die Augen. Und damit steckte sie auch Jan an. Eben noch war er stinksauer gewesen, aber nun deutete er auf ihren Tintenfischbart und prustete los. Es herrschte ein heilloses Durcheinander. Nonna schimpfte, Sara regte sich auf, das Radio dudelte, und Cesare fuchtelte mit der Serviette, um den verschütteten Saft aufzutupfen. Und zu allem Überfluss blitzte und donnerte es zur gleichen Zeit. Dzzzz, machte die Lichterkette, dann erlosch sie. Und auch das Radio verstummte mit einem Schlag. Im Zimmer war es dunkel geworden.
    »Auch das noch!«, stöhnte Sara. »Stromausfall.«
    Kristina blinzelte und sah, dass nur noch die Kerze auf dem Tisch brannte. Sara war schon aufgesprungen und lief zu einer Kommode. Hastig kramte sie eine Taschenlampe aus der Schublade und eilte zur Tür. »Bleibt am Tisch, ich kümmere mich um die Sicherung!«, rief sie über die Schulter zurück.
    Kristinas Zwerchfell hüpfte immer noch, das Kichern wollte nicht aufhören. Im Spiegel sah sie sich selbst: ein elfjähriges Mädchen mit schulterlangem, glattem Haar und soßenverschmiertem Kinn, breit grinsend. Aber dann blieb ihr das Lachen mit einem Mal im Hals stecken. Hinter ihr fauchte der Wind den Sturmregen gegen die Scheiben. Aber da war noch etwas zu sehen. Eine Gestalt am Fenster! Und sie starrte in den Raum. Im Kerzenlicht konnte Kristina nur ein patschnasses blasses Gesicht erahnen, verstrubbeltes schwarzes Haar und ebenso schwarze Augen.
    Kristina schrie auf und wirbelte auf dem Stuhl zum Fenster herum. Das Ding war immer noch da. Und jetzt erhellte wieder ein Blitz das Zimmer. Für eine Sekunde sah sie das Wesen ganz genau. Es war ein Kind! Es war barfuß und trug ausgefranste Kniehosen, die ebenfalls klatschnass waren, dazu ein schmutzig weißes Hemd und eine Weste. Es starrte Kristina aus weit aufgerissenen Augen an, dann kletterte es weiter wie ein Äffchen.
    In diesem Moment erwachten Lichterkette und Radio wieder zum Leben.
    Und gleich darauf kam Sara wieder ins Zimmer und fragte: »Was ist passiert? Was soll das Geschrei?«
    »Da … da draußen ist jemand!«, stotterte Kristina.
    Sara ging zum Fenster. Das Fensterbrett war leer. »Ich habe es aber gesehen!«, beteuerte Kristina. »Es war ein Kind und es ist von außen am Hotel hochgeklettert!«
    Nonna winkte ab. »So ein Unsinn! Wir sind im dritten Stock. Wie soll denn ein Kind da draußen rumklettern – und noch dazu bei Sturm?«
    In diesem Augenblick rumpelte es direkt über ihren Köpfen, als würde etwas im Dachzimmer umfallen. Jan hechtete zu Cesare. Sara packte die Taschenlampe wie einen Schlagstock und rannte los. Kristina zögerte, aber dann nahm sie ihren Mut zusammen und folgte ihr.
    Zwei Stufen auf einmal nehmend, rannte Sara direkt zu dem Zimmer unter dem
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