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Landlust für Anfänger: Erlebnisse einer Ausgewilderten in der Toskana

Landlust für Anfänger: Erlebnisse einer Ausgewilderten in der Toskana

Titel: Landlust für Anfänger: Erlebnisse einer Ausgewilderten in der Toskana
Autoren: Elna Uterrmöhle
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Projekt planen.
    Also Wand raus. Das war einfach.
    Doch dann der Schock. Dahinter war das Niveau 70 Zentimeter höher. Und warum? Weil sich unter einer Art gefliester Loggia ein granitharter Felsen befand. Das war uns leider nie aufgefallen. Wir würden unser Bad also um einen nutzlosen Felsen erweitern. Und basta.
    Lange Diskussionen, bis unser Freund Asterix, schon bekannt, und sein Kumpel Obelix - doppelt so groß, doppelt so breit und noch mal doppelt so stark - meinten, sie könnten den Felsen ja wenigstens um die Hälfte stutzen. Aber wie? Sprengen ging nicht, da wäre das halbe Haus weg gewesen. Also rückten sie mit einer riesigen Flex, ausgestattet mit einer Stein-Scheibe, und einem Presslufthammer an. Eine geschlagene Woche standen die  Ärmsten im Feinstaub und trugen den Felsen Millimeter um Millimeter ab. Eine Sch…arbeit.
     
    Ich versuchte, sie mit deftigen Mahlzeiten bei Laune zu halten, nachdem ich ihnen zuvor immer nur Berge von fettigem Speck serviert hatte. Die armen Kerle hatten gesagt, dass sie diesen am liebsten essen würden. Erst nach dem dritten Kilo gestanden sie, „Speck“ sei nur ein lustiges Wort für „Fleisch“. Komischer Humor. Speck fänden sie eigentlich sehr fettig und ungesund.
    Also gibt‘s jetzt endlich Fleisch. Jeder aß in 15 Minuten drei Koteletts, ein Kilo Kartoffeln und – natürlich – einen Berg Zucchini, diesmal geraspelt in Parmesansauce.
     
    Währenddessen rief der Fahrer, der das Baumaterial bringen sollte an, sein Kleinlaster sei beim Versuch, die erste Steigung zu erklimmen, in den Graben gerutscht.
    Es regnet und regnet. Seit Tagen. Nix mehr mit Ferrari tauglicher Strecke zum Haus. Nur noch Schlamm, Schlamm und noch mal Schlamm.
     
    Der Baggerfahrer einer nahen Baustelle zog den Lkw raus. Ohne Probleme und Blessuren. Aber der Fahrer weigerte sich beharrlich, einen zweiten Versuch zu starten, die matschige Steigung zu überwinden.
    Verstehe ich ja, ich hätte mich auch nicht getraut.
    Also luden wir im strömenden Regen per Hand Ziegelstein für Ziegelstein, nebst Schaufel für Schaufel Kies und Sand am Fuße des Berges ab. Der Ladekran sei gerade mal wieder kaputt. Das ist er „gerade mal“ seitdem wir das Haus gekauft haben. Also seit fünf Jahren.
    Der Fahrer verabschiedete sich winkend, froh, in seine trockene Kabine einsteigen und in die Zivilisation asphaltierter Straßen zurückkehren zu können. Und wir standen tropfnass vor dem Materialhaufen. Nur nicht verzweifeln. Das ist verboten.
    Rücksitze unseres SUVs umklappen, Plane auslegen, Ziegelsteine und Zementsäcke stapeln, Sand und Kies in Wannen umfüllen. Mit Schwung und Allrad den Berg hinauf.
    31 Mal. Dann hatten wir das Material am Haus. Außer den großen Eisenmatten, die ein netter Bauer in seiner Traktorschaufel zu uns balancierte.
    Die anschließende Reinigung des Autos dauerte dann gefühlte 31 Stunden. Unglaublich welche Wege Sand findet, um sich noch in der schmalsten Gummidichtung zu sammeln und diese lang- oder auch kurzfristig aufzuscheuern.
    Aber auch diese bescheuerte Situation hat ihr Gutes. Ich werde nie mehr ein schlechtes Gewissen haben, einen SUV zu fahren. Also mal angenommen, ich hätte jemals eines, ich meine ein schlechtes, gehabt.
     
    Der Bau geht nun im Dauerregen weiter.
    Nachbarn haben so gute Ratschläge wie „man baut ja auch nicht im März“. Die habe ich in so einem Moment gar nicht lieb. Wer weiß denn, ob es im April, Mai oder Juni nicht regnet?
    Nur uns selbst erzählen wir, dass uns durchaus die Frage bewegt, warum wir ein neues Bad bauen. Das bisherige war doch wunder-, wunderschön…                                                                                 
     
    Endlich ist das neue Bad fertig und gleicht einer Wellness-Oase. Und das ganz ohne Schnickschnack, weder Massage-Düsen noch Fußbodenheizung. Einfach nur Klo, Dusche, Waschbecken - und eben besagter Felsen mit eingefräster Ablage, ein Früchte tragendes Kumquatsbäumchen und einige gerahmte Fotos.
    Nur drei kümmernde Farne, obwohl sie ich sie ständig dusche, stören den Wohlfühleffekt. Klar könnte ich sie einfach ersetzen, aber das verletzt die Seele der Gärtnerin. Muss doch möglich sein, diese zickigen Gewächse zu überreden, üppig zu wuchern.    
     
     
     
                                        XLVI
     
    Ausgewilderte machen einen Ausflug in die
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