Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Landlust für Anfänger: Erlebnisse einer Ausgewilderten in der Toskana

Landlust für Anfänger: Erlebnisse einer Ausgewilderten in der Toskana

Titel: Landlust für Anfänger: Erlebnisse einer Ausgewilderten in der Toskana
Autoren: Elna Uterrmöhle
Vom Netzwerk:
Zivilisation“ .
    Wir waren beim Gianna Giannini-Konzert in Florenz. An Hightech-Shows können wir uns ja noch gut erinnern. Absolut ratlos ließ uns jedoch, warum kaum ein Zuschauer mehr auf die Bühne schaute. Kollektiv wurden Smartphones hochgehalten, auf deren Bildschirmen das gigantische Bühnengeschehen auf neun mal fünf Zentimeter schrumpft.
    Merkwürdig. Sie haben doch alle den stolzen Eintrittspreis für ein Livekonzert bezahlt. Ein Konzert im Fernsehen wäre kostenlos und der Bildschirm um ein Vielfaches größer.
    Doch sie haben offenbar Spaß. Schauen geradezu verzückt auf das Mini-Display, nehmen ein Video nach dem nächsten auf und posten es direkt an ihre Freunde.
    Ein Fall von kollektivem Altruismus? Alle, die nicht live dabei sind, sollen teilhaben können? Oder zählt für sie selbst nur das Event, wenn alle wissen, die Silva und der Luigi singen gerade mit der Nannini? Das muss es sein, denn die armen Empfänger hören kaum die Sängerin, da der Absender - wie alle seine Nachbarn - extrem laut und schief ins Handy-Mikro grölt.
    Smartphones haben auch das Feuerzeug verdrängt. Bei stimmungsvollen Liedern ersetzen nun grelle Displays Feuerschein und Wunderkerze. Schade.
     
    Nach dem Konzert wurden wir recht brüsk daran erinnert, wo wir hingehören. Kaum hatten wir die Schnellstraße Richtung Siena verlassen, und kurvten durch unsere Einödlandschaft, zwangen uns zwei Rehe zur Vollbremsung. Nur zwei Kilometer weiter stand ein dicker Eber auf der Straße und war nur mit hupen zu vertreiben. Am Ende, auf unserer Waldstraße - na ja Straße ist natürlich ein Euphemismus, auf unserem Waldweg -  begrüßten uns ein flinkes, laut grunzendes Stachelschwein und ein ungnädiger Hase, der die Scheinwerfer nicht mag. Willkommen zu hause!
     
     
     
                                        XLVII
     
    Der AEBI bestimmt mein Leben . In diesen Wochen jedenfalls. Er gehört zum Haus wie ein altes Haustier. Alt, eingerostet, aber treu. Geburtsjahr 1973. Der Vorbesitzer hatte keine Verwendung mehr für ihn und ließ ihn zurück. Ich nenne das merkwürdige Ding Traktor. Doch tatsächlich ist es ein Gebirgstransporter, hat nur zwei Räder und ist somit auf seinen Hänger mit weiteren zwei Rädern angewiesen. Dafür hat er einen sehr tiefen Schwerpunkt, und nur ich fürchte mich bei einer Fahrt über unsere steilen Wiesen, er nicht. Sollte der Hänger kippen, koppelt der sich automatisch ab – vorausgesetzt, diese geniale Einrichtung ist nicht eingerostet.
     
    Zwei Dosen Schmieröl, ein Ölwechsel und eine neue Batterie genügten nach dem Umzug, damit er wieder brav Holz oder Steine hin und her transportiert. Er muckt nie und tuckert im Geländegang zuverlässig mit stolzen zehn Stundenkilometern. Ein tolles Teil.
    Nur seine äußere Erscheinung war erbärmlich. Zwischen dem Rost schimmerte nur bei genauem Hingucken ab und zu ein verblasstes Rot auf. Die wohl einst gelben Holzplanken des Anhängers waren farblos und spröde.
    Das hat er nicht verdient.
    Schmirgelpapier, Entrosterspray, knallrote Farbe und Holzlasur in edlem Walnussbraun – alles in industrieller Quantität – und drei Wochen Arbeit genügten.
    Er sieht wieder aus wie ein wunderschöner Spielzeug-Traktor, der nun über unsere Wiesen zuckelt. Das ist nicht nur bequem, sondern auch gesund
     
    Denn im Juni erreichen Heugras, Disteln und Wildblumen eine Höhe von 1,50 Metern. Jetzt ziehen wir tunlichst geschlossene Schuhe an, da es nicht unmöglich ist, auf eine Viper zu treten. Oder wir fahren eben, völlig gefahrenfrei, mit dem Aebi.
     
    Erst Anfang Juli kommt Enzo, unser Bauernfreund, mit seinem an den Kettentraktor gekoppelten, zwei Meter breiten Mäher und mäht - was sonst - in sieben Stunden alles nieder. Zurück bleibt ein trostloses, braunes Stoppelfeld. Objektiv gesehen.
    Ich dagegen finde den Anblick von gelbem, von der Sonne versengtem Gras wunderschön. Erzählt er doch von Süden, Sonne, Hitze und Trockenheit.
    Aber ich liebe ja auch das Konzert der Zikaden. In meinen Ohren klingt es wie eine liebliche Melodie des Südens. Tatsächlich ist es ein nervender Krach, ähnlich dem einer Kreissäge, der allenfalls Stockhausen-Fans verzückt. Und mich, wenn hinter der Kreissäge Zikaden stecken.      
     
     
     
                                       XLVIII
     
    Besuch aus Deutschlan d hat ein niedliches verchromtes Set, bestehend aus kleiner Hacke und Schäufelchen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher