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Laqua - Der Fluch der schwarzen Gondel

Laqua - Der Fluch der schwarzen Gondel

Titel: Laqua - Der Fluch der schwarzen Gondel
Autoren: N Blazon
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Silberspiegel das hohe Bogenfenster sehen, an dem Sara eben noch gestanden hatte. Da war nichts Ungewöhnliches. Nur der Regen klatschte gegen die Scheiben und die Perlenkordel schaukelte hin und her.
    Alle zuckten zusammen, als noch ein Donnerschlag ertönte – doch diesmal kam er aus dem Hotel. Eine Tür war mit lautem Knall zugefallen. Und jetzt hörte man schlurfende, schwere Schritte und ein seltsam dumpfes Ächzen. Kristina schluckte. Jetzt bekam sie doch Herzklopfen. Jan duckte sich sofort unter den Tisch. Seit ihrer Ankunft behauptete er steif und fest, dass es in dem Hotel Gespenster gäbe, die in den Ecken flüsterten. Kristina glaubte nicht an so etwas, aber plötzlich war sie sich nicht mehr so sicher.
    Die Klinke wurde heruntergedrückt und schnappte wieder nach oben, dann rumste es, als würde jemand mit einer Schuhspitze gegen Holz treten. »Tür auf, Cecilia!«, brummte eine tiefe, freundliche Stimme. »Oder willst du, dass dein Besuch an Weihnachten verhungert?«
    Etwas Erstaunliches geschah: Nonnas finstere Miene hellte sich auf. »Oh, er ist schon hier«, rief sie und gab Kristina einen Wink. »Na los, Mädchen, lass ihn rein!«
    Das ließ sich Kristina nicht zweimal sagen. Sie rannte zu der schweren Flügeltür, riss sie auf – und sah sich einem Riesen gegenüber, der eine große Plastikkiste in den Händen hielt. Darauf prangte das Logo eines Restaurants: eine Meerjungfrau, die Messer und Gabel in den Händen hatte, und dazu die Aufschrift La Sirena Affamata – Zur hungrigen Meerjungfrau. Als der Mann eintrat, tropfte das Wasser von seiner Regenjacke auf den Boden.
    »Brrr! Was für ein Hundewetter«, rief er und schüttelte sich. Tropfen spritzten nach allen Seiten, dann rutschte die Kapuze der Regenjacke in seinen Nacken. Zum Vorschein kam ein rundes, gutmütiges Gesicht mit wasserblauen Augen. Graues Haar stand wirr vom Kopf ab. »Hallo, du musst Kristina sein!«, sagte der alte Mann. Kristina konnte gar nicht anders, als ihn anzulächeln, so nett wirkte er. »Na, du siehst deinem Vater aber ähnlich«, staunte der Fremde. »Als Flavio in deinem Alter war, ist er nachmittags gerne in meine kleine osteria gekommen und hat dort Kellner gespielt. Du hast dasselbe dunkle Haar und seine braunen Augen, eine richtige Venezianerin!« Mit diesen Worten stellte er die Kiste auf den Boden. »Und wo ist meine kleine Sara?«
    »Cesare!« Sara rannte herbei und umarmte den Alten, ohne darauf zu achten, dass sie dabei nass wurde.
    »Oh, aber klein bist du ja nun wirklich nicht mehr«, lachte Cesare. »Wie die Zeit verflogen ist. Ich sehe dich noch vor mir, wie du als Kind den Sohn des Bürgermeisters in den Kanal geschubst hast, weil er einen Stein nach einer Katze geworfen hatte. Seitdem haben dich die Leute la paladina degli gatti – die Katzenbeschützerin – genannt.«
    Sara schmunzelte. »Das ist lange her.«
    »Mir kommt es vor wie gestern«, antwortete Cesare und zwinkerte ihr zu. Dann holte er Schüsseln voller Essen aus der Kiste und rief munter: »So, ich habe Leckereien mitgebracht. Ich hoffe, ihr habt Hunger!«

Fenstergespenster

    KURZE ZEIT SPÄTER SASSEN SIE ALLE vor vollen Tellern, auf denen sich gegrillte Mini-Calamari mit Knoblauchsoße und frittierte Stockfischbällchen türmten. Es war seltsam, aber mit Cesares Ankunft schien es im Salon wärmer und heimeliger geworden zu sein. Jan war unter dem Tisch hervorgekommen und selbst Nonna hatte bessere Laune und lächelte sogar einmal. Cesare plauderte mit Sara über alte Zeiten. Offenbar war er früher Koch im Hotel gewesen, bevor er sein eigenes klei nes Restaurant aufgemacht hatte, das mittlerweile seine Tochter führte.
    Kristina konnte es sich jetzt doch nicht verkneifen, zu ihrem kleinen Bruder hinüberzuschauen. Sofort musste sie sich tief über den Teller beugen, um nicht die Beherrschung zu verlieren: Sonst hatte Jan immer eine Strubbelfrisur wie ein Räuber und trug am liebsten seinen alten Fußballpulli und Hosen mit Grasflecken. Aber heute sah er aus wie der kleine Lord. Nonna hatte sein blondes Haar streng gescheitelt und mit Gel glatt an den Kopf geklatscht. Außerdem hatte sie ihm einen dunkelblauen Matrosenanzug verpasst, der aussah wie aus der Mottenkiste gezogen. Die Silberknöpfe waren schon dunkel angelaufen. Aber das Lustigste war Jans Gesicht: Seine Wangen leuchteten immer noch quietschrosa vom Lippenstift, den er sich heute mindestens zehnmal unwillig mit dem Handrücken abgewischt und damit verschmiert hatte. Die
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