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Landpartie mit drei Damen

Landpartie mit drei Damen

Titel: Landpartie mit drei Damen
Autoren: Nancy Mitford
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schade, wenn Sie abreisen müssten, wo Sie doch gerade der Bewegung beigetreten sind und überhaupt. Sie sind genau der Typ junger Mann, den ich hier brauche. Aufgeweckt, aktiv, energisch.«
    »Das bin ich«, sagte Jasper.
    »Außerdem wären Sie nicht den ganzen Tag mit anderen Dingen beschäftigt. Ich habe einige wundervolle Mitglieder in meiner Ortsgruppe, aber es sind natürlich Arbeiter, abgesehen von den Union-Jackshirt-Aufpassern, die sich, wie Sie gesehen haben, um diese alte Pazifistin gekümmert haben. Ich fand, die beiden waren sehr unerschrocken; für zwei Pence würde so eine zustechen, diese Bande arbeitet mit allen Tricks. Ja, wir brauchen hier gebildete Leute wie Sie, die Propaganda machen und Reden halten können. Deshalb freue ich mich ganz besonders, dass Sie noch bleiben.«
    »Ich nehme an, Sie sind Eugenia Malmains«, sagte Jasper. »Ich habe Sie vor Jahren hier im Dorf herumreiten sehen, als Sie noch nicht alt genug waren, äh – eigentlich waren Sie noch ein Kind. Sie haben damals allein bei Ihren Großeltern gelebt.«
    »Das ist leider immer noch so.«
    »Tag für Tag hier unten? Sind Sie nie in London?«
    »Nein. Wissen Sie, D.A.A.F. (so nenne ich meine Großmutter immer, das steht für ›Die arme alte Frau‹) sagt, in London würde niemand mit uns sprechen. D.A.A.M. (›Der arme alte Mann‹, das ist mein Großvater) fuhr immer zu den Sitzungen im Oberhaus, bevor er seinen Schlaganfall hatte. Da er völlig taub war, spielte es keine Rolle, ob jemand mit ihm sprach oder nicht. Mir wäre es auch egal, denn ich weiß, dass die Kameraden im Union Jack House mit mir sprechen würden. D.A.A.F spinnt einfach, was das angeht.«
    »Würden Sie denn gern nach London fahren?«
    »Ja, natürlich. Ich könnte den Captain sehen. Und ich könnte bei den Union-Jack-Bataillonen mitmarschieren.«
    »Wer ist der Captain eigentlich?«
    »Captain Jack, Gründer der Sozialunionistischen Bewegung und Führer der Union Jackshirts«, sagte Eugenia und warf den Arm zum Gruß empor.
    »Warum heiraten Sie nicht und ziehen weg von hier?«
    »Vielen Dank, aber ich bin mit der Bewegung verheiratet. Ach, verdammt, da ist Nanny wieder! Ich muss los.« Sie legte die Hände an den Mund und rief in zwei Tonhöhen: »Vivian Jaack-son!« Ein kleines schwarzes Pferd ohne Sattel und Zaumzeug kam herbeigetrottet, begleitet von einer riesigen Bulldogge. »Das ist Vivian Jackson, mein Pferd«, erklärte sie. »Mein Hund heißt Reichshund, nach Bismarcks Hund, wissen Sie. Auf Wiedersehen.« Sie schwang sich auf das Pferd, gab ihm einen schallenden Klaps auf den Hals und galoppierte in Richtung Chalford Park davon.
    »Es geht doch nichts über unsere englischen Exzentriker«, sagte Jasper. »Komm, alter Junge, inzwischen ist bestimmt überall geöffnet.«

3

    »Was gibt’s Neues?«, fragte Noel. Verschwitzt und missgelaunt nach einem langen Spaziergang, betrat er den Garten des Jolly Roger. Wenn er auf dem Land war, bewegte er sich viel in der frischen Luft. Er glaubte an gesunde Lebensführung.
    Jasper, der an das Vergnügen glaubte, saß da, rauchte und las die Morgenzeitungen, die in diesem entlegenen Dorf vermutlich zusammen mit der einen Postzustellung irgendwann zwischen zehn und vier Uhr nachmittags eintrafen.
    »Eine weitere Leiche wurde in einer Truhe gefunden, und zwei furchtbar hübsche Mädchen sind gestern spätabends hier eingetroffen. Sieht aus, als wollten sie länger bleiben – genau das Richtige für uns.«
    »Versteh ich nicht«, sagte Noel verdrießlich. »Wir haben doch Eugenia.«
    »Verstehst du nicht? Es ist so: je mehr, desto besser. Von den guten Dingen kann man nicht genug haben. Viele Hände erleichtern die Arbeit und so weiter. Gar nicht übel, die in der Truhe. Alles in allem gefällt es mir hier ausgesprochen gut.«
    »Ach ja?«
    »Ja. Ich habe auch drei Minuten mit Eugenia gesprochen, bevor Nanny dazwischenkam. Reizendes Ding, ich werde sie vermutlich heiraten.«
    »Jasper, mein Lieber, ich muss dir was sagen. Es fällt mir nicht ganz leicht, aber wir kennen uns schon so lange, dass ich hoffentlich offen mit dir reden kann.«
    »Schon gut, sei unbesorgt. Jeden Moment müsste Geld für mich eintreffen – ich werde dich um keinen Penny mehr anhauen, ich versprech’s.«
    Noel seufzte tief. Er hätte ahnen können, dass dieser alte Gauner sich nicht so leicht würde abschütteln lassen.
    »Was hat Eugenia denn so erzählt?«, fragte er ein wenig gereizt.
    »Noch einiges über die Mätressen
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