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Landpartie mit drei Damen

Landpartie mit drei Damen

Titel: Landpartie mit drei Damen
Autoren: Nancy Mitford
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achtzigjähriger Politiker, die uns beherrschen. Ich muss schon sagen, ein erschreckender Gedanke, findest du nicht?«
    »Wer beherrscht uns jetzt – die Politiker oder die Mätressen?«
    »Ah ja. Ich muss sie das bei Gelegenheit mal fragen. Wie auch immer, damit muss endlich Schluss sein. Schande oder Schierlingsbecher für sie. Schön, da kommt endlich das Bier – eins für dich? Noch zwei Bier bitte, Fräulein, und alles auf die Rechnung von Zimmer 6, ja?«
    »Zimmer 8«, sagte Noel. Zimmer 6 war seins.
    »O je, wie kleinlich von dir«, sagte Jasper. »Schreiben Sie zwei Bier für Zimmer 6 an und eines für Zimmer 8 und die Zeitungen für Zimmer 6 – tut mir leid, mein Lieber, früher oder später wirst du das mit der Truhe lesen müssen. Also wirklich, ich hasse diese Pfennigfuchserei.«
    »Ich auch«, sagte Noel sofort. »Pass auf, Jasper. Ich gebe dir dies für die Fahrkarte nach London und übernehme deine Rechnung, sobald du abgereist bist. Wie findest du das?«
    »Sehr großzügig von dir«, sagte Jasper, steckte die anderthalb Pfund in seine Brieftasche und wandte sich wieder den grausigen Einzelheiten der Truhenmorde zu.
    Später am Tag bemerkte er zu Noel: »Diese beiden neuen Mädels kommen mir sehr merkwürdig vor. Erstens haben sie sich als Miss Smith und Miss Jones eingetragen, beide aus Rickmansworth. Na schön. Zweitens haben sie noch einen Salon dazugemietet, was ich seltsam finde. Aber das Seltsamste ist, dass diese Miss Jones den ganzen Nachmittag im Garten war und Herzogskrönchen aus ihren Schlüpfern und Nachthemden herausgetrennt hat. Da ist was faul, würde ich sagen.«
    »Woher weißt du, dass es Herzogskronen waren?«
    »Mein Lieber, eine Herzogskrone erkenne ich sofort. Vergiss nicht, dass mein Großvater ein Herzog ist.«
    »Aber kein richtiger.«
    »Ich vermute in der Tat, dass er nicht ganz richtig ist. Wie auch, er sitzt ja seit fünfunddreißig Jahren in der Klapse.«
    »Genau. Bekloppte Herzöge zählen für mich ebenso wenig wie bankrotte Herzöge.«
    »Ich meine, zähl ihn oder zähl ihn nicht. Ich bin sicher, es interessiert ihn nicht.«
    »Erzähl mir mehr über Miss Jones’ Schlüpfer.«
    »Sobald ich sicher war, dass sie eine Art Monogramm heraustrennte (ich konnte es durch die Hecke nicht so gut erkennen), schlich ich hinauf in ihr Zimmer, Nummer 4 gegenüber vom Badezimmer. Es wimmelt dort von Herzogskronen, wohin man auch schaut. Sogar auf den Bürsten und Kämmen, eine einzige Orgie von Erdbeerblättern. Und die Juwelen, die auf dem Frisiertisch herumliegen! In der Tasche eines alten Mantels habe ich zwei Pfund gefunden – glaube nicht, dass sie die vermisst.«
    »Im Moment stehst du finanziell jedenfalls nicht schlecht da.«
    »Mm. Aber das mit Miss Jones, ist das nicht seltsam? Ist sie eine durchgebrannte Gräfin oder die durchgebrannte Kammerdienerin einer Gräfin oder was? Wie auch immer, ich spendier dir einen Drink im Rose Revived. Eugenia müsste bald da sein, und ich habe ihr versprochen, dass wir vor dem Schokoriegelladen auf sie warten.«
    Eugenia war jedoch mitten in einem äußerst anstrengenden Gespräch mit »Der armen alten Frau«, ihrer Großmutter, die von ihrem jüngsten Auftritt gehört hatte.
    »Kind, ich kann nicht zulassen, dass du wie ein Küchenmädchen im Dorf herumläufst«, sagte D.A.A.F. eher bekümmert als zornig, »und mit Fremden sprichst, dir sogar Süßigkeiten von ihnen schenken lässt. Außerdem bist du, wie ich höre, wieder einmal im Herrensitz auf deinem Pony geritten – du bist kein kleines Kind mehr, meine Liebe, und junge Damen sollten nicht auf diese Weise reiten. Was müssen die Leute im Dorf von dir denken! Ich mache Nanny und mir Vorwürfe. Dir können wir wohl kaum einen Vorwurf machen, Eugenia. Deine Mutter war schließlich eine schlimme Sünderin, und schlechtes Blut kommt früher oder später immer heraus.«
    »Ich bin überhaupt nicht schlecht«, sagte Eugenia verdrießlich. »Ich sündige nie, und ich würde mein Leben ohne zu zögern für den Captain geben.«
    Lady Chalford, die dunkel ahnte, dass Eugenia vom Herrgott sprach, schaute verlegen. Für sie war religiöse Inbrunst fast so schlimm wie sexuelle Zügellosigkeit, und sie ging vermutlich auch damit einher. Viele der lasterhaften Frauen, die sie in ihrem Leben kennengelernt hatte, waren zutiefst und demonstrativ religiös.
    Sie selbst ging natürlich in die Kirche, weil sie das für eine patriotische Pflicht hielt, hatte aber keine inneren Empfindungen für
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